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Kraft: Social Media ist eine "Antwort auf die Passivität der Kandidaten"

Weil viele Bewerber lieber gefunden werden wollen, als selbst zu suchen, sei die Zielgruppenansprache besonders wichtig, sagt Bernd Kraft, Geschäftsführer des Online-Karriereportal "Monster". Soziale Medien seien eine Möglichkeit, Kandidaten über alternative Wege anzusprechen.

Bernd Kraft im Gespräch mit Kate Maleike | 26.09.2012
    Kate Maleike: Lieben Sie Ihren nächsten Job? Ihr Erfolg ist unser Ziel! Und wir bewegen Menschen, Menschen bewegen uns! Personalmarketing lebt von ansprechenden Slogans, kann man sagen, aber Sprüche allein reichen natürlich nicht aus, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Klingende Konzepte und Strategien sind gefordert, das wissen alle hier auf der Messe "Zukunft Personal", Europas größter Fachmesse für Personalmanagement, die zurzeit in Köln stattfindet. Von dort melden wir uns heute mit "Campus und Karriere", denn wir wollen wissen, was sind die Trends in Recruiting, in Bewerbung und auch in Personalmanagement.
    Viele Gründe, um auf die "Zukunft Personal" zu kommen. Und Monster ist auch hier, der Geschäftsführer Bernd Kraft ist bei uns. Grüße Sie, Herr Kraft!

    Bernd Kraft: Schönen guten Tag, Frau Maleike!

    Maleike: Monster ist eines der führenden Karriere-Onlineportale in Deutschland, Sie sind eins der ersten Unternehmen gewesen, die sich im Internetmarkt gezeigt haben, sich mit der Personalsuche und dem Suchen und Finden von Arbeitgebern und qualifizierten Fachkräften auseinandersetzen. Ich habe heute Morgen mal geschaut, was Sie so anbieten: Erfahrene Regionalleiter gesucht, Ingenieure für Asien, Bauingenieur als Verstärkung, also ganz breite Palette! Wie viel offene Stellen haben Sie da zurzeit?

    Kraft: Zurzeit gehen wir davon aus, dass wir etwa 50.000 offene Stellen haben. Das wechselt ja fast stündlich, aber so im Schnitt sind es etwa 50.000 Stellen, die veröffentlicht worden sind.

    Maleike: Das ist eine ganze Menge. Das heißt auch, Sie müssen sich ordentlich tummeln, gute Strategien finden. Mit welchem Markt haben Sie es eigentlich zu tun?

    Kraft: Ja, wir haben eigentlich einen Markt, der von zwei großen Themen immer wieder bewegt wird, wir kennen ihn alle, jeder, der sich mit Rekrutierung beschäftigt, weiß: Demografischer Wandel ist so ein Thema, das uns nicht verlässt, das Zweite große Thema, das uns auch nicht verlässt, ist der sogenannte Fachkräftemangel, der ja immer wieder heftig diskutiert wird. Aber wir denken, das ist weniger der Fachkräftemangel als mehr das Heben von den Potenzialen, die dieser Markt doch hat. Und das sind so zwei große Herausforderungen, der sich Personaler heute stellen müssen, wenn sie erfolgreich neue Menschen in das Unternehmen bringen wollen.

    Maleike: Sie machen ja auch immer wieder Umfragen und Befragungen, besser gesagt. Und dabei ist auch herausgekommen, dass vier von zehn potenziellen Bewerbern lieber gefunden werden wollen, als selbst zu suchen. Das heißt, Strategien müssen ganz anders funktionieren. Was sind die Trends im Moment?

    Kraft: Also, das, was Sie sagen, ist ein sehr, sehr wichtiges Thema und auch spannend und herausfordernd für die Personalabteilungen, weil, man kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass man darauf wartet, dass der Kandidat sich bewirbt, sondern muss aktiv sein. Das heißt, man muss seine komplette Personalmarketingstrategie ändern. Das fängt damit an, dass man sich sehr viel mehr Gedanken darüber machen muss, wo sind eigentlich die Menschen, die gar nicht mehr zu mir kommen, aktiv, wie spreche ich die an, welche Themen sind für die denn eigentlich relevant? Das heißt, die Vorbereitung und die sogenannte, wir nennen das Zielgruppenorientierung oder Zielgruppenansprache, da ist sehr viel mehr Aufwand notwendig, und auch für einen Personaler heißt das, er muss sich bei dem, was sich gerade an neuen Möglichkeiten so im Markt ergibt, muss er sich sehr viel mehr spezialisieren. Und es ist gerade für kleine Unternehmen natürlich eine echte Herausforderung, weil, so viel Spezialisten gibt es da meistens gar nicht, sondern das ist dann sehr häufig eine Person, die all dieses Wissen in sich vereinen muss.

