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Kostenbremse zum Jubiläum

Es steht wieder einmal schlecht um Opel. Der Absatz rutscht auch wegen der Schuldenkrise in Südeuropa in den Keller, der Hersteller fährt Milliardenverluste ein. Statt den 150. Geburtstag zu feiern, schickt der Autobauer Tausende in Kurzarbeit.

Von Anke Petermann | 23.08.2012
    Zwanzig Tage Kurzarbeit bis Jahresende - für knapp 10.000 Mitarbeiter in Rüsselsheim und Kaiserslautern, beschlossen wegen Absatzeinbruchs in Südeuropa, mangelnder Auslastung und explodierender Produktionskosten, mitgetragen vom Betriebsrat, um, wie er sagt, Arbeitsplätze zu sichern. Das sind die Nachrichten, die das 150jährige Jubiläum in den Augen der Opelaner überschatten.

    "Ja, es geht halt unter in dem ganzen Schlamassel. Gerade jetzt müssten wir ein bisschen auftrumpfen, denn ich finde wir haben tolle Autos, und sind alle engagiert, und ich bin auch schon 28 Jahre dabei und auch stolz auf Opel – wir lassen uns nicht unterkriegen."

    "Das passiert auch bei anderen Automobilfirmen, aber wir hören immer wieder, dass es Opel schlecht geht, aber den anderen geht es auch schlecht. Ich bin der Meinung, es wird wieder besser."

    Der US-Mutterkonzern GM – selbst aus der Insolvenz heraus neu gestartet habe die Lage bei Opel im Griff, glaubt dieser Mitarbeiter. Das sehen viele anders, sie werfen GM vor, Opel mit seiner Modellpolitik zum auswechselbaren Massenhersteller degradiert und technologische Trends, wie den zum Diesel, verschlafen zu haben. Kritisch sehen sie, dass GM die europäische Tochter von lukrativen Überseemärkten fernhält. Annette Lingnau wünscht sich deshalb zum 150. Geburtstag von Opel:

    "Ja, in erster Linie, die Modelle weltweit verkaufen zu dürfen, wie das andere Automarken in Deutschland und Europa auch machen. Das würde uns schon ein Riesenstück weiterhelfen, weil wir einfach gute Autos haben."

    Die ersten Nähmaschinen baute der Schlossergeselle Adam Opel 1862 im umfunktionierten Kuhstall, seine Söhne verleibten sich in Rüsselsheim immer größere Areale für die Fahrrad- und Automobilproduktion ein. Ende der Zwanziger bewog sie die Weltwirtschaftkrise, den Familienbesitz an General Motors zu verkaufen. Im städtischen Industriemuseum deutet Tanja Lindenbeutel auf das erst zehn Jahre alte Stammwerk.

    "Das wirkt wie ein Flughafen-Terminal. Und das hat einen Grund. Heutzutage werden ja die meisten Einzelteile, die in einem solchen Fahrzeug verbaut werden, nicht hier auf dem Werksgelände hergestellt, sondern die kommen von Zuliefererfilmen, das heißt die Form kommt daher, dass die LKW an allen Ecken an dieses Produktionswerk andocken müssen um die Ware direkt anzuliefern."

    Just in time, wie es im Fachjargon heißt. Auch Opel produziert nicht auf Halde, sondern auf Bestellung. Und wenn Südeuropäer unter Sparzwang keine Insignias und Astras aus Rüsselsheim kaufen, schlägt sich das sofort auf die Auslastung dort und im Opel-Komponentenwerk Kaiserslautern nieder. Auch dort wird ab September kurzgearbeitet, in Rüsselsheim ist ab Oktober erstmals die Verwaltung mit betroffen. Das Internationale Entwicklungszentrum aber nicht, betont Opel – die Entwicklung neuer Modelle, die sogenannte Produktoffensive, bleibe unangetastet. Gehaltseinbußen von ein paar Prozentpunkten müssen Opelaner in Rüsselsheim und Kaiserslautern hinnehmen, die Arbeitsagentur zahlt Kurzarbeitergeld von 60 Prozent und mehr des Nettolohns, Opel stockt auf.

    "Und nächstes Jahr kriegen wir was vom Finanzamt zurück."

    Das Gros der Mitarbeiter nimmt es vorerst gelassen. Dass Opel 2013 ohne Kurzarbeit auskommt, kann Unternehmenssprecher Ulrich Weber allerdings nicht zusichern. Das hänge von der Entwicklung des Marktes ab.