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Kosten und Nutzen der grünen Gentechnik

In der Diskussion über die sogenannte grüne Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion stehen meist gesundheitliche Aspekte im Vordergrund. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft hat die grüne Gentechnik unter einem anderen Gesichtspunkt bewertet: In einer Studie bilanziert er die volkswirtschaftlichen Auswirkungen. Ein Ergebnis: Für Landwirte bedeute die Gentechnik höhere Kosten, Gewinne machten die Saatgutkonzerne.

Von Dieter Nürnberger |
    Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft spricht anhand der soeben vorgestellten Studie immerhin von einem ersten umfassenden Schadensbericht über die Auswirkungen der grünen Gentechnik. Es ist eine Studie, die die deutsche und die internationale Entwicklung berücksichtigt. Nach Angaben der Autoren wurden Kosten-Nutzen-Analysen offizieller Stellen ausgewertet. Man unterscheidet hier zwischen Kosten und Nutzen für den Bereich der Landwirtschaft sowie dem der Lebensmittelwirtschaft. Für die Agrarwirtschaft, für die einzelnen Landwirte also, macht Christoph Then von der Agentur "Scouting Biotechnology" folgende Rechnung auf: Er sagt, unterm Strich könnten Landwirte nur unter recht optimalen Bedingungen von der Gentechnik profitieren, in der Gesamtheit bleibe es jedoch eher ein Nullsummenspiel.

    "Wir haben beispielsweise offizielle Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums ausgewertet: Da sieht man beispielsweise, dass der Preis für Saatgut bei gentechnisch veränderten Mais und bei Soja um das Fünffache gestiegen ist seit der dortigen Einführung der Gentechnik. Der Ertrag hingegen ist nicht stärker gestiegen als bei anderen Pflanzen, etwa bei Weizen oder Reis, wo derzeit keine Gentechnik zum Einsatz kommt. Das heißt, der Landwirt hat höhere Kosten beim Einsatz der Gentechnik, der Ertrag steigt aber parallel nicht dementsprechend. Dieser Wert bleibt hinter dem Kostenanstieg zurück."

    Natürlich müssen auch die Autoren eingestehen, dass eine solche Kosten-Nutzen-Analyse stets sehr umstritten sein muss. Die Gentechnikindustrie macht die eingesparten Kosten vor allem auf dem Acker aus - die Ertragseffizienz werde verbessert, auch vermindere der Einsatz die Abhängigkeit der Bauern von konventionellen Pestiziden. Hier versucht die Studie des BÖLW also dank offizieller Zahlen, den Gegenbeweis anzutreten. Man blickt zudem auch auf Deutschland - hier wurden Unternehmensdaten in die Rechnung mit aufgenommen. In Deutschland spielt der Anbau ja - im Vergleich zu den USA oder Kanada - derzeit nur eine verschwindend geringe Rolle. Kosten würden aber dennoch entstehen, sagt Felix Prinz zu Löwenstein, er ist der Vorstandsvorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

    "Die größte deutsche Maismühle in Hameln an der Weser beziffert ihre Kosten durch die grüne Gentechnik bis zu drei Prozent auf das Endprodukt. Die entstehen allein dadurch, dass sie etwa durch Tests und Warenrückstellungen sicherstellen müssen, dass keine Rückstände in der Endware vorhanden sind."

    In der Studie wird auch der Vorwurf formuliert, dass allein die Konzerne, die gentechnisch verändertes Saatgut kommerziell vertreiben, tatsächlich Gewinne realisieren könnten. So seien bei Mais und Soja die Erträge um den Faktor 1,7 gestiegen, die Preise für das Saatgut jedoch um das Fünffache. Der Nutzen für die Landwirte ist somit laut Studie fraglich.

    Eindeutig beantworten könne man aber die Frage nach dem Nutzen für die Lebensmittelwirtschaft. Hier sei die Bilanz eindeutig negativ, weil Systeme zur Trennung und Kennzeichnung eingeführt werden müssen. Autor Christoph Then:

    "Es gibt inzwischen einen Milliardenschaden international durch Kontaminationen mit nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Saatgut. Beispielsweise ist durch gentechnisch veränderten Reis in Deutschland ein Schaden in der Lebensmittelwirtschaft um rund 10 Millionen Euro entstanden. Dies muss allein die Lebensmittelwirtschaft tragen. International hat dieser Fall einen Schaden von einer Milliarde Euro angerichtet. In diesem Bereich ist die Schadensbilanz eindeutig negativ. Es gibt zudem laufende Kosten - für die Qualitätssicherung, Trennung der Ware, Kennzeichnung der Ware - auch hier zahlt die Lebensmittelwirtschaft."

    Von einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen könne also bei der grünen Gentechnik keine Rede sein, so zumindest das Fazit der Studie. Der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen verursache vor allem hohe Kosten in der Lebensmittelkette. Die politische Schlussfolgerung für Felix Prinz zu Löwenstein, den Vorsitzenden des BÖLW, ist somit klar.

    "In einer Situation, in der die gesamten Zulassungsverfahren mehr als umstritten sind, auch die Risiken jener Maissorte nicht aufgeklärt sind, die derzeit in Europa zum Anbau zugelassen ist, kann es nur eine Forderung geben: Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) muss das tun, was ihre Kollegen in Frankreich, Polen, Ungarn und Griechenland gemacht haben, sie muss diesen Maisanbau verbieten."

    Und natürlich bezog man diese Forderung nach einem Verbot von gentechnisch veränderten Mais in Deutschland und Europa auch auf die in Umfragen immer wieder geäußerte mehrheitliche Ablehnung durch den Verbraucher. "Unsere Kunden erwarten natürlich Produkte, die ohne Gentechnik hergestellt werden" - sagt beispielsweise ein Vertreter der "Frosta AG". Doch müsse man dafür auch noch zusätzliche Kosten tragen, obwohl man als Unternehmer die grüne Gentechnik ablehne.