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Kostbare Stecknadeln im galaktischen Heuhaufen

Astronomie. - Vor sechs Jahren entdeckten zwei Schweizer Astronomen den ersten Planeten, der um einen anderen Stern läuft als unsere Sonne, und lösten damit einen ungeahnten Boom in ihrem Fach aus. In Potsdam findet in dieser Woche das 5. Leibniz-Kolleg statt, auf dem Experten über jene Planeten diskutieren, die nicht in unserem Sonnensystem existieren, sowie über die Wahrscheinlichkeit, auch erdähnliche Welten aufzuspüren.

25.10.2001
    Nicht Venus, Mars oder Jupiter interessieren die Teilnehmer des derzeit in Berlin stattfindenden Leibniz-Kollegs, sondern jene Trabanten, die um ferne Sonnen ihre Bahnen ziehen - so genannte extrasolare Planeten. Michael Mayor lieferte im Herbst 1995 den ersten Beweis für deren Existenz und löste damit einen wahren Boom aus: "Im vergangenen Jahr erlebten wir einen enormen Anstieg neu entdeckter Planeten. Inzwischen sind fast 80 solcher Objekte bekannt. Dabei lernen wir ständig mehr über diese Planeten." So wurden inzwischen sogar Systeme aufgespürt, die mehr als einen Planeten besitzen. Allmählich stehe daher nicht nur das Suchen selbst im Vordergrund, sondern auch die Erforschung der dabei auftretenden physikalischen Phänomene.

    Bis heute können die Astronomen allerdings keinen extrasolaren Planeten direkt sehen. Weil aber ein Planet über seine Anziehungskraft die eigene Sonne beeinflusst, können die Forscher sein Vorhandensein aus charakteristischen Lichtsignalen des jeweiligen Sterns schließen: Bewegt sich ein solcher Stern periodisch auf uns zu oder von uns weg - erkennbar an der Frequenzverschiebung des Lichts - so verrät das den umlaufenden Planeten. Die Messinstrumente ermitteln diesen Sternentanz inzwischen bis auf drei Meter pro Sekunde genau und sehen so im Licht eines Dutzende Lichtjahre entfernten Planeten, ob er im Dauerlauftempo auf sie zu kommt. Der Nachteil: Das Verfahren kann nur Systeme mit sehr großen Planeten erfassen, die mit genug Macht an ihrer Sonne zerren, erklärt Mayor: "Jupiter erzeugt bei der Sonne eine Pendelbewegung von 13 Metern pro Sekunde, die Erde dagegen leider nur einen Ausschlag von acht Zentimetern in der Sekunde. Weil allein die Sonne selbst schnellere Bewegungen vollführt, ist ein erdgroßer Planet so prinzipiell nicht messbar."

    Daher schmücken durchweg Exoten die Galerie bekannter extrasolarer Planeten: Sehr große, schwere Planeten, die auf engen Bahnen um ihre Sterne rasen und so quasi die Aufmerksamkeit erregen. Der Pendelausschlag liefert nur Masse und Bahn solcher Riesen, wollen die Wissenschaftler mehr über die Objekte erfahren, müssen sie "Sternenfinsternisse" der besonderen Art abpassen: "Wir konnten einen Planeten dabei beobachten, wie er an seiner Sonne vorbeizog und dabei das zu uns gelangende Licht kurz abschwächte. Aus dieser Verdunkelung können wir auf den Durchmesser sowie die Dichte des Planeten schließen." Neue Suchmethoden sollen aber bald die beiden meistgewünschten Trophäen einbringen: Den ersten direkt beobachteten Planeten eines fernen Sternensystems sowie den ersten wirklich erdähnlichen Planeten. Doch wann die Planetenjäger ihre Beute fangen werden, steht in den Sternen.

    [Quelle: Dirk Lorenzen]