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Kosten sparen und Klima schützen

Mittlerweile ist ein Drittel aller Flugpassagiere beruflich unterwegs. Und die Zahl der Flüge steigt weiter - so wie die Belastung des Klimas mit Treibhausgasen. Darauf machen die Initiativen "atmosfair" und "Germanwatch" aufmerksam, und sie werben für Geschäftskontakte, die das Klima schonen. Für die muss nämlich niemand seine Firma verlassen. Leicht lassen sich alte Strukturen und Denkmuster allerdings nicht verändern.

Von Martin Koch |
    Für eine Besprechung nach New York, für einen Workshop über die neue Software nach Singapur. Viele Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter rund um den Globus. Und dem Klima geht es immer schneller immer schlechter. Gleichzeitig steigen die Kosten für Flugreisen wegen der hohen Treibstoffpreise rapide. Für Andrea Zimmermann eine schwierige Situation. Sie berät Firmen bei der Planung von Geschäftsreisen und Mobilitätskonzepten.

    "Da die Statistiken doch ziemlich in die Richtung gehen und die Prognosen, dass das Reisen eher mehr wird und nicht weniger, wir aber parallel dazu in Unternehmen immer wieder die Forderung hören, die Reisekosten nicht zu steigern, lässt sich eigentlich nur über Reisevermeidung, wo sie denn sinnvoll und möglich ist, irgendwo ein Schritt in die Richtung gehen, die ja in Unternehmen gewünscht ist, nämlich die Kosten nicht explodieren zu lassen."

    An diesem Punkt setzen die Initiativen "atmosfair" und "Germanwatch" an und werben für Alternativen zur Flugreise: Telefon-, Video- oder Web-Konferenzen sollen möglichst viele geschäftliche Flüge ersetzen, sagt atmosfair-Geschäftsführer Dr. Dietrich Brockhagen:

    "Der Anreiz an den Reisenden kann sein, das gute Gefühl zu haben, das Klima und damit die Allgemeinheit weniger zu belasten, wir können den Anreiz geben, dass er sich dadurch besser fühlt, dass er enorm viel Zeit spart, wenn er eben Webkonferenzen durchführt, und er kann auch das Gefühl haben, durch die gesparte Zeit insgesamt wesentlich effektiver für sein Unternehmen zu arbeiten. "

    Auch der Arbeitgeber spart so bei seinen Kosten signifikant, bestätigt Jo-Achim Hamburger, Travel-Manager bei Electrolux. Ganz abgesehen von den positiven Auswirkungen für die Umwelt: Die Mitarbeiter des international agierenden Konzerns fliegen fast 70.000 mal pro Jahr und verursachen rund 60.000 Tonnen des Treibhausgases CO2. Durch interne Befragungen und das Einführen von Alternativen konnte die Zahl der Flüge und damit auch die Menge der verursachten Klimakiller deutlich reduziert werden, sagt Hamburger. Und die Kollegen hätten auch – nach einer Eingewöhnungsphase – durchweg positiv reagiert:

    "Die Menschen müssen sich natürlich erstmal mit den technischen Voraussetzungen bekannt machen und nach zwei-, dreimal der Nutzung mit den neuen Werkzeugen funktioniert das eigentlich sehr problemlos, und die Reisenden, die jetzt weniger reisen müssen oder dürfen, die sind uns eigentlich sehr dankbar. "

    Allerdings wird es immer Anlässe geben, in denen der persönliche Kontakt nicht zu ersetzen ist, betont Professor Ewald Bruchhausen von der Fachhochschule Worms:

    "Vor allem, wenn es um Neuakquisition, Kundenkontakte und ähnliche Dinge geht, da wird es wahrscheinlich schwieriger sein. Leichter wird es sein, intern Reiseverkehr zu reduzieren, interne Konferenzen, interne Meetings, bei denen sich die Mitarbeiter kennen, bei denen man nicht in Konkurrenz zu anderen Unternehmen steht. "

    Natürlich können Dienstleister besser auf Flüge verzichten als produzierende Unternehmen. Doch letztlich wird es darauf ankommen, dass sich von der Chefetage bis zum Angestellten die Erkenntnis durchsetzt, dass die Erde nicht unbegrenzt viel Schadstoffe verkraften kann. Wenn der Flugverkehr in gleichem Maße weiter wächst wie zur Zeit, dann wird allein er bis zum Jahr 2050 so viel Emissionen verursachen, wie eigentlich im ganzen Jahrhundert von allen Ländern und Industrien zusammen erlaubt wären. Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos, sagt, Dietrich Brockhagen.

    "Es wird verdammt eng, und wenn jetzt nicht alle Hebel zügigst umgelegt werden, dann werden wir größere Schäden am Klimasystem nicht vermeiden können. Aber noch bestehen so viele gute Handlungsmöglichkeiten, dass ich noch optimistisch bin. "

    Und letztlich kommt es darauf an, das eigene Denken und Handeln wirklich nachhaltig zu gestalten, sagt Jo-Achim Hamburger:

    "Ja, selbstverständlich, nachdem wir alle Teil dieses Planeten sind, müssten wir eigentlich alle Verantwortung für unsere Kinder, für die nachfolgenden Generationen übernehmen. "