Kai Löffler: Vor Ihrem neuen Album haben Sie eine lange Pause gemacht, ich glaube sechs Jahre. Was hat Sie wieder ins Studio zurückgebracht?
Robben Ford: Die Musikbranche hat sich in den letzten paar Jahren radikal verändert, unter anderem aufgrund von Downloads. Und Plattenfirmen sind im Großen und Ganzen nutzlos geworden. Ich bin deshalb aus meinem Plattenvertrag ausgestiegen und habe mir grundsätzlich Gedanken gemacht, wie ich den Rest meines musikalischen Lebens verbringen will, im Studio und auch außerhalb. Eine Zeit lang habe ich mit anderen Musikern zusammengearbeitet, mit Larry Carlton und John Scofield, mit Bill Evans, und mit einer Miles Davis Tribute Band namens "Miles Smiles", also einer Reihe von Projekten. Und dann ist das Plattenlabel Mascot auf mich zugekommen und hat mir ein Angebot gemacht, zu dem ich nicht Nein sagen konnte, ein perfektes Angebot. So war ein echtes Vergnügen, wieder ein Album aufzunehmen und es auch zu promoten, auf Tour zu gehen und es live zu spielen. Ich habe das nicht nur getan, um meine Rechnungen zu bezahlen, sondern es bedeutet mir wirklich etwas, sowohl musikalisch als auch für meine Karriere.
Löffler: Das Album heißt "Bringing it back home" und klingt sehr entspannt. Was hat denn der Titel mit der Musik zu tun.
Ford: Die Idee hinter dem Album, also das Gefühl, das ich einfangen wollte, war das einer Einladung. Es ging nicht darum, jemanden zu beeindrucken, oder etwas besonders Spektakuläres zu machen. Es soll Spaß und Freude ausstrahlen, so als ob man jemanden zu sich nach Hause zu einem tollen Essen einlädt, und nicht etwa bei ihm an die Tür klopft.
Löffler: Warum spielen Sie auf dem Album hauptsächlich Coverversionen?
Ford: Wissen Sie, es ist fast unmöglich, den Vibe dieser alten Songs einzufangen. Es ist auch wichtig, zu wissen, dass für mich die Musik neu war. Leute haben Kommentare abgegeben wie 'Robben Ford kehrt zu seinen alten Lieblingsplatten zurück', aber das ist überhaupt nicht der Fall. Ich habe extra nach komplett neuem Material gesucht. Und deshalb ist das Album auch stilistisch so anders, als alles was ich davor aufgenommen habe. Ich wollte ein warmes Gefühl erzeugen, ein natürliches Gefühl. Und eben das Gefühl einer Einladung.
Löffler: Sie haben gesagt, die Musik ist größtenteils aus den 60ern, auch wenn sie für Sie neu war. Wenn ich mir jetzt ihren mp3-Player angucken würde, was würde ich dann finden? Gibt es auch aktuelle Musiker und Bands, die Sie bewundern, von denen Sie vielleicht sogar etwas lernen?
Ford: Ich höre hauptsächlich Jazz, also alten Jazz, nichts Modernes aus der letzten Zeit. Ich glaube, 80 Prozent von der Seele ist raus, und heute geht es vor allem um Technik und Noten, deshalb gefällt mir nur sehr wenig Modern Jazz. Ich höre viel indische Musik.
Löffler: Wie kommt’s?
Ford: Wissen Sie, ein Musiker muss sich irgendwann in seinen Leben entscheiden. Niemand kann alles wirklich gut machen. Das kann niemand, egal wer er ist. Deshalb muss man sich auf die eine oder andere Sache konzentrieren, und wenn man als Jazzmusiker seinen Horizont erweitern will, dann läuft das normalerweise über harmonisches Wissen und Können. Ab einem bestimmten Punkt wird es sehr intellektuell und theoretisch. Indische Musik hat zwar auch die Technik, die Seele und die Kreativität. Aber es gibt nur einen Modus, eine einzige Tonleiter, auf der man improvisiert. Und indische Musik erzeugt eine ganz bestimmte Stimmung. Sie ist wie Folk-Musik oder wie der Blues, aber eben auf einem unglaublich hohen Niveau.
Löffler: Wie sieht es mit der jüngeren Generation von Gitarristen aus? Gibt es da niemanden, den Sie bewundern oder hören?
Ford: Also, niemanden, den ich höre, weil ich mir keine Gitarristen anhöre. Ich höre manchmal ein bisschen rein, einfach um zu gucken, wer das ist und wie er klingt. Aber man kann nicht andere Leute hören, ohne sie nachzuahmen. Deshalb vermeide ich Gitarristen größtenteils. In den letzten zwanzig Jahren würde ich sagen, Derek Trucks ist der Gitarrist, der mir am besten gefällt. Er scheint einen sehr ähnlichen Hintergrund zu haben wie ich, und ich weiß, dass er auch Jazz hört, viel von der Musik, die ich früher gehört habe und die ich bis heute höre. Außerdem Sonny Landreth. Wobei man nicht unbedingt "jung" sagen kann, Sonny ist nicht mehr wirklich jung.
