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Kosmodrom Wostotschnyj
Neuer russischer Weltraumbahnhof in der Mache

Vor 55 Jahren flog Juri Gagarin als erster Mensch ins All. Damals startete der Russe vom sowjetischen Weltraumbahnhof Baikonur. Inzwischen bauen die Russen einen neuen Weltraumbahnhof, das Kosomodrom Wostotschnyj nahe der chinesischen Grenze. Künftig will Russland im Kosmos auch Geld verdienen und nicht nur Astronauten befördern.

Von Gesine Dornblüth |
    Auf der Baustelle des Kosmodroms Wostotschny wird eine riesige Raketenabschussrampe gebaut.
    Auf der Baustelle des Kosmodroms Wostotschny wird eine riesige Raketenabschussrampe gebaut. (Sergey Mamontov)
    Ursprünglich sollte die erste Rakete schon am 25. Dezember 2015 von Russlands neuem Weltraumbahnhof Wostotschnyj ins All fliegen. Doch zahlreiche Skandale rund um den Bau verzögerten den Start. Millionen verschwanden, Abnahmefristen verstrichen, schließlich streikten sogar die Bauarbeiter, weil sie über mehrere Monate keinen Lohn erhalten hatten. In ihrer Not suchten sie Rat beim Staatspräsidenten, live in dessen Fernseh-Sprechstunde. Wladimir Putin versprach, sich zu kümmern. Die Staatsanwaltschaft leitete rund zwanzig Strafverfahren gegen diverse am Projekt Wostotschnyj beteiligte Bauunternehmer und Funktionäre ein. Putin unterstrich:
    "Das Kosmodrom Wostotschnyj ist derzeit eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Bauvorhaben des Landes. Ich war seinerzeit der Initiator. Russland ist eine Weltraumgroßmacht und muss einen eigenen Weltraumbahnhof für alle Raketentypen haben."
    Neuste Technologie in der Amur-Region
    Das neue Kosmodrom liegt in der Amur-Region nahe der chinesischen Grenze, rund 8.000 Kilometer von Moskau entfernt, umgeben von Wäldern auf einem ehemaligen Militärgelände. Dazu entsteht eine ganze Stadt für das technische Personal. Herz der Anlage ist ein mehr als 50 Meter hoher mobiler Gerüstturm, der die Rakete vor dem Start umgibt und sie und die Arbeiter vor der extremen Kälte und Hitze im Fernen Osten schützt. Aleksej Leonow zählt zu den Helden der sowjetischen Raumfahrt. Er war der erste Mensch, der ein Raumschiff verließ und frei im All schwebte. Er sagte bei einem Besuch des Weltraumbahnhofs:
    "Die Anlage ist erstaunlich, gebaut nach neuesten Technologien. Ich war in vielen Kosmodromen. Wir haben von ihnen gelernt. Wir sind stolz und hoffen, dass dies der Anfang eines ganz neuen Weges ist."
    Kartografische Dienstleistungen sind geplant
    In der zivilen Raumfahrt war Russland bisher weitgehend auf den Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan angewiesen - und wird das auch noch eine Weile bleiben. Denn in Wostotschnyj soll erst einmal weiter gebaut werden. Bisher können hier nur Raketen vom Typ Sojus abheben. Und der nächste Start einer solchen Sojus-Rakete ist erst für 2017 vorgesehen. Darüber hinaus will Russland von dem neuen Kosmodrom aus auch die sehr viel leistungsfähigeren Raketen vom Typ Angara starten. Dazu sind andere Abschussrampen nötig, bis die fertiggestellt sind, wird es nach offiziellen Angaben noch mindestens fünf Jahre dauern. Und die Angara selbst ist auch noch in der Testphase.
    Die Raumfahrt hat in Russlands Politik großes Gewicht. Der Regierung geht es dabei nicht nur um Sicherheitsfragen und um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern zunehmend auch darum, im Kosmos Geld zu verdienen. Vizepremier Dmitrij Rogozin, Koordinator von Vostotschnyj, im Radiosender "Echo Moskwy":
    "Im Kosmos verdienen wir bisher eigentlich nur damit Geld, dass wir ausländische Astronauten zur Weltraumstation ISS befördern. Aber Russland braucht auch gute Telefonverbindungen. Mit kartografischen Dienstleistungen kann man viel Geld verdienen. Mit Navigation."
    Im Zuge der Wirtschaftskrise hat die Regierung das Budget für die Raumfahrt für die nächsten zehn Jahre allerdings gerade auf ein Drittel gekürzt. Und manch ein ehrgeiziger Plan ist daher zumindest aufgeschoben. So hatte Präsident Putin vor einem Jahr noch angekündigt, Russland wolle eine eigene, russische Weltraumstation bauen. Davon ist nun keine Rede mehr. So groß die Konflikte mit den USA auch sind, in der Raumfahrt arbeiten die Staaten zusammen. Und anlässlich der Eröffnung des russischen Weltraumbahnhofs betonte Putin:
    "Das Kosmodrom Wostotschnyist vor allem für friedliche Zwecke und für die internationale Zusammenarbeit bestimmt. Ich möchte, dass wir das, was wir uns mit unseren Partnern in der ganzen Welt, mit den USA, mit Japan, mit Europa, erarbeitet haben, nutzen und dass wir einander vielleicht über den Kosmos auch auf der Erde besser verstehen."