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Krankheitsquote in Deutschland auf Rekordtief

Hohe Arbeitslosigkeit, Strukturkrise und die schwache Konjunktur haben viele Menschen verunsichert. Auch wer Arbeit hat überlegt es sich heute zwei Mal, ob er mit einer schweren Erkältung wirklich noch ein paar Tage zu Hause bleibt. Und die Krankheitsquote ist momentan so niedrig wie noch nie.

    Wir wissen alle, dass es Entlassungen gegeben hat. Es ist in der Tat natürlich so, das man sich schon was überlegen muss, das heißt also, wenn Sie heute nicht einigermaßen beweglich sind. Das ist einfach vorbei und es ist überall vorbei.

    Und beweglich zu sein, heißt für die Mitarbeiterin eines großen Konzerns im Betrieb zu sein, auch wenn der Arzt meint, sie gehöre nach Haus ins Bett. Denn auch bei ihr ist die Angst mittlerweile groß, ihren Job zu verlieren. Wegen Unzuverlässigkeit oder Fehlzeiten. So groß, dass sie sich selbst schon mit Fieber und Schmerzen ins Büro geschleppt hat. Der Krankenstand in den Betrieben bestätigt den Trend, lieber aufs Krankfeiern zu verzichten, als selbst vielleicht bald für den Betrieb überflüssig zu werden. Die derzeitige Krankheitsquote in Deutschland ist auf Rekordtief, hat auch das Bundesgesundheitsministerium ermittelt. Die Quote sackt nicht etwa ab, weil die Deutschen gesünder leben. Sondern vor allem deshalb, weil der Betrieb wieder einigen gekündigt hat oder die Zeitungen über Massenentlassungen berichten. Und das kommt inzwischen täglich vor. So Volker Maschmeier, Managementberater eines Automobilherstellers

    Wir erleben natürlich immer wieder, dass in konjunkturell schwierigen Zeiten, die hier in der Bundesrepublik natürlich auch durch eine strukturelle Krise überlagert sind, tatsächlich Angst um
    den Arbeitsplatz herrscht. Und die Angst um den Arbeitsplatz führt natürlich dazu, dass man sich überlegt, ob man zu Hause bleibt oder ob man nicht doch lieber zur Arbeit geht. Das können wir auf jeden Fall beobachten.


    Nach einer repräsentativen Umfrage meint etwa jeder fünfte Erwerbstätige, dass die gesundheitlichen Belastungen durch Stress und Angst am Arbeitsplatz in den letzten drei Jahren deutlich stärker geworden sind. Dabei kann allein schon die Angst, den Job zu verlieren, oder bestimmte Aufgaben nicht mehr bewältigen zu können, krank machen. Erklärt der Unternehmensberater Götz Klingenburg von der Synergie Qualifikationsberatung in Bonn am Beispiel eines Betriebs. Depressionen, Nervosität, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit etc können dann die Folgen sein.

    Dass viele Leute nicht wussten, wie man Tastaturen bedient. Auch im Management wüssten viele Leute nicht, wie sie mit neuen Technologien umgehen müssen, dass dem Management aber andere Umgehungsmöglichkeiten offen stehen. Der Arbeiter, der unten arbeitet, und auf dessen Leistung das Unternehmen eigentlich angewiesen ist, der kann diesen Umstand nur dadurch umgehen, dass er krank wird.

    Doch die Flucht in die Krankheit verschärft dann nur das Problem. Und macht dadurch eine Entlassung eher wahrscheinlicher. Die meisten gehen dann voller Angst mit zitternden Knien doch wieder in den Betrieb. Einen gefährlich Trend machen Arbeitsmediziner aber auch bei körperlichen Erkrankungen aus, die nie richtig auskuriert werden. Und sich so dann leicht zu einer chronischen Krankheit auswachsen können mit lang anhaltender oder gar dauerhafter Arbeitsunfähigkeit. Nicht nur für den Arbeitnehmer sind die Folgen dann fatal. Auch dem Betrieb entstehen unter Umständen immense Kosten, die hätten vermieden werden können. Hätte der Arbeitnehmer nach der Devise gehandelt: Lieber ein paar Tage krank als bald ein ganzes Jahr. Managementberater Volker Maschmeier:

    Das sind sogar erhebliche Kosten für die Unternehmen und viele Unternehmen gehen dazu über, das auch tatsächlich nach zu verfolgen und insofern ist da ein hohes Managementinteresse da und ich glaube, das das Management in der Tat da einen Focus drauf legen sollte.

    Offene Kommunikation könnte hier eine der Lösungen sein. Betont auch Unternehmensberater Götz Klingenburg. Dabei geht es vor allem darum, die Mitarbeiter rechtzeitig über Umstrukturierungsmaßnahmen aufzuklären. Um so auch den Respekt der Unternehmensleitung gegenüber ihren Mitarbeitern zu verdeutlichen.

    Man kann nur motivierte engagierte Mitarbeiter gewinnen, wenn sie sicher sind, an ihrem Arbeitsplatz, noch nicht mal mit der Perspektive werd ich den Arbeitsplatz auch noch in fünf Jahren haben, die Angst ist heute nicht so sehr perspektivisch.

    Wer sich so von der Unternehmensleitung respektiert fühlt, kann dann auch ruhigen Gewissens und ohne Schuldgefühle mal zu Hause bleiben, wenn's der Gesundung dient. Umso mehr verstehen sich die Mitarbeiter dann auch als Teil eines Betriebes, der sich für seine Angestellten verantwortlich fühlt. Und Wert darauf legt, dass diese sich wohl fühlen. Auch in konjunkturell schwierigen Zeiten. Managementberater Volker Maschmeier.

    Ich denke die Möglichkeiten sind einfach, Mitarbeitern die Strategie des Unternehmens zu erklären, zu erklären, warum man in dieser oder jener Situation ist und tatsächlich den Mitarbeitern Perspektiven aufzeigt, wie man als Unternehmen, als Managementgruppe aus dieser Krise heraus kommt. Dass Manager vor Ort gehen mit Menschen an der Basis über deren Sorgen und Nöte reden, dass sie sich tatsächlich der Diskussion auch stellen, mehr in den Dialog mit den Mitarbeitern gehen, anstatt nur Statements abzugeben.

    Einige Unternehmen bieten ihren Angestellten zudem Gymnastikkurse in der Mittagspause oder Räume für Entspannungsübungen Yoga oder autogenes Training an. Neben der Prävention gibt es manchmal auch einen Gesundheitsdienst an. Ärzte, die hier vor Ort sind, wie zum Beispiel bei den Ford-Werken in Köln. Der Dienst wird von den Mitarbeitern gut genutzt und hat den Vorteil, dass lange Wege hin zum Arzt und Wartezeiten wegfallen.