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Kostenfalle Bachelor

Die neue Bachelor-Master-Struktur hält für Studierende eine unangenehme Überraschung bereit. Der Bachelor gilt als ein berufsqualifizierender Abschluss. Mit seinem Erwerb endet die Möglichkeit, zu ermäßigten Studentenbeiträgen Mitglied einer Krankenversicherung zu sein. Statt wie früher nach 14 Semestern müssen Bachelorabsolventen deshalb schon nach sechs oder sieben Semestern die vollen Beiträge bezahlen - und zwar auch dann, wenn sie weiterhin studieren und einen Masterabschluss anstreben.

Von Armin Himmelrath |
    " Studiert habe ich in Eberswalde, und zwar "International Forrest Eco System Management". Das ist eine kleine Fachhochschule, und das ist einer dieser neuen Bachelor-Studiengänge, die ich dort abgeschlossen habe. Ich bin jetzt im Februar damit fertig geworden und gehe davon aus, dass ich im Oktober weiter studieren werde mit einem Masterstudiengang."

    Anke Benndorf ist 25, und eigentlich ist sie so etwas wie eine Vorzeigeabsolventin des deutschen Hochschulwesens: Sie gehört zur ersten Absolventengeneration mit Bachelor-Abschluss, hat einen englischsprachigen Studiengang über Forstwirtschaft belegt und überbrückt die Zeit zwischen Bachelor-Examen und Beginn des Master-Studiengangs auch noch mit einem Auslandspraktikum in Rom. Dort arbeitet Anke Benndorf zur Zeit für mehrere Monate bei der FAO, der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Eigentlich scheint also alles hervorragend zu laufen.

    " Mein Problem an der ganzen Sache ist, dass die Krankenkasse da nicht so richtig mitspielt. Und zwar bin ich dadurch, dass ich keine Studentin mehr bin, kein Arbeitnehmer bin und auch nicht arbeitslos gemeldet bin, falle ich aus diesem Raster für die Krankenkassen raus und muss jetzt mich freiwillig bei den gesetzlichen Krankenkassen versichern, was mich 120 Euro kostet - mir das eigentlich zu viel ist."

    Tatsächlich hat Anke Benndorf mit dem Bestehen ihres Bachelor-Abschlusses den Anspruch auf die kostengünstige studentische Krankenversicherung verloren. Statt bisher knapp 56 Euro muss sie nun mehr als das Doppelte bezahlen. Da lasse das Gesetz keinerlei Spielraum, sagt Wolfgang Jäger vom Studentenservice der AOK Köln. Auch dann nicht, wenn anschließend noch ein Master-Studiengang angehängt wird:

    " Mit einem erfolgreichen Abschluss endet im Sinne der Sozialversicherung auch die Versicherungspflicht als Studentin oder Student. Das endet, sobald man das Examen in der Tasche hat, und es hängt auch nicht davon ab, dass man noch mehrere Wochen später ein entsprechendes Zeugnis ausgehändigt bekommt. Das endet mit abgelegter Abschlussprüfung."

    Und weil der Bachelor-Abschluss ein solcher berufsqualifizierender Abschluss ist, bleibt den Absolventen danach nur die Chance, sich freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenkasse zu versichern, so der AOK-Experte:

    " Wenn ich weiß, ich will im Anschluss an den Bachelor weiter zum Master, dann würde ich zur Krankenversicherung hingehen und es ankündigen. Denn man muss dann die vormals studentische Pflichtversicherung weiterführen in einer freiwilligen Krankenversicherung. Es gibt dafür eine Anzeigefrist von drei Monaten. Wenn diese Frist verstrichen ist - und das ist hier die große Gefahr - ist im Rahmen des Masterstudienganges keine gesetzliche Krankenversicherung mehr möglich, so dass dann die Kundin oder der Kunde ein Problem hat."

    Viele Bachelor-Studenten ahnen nichts von dieser sozialversicherungsrechtlichen Falle, vermutet AOK-Mann Wolfgang Jäger. Sie gehen oft noch davon aus, dass die günstige studentische Krankenversicherung bis zum 14. Semester gilt. Ein Trugschluss, der teuer werden kann. Denn wer die Drei-Monats-Frist versäumt, kann nicht einmal mehr freiwillig in die gesetzliche Krankenversicherung hinein.

    " Der Masterstudiengang beinhaltet keine Versicherungspflicht, weil er als ein aufbauender Studiengang eingestuft wird, "

    betont Jäger.

    " Das heißt: So lange ich mich in diesem Studiengang befinde, komme ich in keine gesetzliche Krankenversicherung mehr hinein."

    Anke Benndorf hat sich zwar noch rechtzeitig für die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse entschieden. Sie ärgert sich aber maßlos über die hohen Versicherungsbeiträge - und über die Bildungspolitiker, deren Forderungen nach neuen Abschlüssen und Internationalität sie zwar erfüllt, denen sie aber andererseits verdankt, dass jetzt schon nach sieben Semestern Schluss ist mit der preiswerten studentischen Krankenversicherung.

    " Mein Problem daran ist einfach, dass man heute - besonders im internationalen Bereich - flexibel sein soll, zwei oder drei Sprachen sprechen soll. Ich arbeite daran, indem ich das alles ausbaue, und dann kriegt man so ein Ding von der Krankenkasse, also von einer sozialen Sache, reingedonnert, von dem man eigentlich nicht ausgeht, dass das einem so im Weg steht. Das behindert die Weiterbildung ganz schön, und ich bin mir sicher, dass es anderen Leuten ähnlich geht."

    Bislang liegen noch keine Zahlen darüber vor, wie viele Bachelor-Absolventen bundesweit bisher von den Neuregelungen betroffen sind. Klar ist nur: Wer sich für einen der neuen, gestuften Studiengänge entscheidet, muss nach dem Bachelor-Abschluss auf jeden Fall mehr als das Doppelte der bisherigen Versicherungssumme bezahlen. Und wer sich nach dem BA nicht innerhalb von drei Monaten bei seiner Krankenkasse meldet, fliegt sogar ganz aus der gesetzlichen Versicherung heraus - auch als Master-Student.