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Krankheitserregern im Wasser auf der Spur

Umwelt. - Die Trinkwasserkommission beschäftigte sich mit auf ihrer jüngsten Sitzung in Berlin mit sauberem Wasser. Anlass zur Sorge sind Viren, die zum Beispiel durch Wasser- und Zugvögel übertragen werden können. Der Bauingenieur und ehemalige Leiter des Aachener Umweltamtes Wilfried Soddemann warnt davor, dass Leitungswasser zu bestimmten Zeiten im Jahr mit Viren belastet sei.

Von Karsten Schäfer |
    Ein frisches und kühles Glas Leitungswasser, das ist für viele nicht nur Durstlöscher erster Wahl, sondern ein echter Genuss. Doch der Bauingenieur und ehemalige Leiter des Aachener Umweltamtes Wilfried Soddemann möchte die Wissenschaft dafür gewinnen, sich unser Trinkwasser genauer anzusehen. Denn in einigen Gebieten Deutschlands, so befürchtet Soddemann, könnte das Leitungswasser zu bestimmten Zeiten im Jahr mit Viren belastet sein:

    " Meine These ist, auch wegen der ausgeprägten Saisonalität der Influenzaerkrankungen, dass die Influenza weit überwiegend initial mit dem kalten Trinkwasser im Februar und März übertragen wird."

    Fest steht, dass Viren bei tiefen Temperaturen konserviert werden. Bei vier Grad überlebt das Influenza-Virus knapp drei Wochen. Wilfried Soddemann hat die Wassertemperaturen und die offizielle Zahl der Grippeerkrankungen miteinander verglichen. Dabei fand er heraus, dass in den Monaten Februar und März nicht nur das Trinkwasser am kältesten ist, sondern auch die meisten Influenza-Infektionen auftreten. Auf den Gedanken, dass Viruserkrankungen wie die Grippe - oder Influenza - über das Trinkwasser übertragen werden könnten, kam Wilfried Soddemann aber erst als er die Zahl der grippekranken Kinder und Säuglinge untersuchte. Ihm fiel auf, dass gerade die bis Dreijährigen immer als erste, noch vor ihren Eltern, krank werden:

    " Diese Kinder nehmen einen Großteil ihrer Nahrung in Verbindung oder in Form von Wasser auf. Das heißt, sie haben einen großen Kontakt mit diesem Medium und sie haben, wenig Kontakt mit anderen Menschen außer zu den eigenen Eltern oder zu dem Besuch der Familie. Also besteht hier schon eine besondere Auffälligkeit dieser Gruppe."

    So kommt Wilfried Soddemann zu dem Schluss, dass in der kalten Jahreszeit zumindest die Viren, die eine Grippewelle auslösen, über das Wasser verbreitet werden. Anschließend übertrage sich das Virus weiter von Mensch zu Mensch. Ursprünglich komme das Virus von Vögeln und Wasservögel wie den Enten. Denn die sind der natürliche Wirt der Influenza-Viren. Wilfried Soddemann vermutet, dass die Viren mit den Ausscheidungen dieser Tiere zum Beispiel in Trinkwassertalsperren, in die Leitungen gelangen könnten. Allerdings sind die Vogelgrippeviren hier bei uns für den Menschen völlig ungefährlich. Professor Konrad Botzenhart, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin.

    " Das Influenza-Virus von Enten ist auch tatsächlich in Seewasser nachgewiesen worden. Aber das ist von den Virusarten oder Virusstämmen, die den Menschen betreffen, eindeutig zu unterscheiden. Nun hat das Robert-Koch-Institut, welches das Influenza-Geschehen ja sehr sorgfältig beobachtet, im vergangenen halben Jahr etwa 1250 Influenza-Stämme von Menschen untersucht und da war aber keiner von Vögeln."

    Professor Rainer Frentzel-Beyme, Epidemiologe und Umweltmediziner, kann sich dagegen sehr wohl vorstellen, dass die Auslöser der menschlichen Grippe ursprünglich von den Vögeln kommen. Er hält es für falsch diese Möglichkeit einfach auszuschließen.

    " Dann müssten wir uns eigentlich so getäuscht haben bei den Untersuchungen von Vogelgrippefällen beim Menschen. Wo ich dann fragen möchte, haben die Virologen sich das wirklich überlegt, was sie da sagen. Denn das Überspringen von Tieren auf Menschen ist eben keine neues Phänomen, sondern ein gefürchtetes. Und dass es durch Verkettung von natürlichen Vorgängen zu solchen Verbreitungen kommen kann, ist auch nicht neu. Also dass man sich darauf vorbereiten muss, ist sehr wichtig."

    Ingenieur Wilfried Soddemann schlägt deshalb vor, das Trinkwasser generell durch ultrafeine Filter zu leiten, die auch Viren zurückhalten.

    " Die Membran und Ultrafiltration kostet runde fünf Euro pro Person und Jahr. Ich denke, dass dieser Aufwand, also bei einer vierköpfigen Familie zwanzig Euro pro Familie und Jahr, sich lohnt für die Vorteile, die man erreicht. Man spart eine Menge Infektionserkrankungen ein."

    Das zumindest ist die Ansicht von Wilfried Soddemann. Die meisten Forscher sind da eher skeptisch.