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Kräuter räumen den Magen auf

Agrarwissenschaften. - Antibiotikaresistenz, also die Tatsache, dass immer mehr Bakterien mit den herkömmlichen Antibiotika nicht mehr bekämpft werden können, ist aus Sicht von Ärzten ein großes Problem. Schuld daran ist der exzessive Einsatz der Bakteriengifte nicht zuletzt auch in der Tierzucht. Dort sind Antibiotika fester Bestandteil des Futters. Alternativen könnten aus Naturstoffen gewonnen werden, wie sie seit Mittwoch auf dem Treffen RUMEN-UP in Hohenheim diskutiert werden.

    Antibiotika im Tierfutter, erklärt Professor Klaus Becker von der Fachgruppe Aquakultur-Systeme und Tierernährung der Uni Hohenheim, dienen vor allem der Wachstumsförderung: "Sie bewirken zum Beispiel beim Wiederkäuer, dass im Pansen weniger Protein abgebaut wird. Dieses Protein kann dann aus dem Pansen direkt in den weiteren Verdauungstrakt, in den Magen abfließen. Dadurch bekommt man einen besseren Zuwachs und gleichzeitig wird auch weniger Stickstoff in die Umwelt ausgeschieden." Das Tier wird somit nicht nur schneller fett, es hat mit dem schnellen Wachstum auch weniger Probleme. Die EU will ab 2006 Antibiotikazusätze im Futter verbieten. Gleich mehrere Forschungsstellen suchen gemeinsam in einem Konsortium nach Alternativen. Auf der Hohenheimer Tagung treffen sich neben den Deutschen auch Wissenschaftler aus Schottland, England und Spanien sowie Vertreter von pharmazeutischen Unternehmen.

    In dem Forschungsvorhaben werden über 500 Pflanzen in der Hoffnung untersucht, sie könnten die Rolle der Antibiotika übernehmen, berichtet Becker: "Diese Pflanzen gehören nicht zu den so genannten Kulturpflanzen, sondern wir finden sie am Wiesenrand, wir finden sie als Busch- oder Baumvegetation und als Kräuter." Unter anderem untersuchen die Wissenschaftler die Wirkung von Buchen-, Eichen- oder Weißdornblättern. Alle 500 Proben werden in den beteiligten Forschungsinstituten im Labor auf spezifische Merkmale untersucht. "Diese Merkmale betreffen einerseits den Abbau von Protein im Pansen, den wir gerne reduzieren wollen", so Becker. "Sie betreffen zweitens die Produktion von Methan, einem schlimmen Treibhausgas, und auch das Sodbrennen, das die Tiere bekommen, wenn der Pansen sauer wird, weil sie zuviel Grasfutter fressen. Auch da möchten wir eingreifen." Und schließlich soll das Aufblähen der Tiere verhindert werden, das im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.

    In Hohenheim vergleichen die internationalen Forschungsgruppen ihre bisherigen Ergebnisse und wählen dann unter den 500 Pflanzen die aus, die in einer zweiten Phase besonders intensiv auch biochemisch untersucht werden sollen. Klaus Becker: "Bis jetzt haben wir keine Extrakte getestet, sondern fein gemahlenes Pflanzenmaterial. Bei 500 Pflanzen könnten wir die intensivere Forschung nicht anschließen, sondern wir müssen auf zehn bis 20 Kandidaten zurückkommen."

    [Quelle: Ralf Krauter]