    Maleike: Heißt aber, wunderbarer Markt eben auch für diejenigen, die so wie Sie die Suchenden und die Findenden miteinander verbinden. Sie haben es schon angesprochen: Unterschied Großunternehmen, kleiner, mittelständischer Betrieb, was sind da die größten Unterschiede eigentlich in der Suche im Moment?

    Kraft: Wir sehen, dass die … Wir machen jetzt Studien, das heißt, wir arbeiten mit der Universität Frankfurt und Bamberg zusammen, machen regelmäßig schon seit zehn Jahren wissenschaftliche Studien, wo wir diese beiden Marktsegmente sehr detailliert analysieren. Und wir sehen, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen doch sehr viel zurückhaltender sind, sich den neuen Möglichkeiten zu stellen. Und ein paar, die momentan sehr relevant sind, sind unter anderem die Nutzung der sozialen Medien oder auch das Netzwerk rekrutieren, das heißt, wie nutze ich meine persönlichen Kontakte, um auch neue Menschen ins Unternehmen zu bringen? Und da liegt eine große Herausforderung, gerade im Mittelstand in Deutschland. Wir wissen – wir sind auch einer der Kooperationspartner des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft –, dass der Mittelstand hier vor einer echten Herausforderung steht, auch die Menschen für sich und das Unternehmen zu begeistern. Man hat einfach nicht die Möglichkeit zu sagen, na ja, ich bin eben nicht der große Automobilhersteller, zu dem kommen dann automatisch die ganzen Bewerber, weil sie sagen wow, super, für die will ich auch mal arbeiten. Man kennt das Unternehmen unter Umständen überhaupt nicht. Und wer es nicht weiß: Es gibt in Deutschland, gibt es so viele Hunderte von globalen hidden Champions im Mittelstand, die extrem spannende Aufgaben bieten können. Und das ist unsere Aufgabe, diese hidden Champions in die Öffentlichkeit zu bringen und auch Menschen für diese Unternehmen zu begeistern.

    Maleike: Das kann man zum Beispiel wunderbar auf einer solchen Messe, wo man sich auch zeigen kann und in Kontakte kommen kann. Sie haben Social Media schon angesprochen, wir wollen ja ein bisschen über Trends sprechen: Ist Social Media da im Moment das Nonplusultra? Die Online-Bewerbung hat ja die papierne schon längst überholt.

    Kraft: Ja, das Nonplusultra, ich glaube, das ist eines der Top-Themen, das uns auch die nächsten Jahre beschäftigen wird. Der Markt verändert sich gerade und das ist natürlich auch geprägt dadurch, dass die sozialen Medien eine Antwort sind auf die Passivität der Kandidaten. Das heißt, man hat hier ein neues Medium auch, die Kandidaten über andere Wege anzusprechen. Auch da wieder ganz, ganz große Unterschiede zwischen den großen Unternehmen, die sehr häufig schon ihre Social-Media-Strategie finalisiert haben und in der Umsetzung schon sehr aktiv sind, auch viele Erfahrungen gesammelt haben. Wohingegen, im Mittelstand sehen wir, dass etwa 95 Prozent der Unternehmen sagen, ah, das ist total spannend, finde ich extrem positiv für mich und mein Unternehmen, aber leider erst drei Prozent wirklich aktiv auch sich diesen Möglichkeiten gestellt haben. Und da sieht man, wie groß die Aufgabe noch ist für uns alle, letztendlich die kleinen und mittelständischen Unternehmen hier aktiv auch zu beraten und zu unterstützen.

    Maleike: Ganz kurze Frage noch: Wenn wir über Online reden, reden wir natürlich auch darüber, dass da vielleicht manchmal Dinge landen, die da nicht hin sollen. Sie treten ein für eine ganz klare Trennung zwischen Geschäftlichem und Privatem.

    Kraft: Ja, denn ganz klar: Wir sind ja auch "Monsters", einer der Vorreiter hier wieder in dem Bereich, dass wir sagen, wir haben auf Facebook eine App gelauncht, die heißt "BeKnown", da können Sie sozial rekrutieren. Und wir empfehlen jeden, dass er seine privaten und geschäftlichen Aktivitäten strikt trennen soll. Ob das dann jeder für sich persönlich auch dann wahrnimmt, das überlassen wir jedem einzeln, aber ich glaube, da wird sehr professionell in den meisten Fällen mit umgegangen.

    Maleike: Danke für Ihren Besuch hier bei "Campus und Karriere", danke an Bernd Kraft, den Geschäftsführer von Monster!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.