Löffler: Ich erinnere mich, dass in den 80ern viel um Virtuosität ging und Musiker wie Joe Satriani oder Steve Morse groß waren. Oder Eric Johnson, mit dem Sie gerade auf Tour sind. Haben Sie das Gefühl, dass die Leute die Kunst, ein Instrument zu spielen, also das Handwerk, nicht mehr so sehr zu schätzen wissen?
Ford: Damit geht es schon seit einiger Zeit bergab. Klar, der größte Teil der Kreativität steckt oft im Vibe, der Produktion oder auch im Songwriting, und es gibt heutzutage ein paar wirklich interessante und kreative Bands und Songwriter. Was Instrumente angeht, haben sich dafür ziemliche Gegensätze entwickelt. Es gibt Musiker, die so gut wie gar nicht spielen können und solche, die wirklich fantastisch spielen, die man zum Beispiel im Jazz findet, die aber wiederum seelenlos klingen. Für Musik im eigentlichen Sinne ist es keine gute Zeit, vieles ist heute stark kommerzialisiert und auch billig. Das ist zwar schade, aber es gibt trotzdem Hoffnung, es gibt immer Leute, die trotzdem tolle Musik machen. Und ganz ehrlich, als ich jung war, musste ich die großartige Musik auch erst mal suchen.
Löffler: Neben der Gitarre spielt in Ihrem Leben und Ihrer Karriere ein anderes Instrument eine große Rolle, nämlich das Saxofon. Sie haben als Saxofonist angefangen und immer wieder Tom Scott als großen musikalischen Einfluss genannt, mit dem Sie in der Band The L.A. Express gespielt haben. Was kann man denn als Gitarrist von Saxofonisten lernen?
Ford: Wissen Sie, es geht mehr um die Musik als um das Instrument. Das Saxofon ist halt nur zufällig das Instrument, das mich damals angezogen hat. Ich mag Sonny Rollins und John Coltrane, und ich mag Wayne Shorter. Aber ich weiß nicht, ob das so viel damit zu tun hat, dass ich zuerst Saxofon gespielt habe. Das habe ich nicht getan, weil ich all diese großartigen Jazz Saxofonisten gehört habe. Das Saxofon ist ein sehr vokales Instrument, eins das sehr menschlich klingt, vielleicht weil man als Saxofonist durch den Atem Klang erzeugt. Es kann auch ein sehr lyrisches Instrument sein, mehr als etwa eine Trompete oder ein Klavier, oder natürlich ein Schlagzeug.
Löffler: Apropos Trompete: Sie haben ja bekanntermaßen mit dem großen Miles Davis gespielt. Haben sie eine Lieblings-Erinnerung an Miles?
Ford: Wissen Sie, die komplette Erfahrung ist eine meiner Lieblingserinnerungen. Weil es immer interessant war, es war nie auch nur eine Sekunde langweilig. Wenn man in Miles' Gegenwart war, ist immer etwas Interessantes passiert. Deshalb kann ich keinen einzelnen Moment nennen, aber ich kann sagen, dass es eine unbezahlbare Erfahrung war. Musikalisch hatte ich schon viel von dem gelernt, was ich sonst vielleicht von ihm und in seiner Band gelernt hätte. Aber er hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Wenn Miles Davis dich als Musiker gut findet, dann bist du gut, egal was andere Leute denken. Ich glaube, es war die richtige Zeit für mich, ich war gerade Anfang/Mitte dreißig, als ich mit ihm gespielt habe. Und seitdem habe ich einfach eine Sicherheit, die ich vorher nicht hatte.
Löffler: Gibt es einen musikalischen Traum für Sie? Gibt es jemanden, mit dem Sie unbedingt einmal spielen möchten?
Ford: Vor seinem Tod stand Michael Brecker ganz oben auf meiner Liste. Ich verbringe viel Zeit damit, mich als Sänger und Songwriter weiter zu entwickeln, und ich würde gerne mal mit Crissy Hynde arbeiten. Also, ich würde nicht unbedingt in ihrer Band spielen wollen, aber ich würde gerne ein Album mit ihr aufnehmen oder so etwas.
Löffler: Wenn Sie wählen müssten, sind sie ein Jazzer oder ein "Bluesman"?
