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Krankenstand im Erdmittelalter

Paläontologie. - Gering ist die Chance, bei einem Dinosaurierfund eine seltene Krankheit festzustellen. Dennoch gibt es in der Fachliteratur zahlreiche Fälle, in denen über Dinosauriertumoren, Alterserkrankungen oder Brüche berichtet wird. US-amerikanische Paläontologen haben sich diese Pathologien genauer angeschaut und eine Datenbank erstellt. Welche Krankheitsrisiken bestimmte Dinosauriergruppen hatten, darüber sprachen Wissenschafter auf der Jahrestagung der Geologischen Gesellschaft der USA in Charlotte, North Carolina.

Von Michael Stang | 08.11.2012
    Die These, die der US-amerikanische Paläontologe Logan Howell verfolgte, klingt einfach:

    "Wir wollten herausfinden, ob es mit der Zunahme der Dinosauriervielfalt auch parallel eine Zunahme von Pathologien gab."

    Also, ob sich gleichzeitig mit der Artenexplosion der Dinosaurier auch die Skelette häuften, an denen sich krankhafte Veränderungen nachweisen lassen, etwa Infektionen oder Verletzungen wie Knochenbrüche. Dabei ist die Suche nach Dinosaurierskeletten, die derartige Veränderungen zeigen, ziemlich schwierig, einfach weil diese sehr selten sind. Der Forscher von der Appalachian State University in North Carolina wälzte also riesige Mengen an Fachliteratur über Dinosaurierfunde und suchte darin nach Angaben über Pathologien: der älteste Artikel stammt von 1838, die jüngste Veröffentlichung aus dem Jahr 2001. Mit den Fallbeispielen fütterte Logan Howell eine Datenbank, die erstmals Aussagen über Krankheitsrisiken bestimmter Dinosauriergruppen ermöglicht.

    "Wir wissen, dass Dinosaurier, die in Konkurrenz standen, also in Nahrungskonkurrenz wie Raubsaurier, oder in Konkurrenz um Weibchen, wo die Männchen kämpfen mussten, wie wir das etwa von etwa Triceratops kennen, häufig Verletzungen aufweisen und zudem Infektionen, die von solchen Kämpfen herrührten. Wohingegen die großen Saurier, wie etwa die Sauropoden mit ihren langen Hälsen, derartige Verletzungen kaum aufweisen. Jedoch zeigen sie etwas anderes. Diese Tiere wurden relativ alt und litten dementsprechend häufig an Arthritis in den Gelenken, die ja ein enormes Gewicht stemmen mussten."

    Überraschend sei gewesen, dass in der Datenbank fast keine kleinen Dinosaurier zu finden sind. Dies könne daran liegen, vermutet Logan Howell, dass dünne Knochen eher zerbrechen und wegerodieren als dicke. Auch werden kleine Tiere eher Opfer von Raubtieren als große, zudem erreichen kleinere Vertreter im Schnitt selten ein hohes Alter, um überhaupt an Arthritis erkranken zu können. Howell:

    "Wir mussten zudem feststellen, dass die meisten krankhaft veränderten Dinosaurierskelette, die es in unsere Datenbank geschafft hatten, in Nordamerika gefunden wurden. Diese Funde stammen also auf der Morrison-Formation, der Hell-Creek-Formation oder aus anderen ähnlich bekannten Fossilienlagerstätten."

    Egal, in welchen geologischen Epochen Logan Howell suchte, stets waren die berühmten Dinosaurierfundstätten aus Nordamerika präsent; Funde aus Südamerika, Europa oder Asien hingegen waren kaum vertreten. Bleibt die Frage, ob sich Howells Ausgangsthese bestätigen ließ.

    "Wir hatten ja gedacht, dass mit der zunehmenden Artenvielfalt der Dinosaurier auch diese krankhaften Veränderungen zunehmen müssten. Aber nachdem wir diese ganzen Daten nun durchgearbeitet haben sieht es so aus, als ob dem nicht so war."

    Zumindest in Nordamerika. Ob dies auch global so war, untersucht Logan Howell derzeit. Aktuell pflegt er nun Veröffentlichungen des vergangenen Jahrzehnts in seine Datenbank ein, darunter sind erstmals auch viele Studien aus China, wo es fast aus jeder wichtigen geologischen Epoche zahlreiche Funde gibt. Das gleiche gilt für einige Fundstätten in Süd- und Mittelamerika.