Ford: Ich bin Musiker.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Robben Ford: Die Musikbranche hat sich in den letzten paar Jahren radikal verändert, unter anderem aufgrund von Downloads. Und Plattenfirmen sind im Großen und Ganzen nutzlos geworden. Ich bin deshalb aus meinem Plattenvertrag ausgestiegen und habe mir grundsätzlich Gedanken gemacht, wie ich den Rest meines musikalischen Lebens verbringen will, im Studio und auch außerhalb. Eine Zeit lang habe ich mit anderen Musikern zusammengearbeitet, mit Larry Carlton und John Scofield, mit Bill Evans, und mit einer Miles Davis Tribute Band namens "Miles Smiles", also einer Reihe von Projekten. Und dann ist das Plattenlabel Mascot auf mich zugekommen und hat mir ein Angebot gemacht, zu dem ich nicht Nein sagen konnte, ein perfektes Angebot. So war ein echtes Vergnügen, wieder ein Album aufzunehmen und es auch zu promoten, auf Tour zu gehen und es live zu spielen. Ich habe das nicht nur getan, um meine Rechnungen zu bezahlen, sondern es bedeutet mir wirklich etwas, sowohl musikalisch als auch für meine Karriere.
Löffler: Das Album heißt "Bringing it back home" und klingt sehr entspannt. Was hat denn der Titel mit der Musik zu tun.
Ford: Die Idee hinter dem Album, also das Gefühl, das ich einfangen wollte, war das einer Einladung. Es ging nicht darum, jemanden zu beeindrucken, oder etwas besonders Spektakuläres zu machen. Es soll Spaß und Freude ausstrahlen, so als ob man jemanden zu sich nach Hause zu einem tollen Essen einlädt, und nicht etwa bei ihm an die Tür klopft.
Löffler: Warum spielen Sie auf dem Album hauptsächlich Coverversionen?
Ford: Wissen Sie, es ist fast unmöglich, den Vibe dieser alten Songs einzufangen. Es ist auch wichtig, zu wissen, dass für mich die Musik neu war. Leute haben Kommentare abgegeben wie 'Robben Ford kehrt zu seinen alten Lieblingsplatten zurück', aber das ist überhaupt nicht der Fall. Ich habe extra nach komplett neuem Material gesucht. Und deshalb ist das Album auch stilistisch so anders, als alles was ich davor aufgenommen habe. Ich wollte ein warmes Gefühl erzeugen, ein natürliches Gefühl. Und eben das Gefühl einer Einladung.
Löffler: Sie haben gesagt, die Musik ist größtenteils aus den 60ern, auch wenn sie für Sie neu war. Wenn ich mir jetzt ihren mp3-Player angucken würde, was würde ich dann finden? Gibt es auch aktuelle Musiker und Bands, die Sie bewundern, von denen Sie vielleicht sogar etwas lernen?
Ford: Ich höre hauptsächlich Jazz, also alten Jazz, nichts Modernes aus der letzten Zeit. Ich glaube, 80 Prozent von der Seele ist raus, und heute geht es vor allem um Technik und Noten, deshalb gefällt mir nur sehr wenig Modern Jazz. Ich höre viel indische Musik.
Löffler: Wie kommt’s?
Ford: Wissen Sie, ein Musiker muss sich irgendwann in seinen Leben entscheiden. Niemand kann alles wirklich gut machen. Das kann niemand, egal wer er ist. Deshalb muss man sich auf die eine oder andere Sache konzentrieren, und wenn man als Jazzmusiker seinen Horizont erweitern will, dann läuft das normalerweise über harmonisches Wissen und Können. Ab einem bestimmten Punkt wird es sehr intellektuell und theoretisch. Indische Musik hat zwar auch die Technik, die Seele und die Kreativität. Aber es gibt nur einen Modus, eine einzige Tonleiter, auf der man improvisiert. Und indische Musik erzeugt eine ganz bestimmte Stimmung. Sie ist wie Folk-Musik oder wie der Blues, aber eben auf einem unglaublich hohen Niveau.
Löffler: Wie sieht es mit der jüngeren Generation von Gitarristen aus? Gibt es da niemanden, den Sie bewundern oder hören?
Ford: Also, niemanden, den ich höre, weil ich mir keine Gitarristen anhöre. Ich höre manchmal ein bisschen rein, einfach um zu gucken, wer das ist und wie er klingt. Aber man kann nicht andere Leute hören, ohne sie nachzuahmen. Deshalb vermeide ich Gitarristen größtenteils. In den letzten zwanzig Jahren würde ich sagen, Derek Trucks ist der Gitarrist, der mir am besten gefällt. Er scheint einen sehr ähnlichen Hintergrund zu haben wie ich, und ich weiß, dass er auch Jazz hört, viel von der Musik, die ich früher gehört habe und die ich bis heute höre. Außerdem Sonny Landreth. Wobei man nicht unbedingt "jung" sagen kann, Sonny ist nicht mehr wirklich jung.
Löffler: Ich erinnere mich, dass in den 80ern viel um Virtuosität ging und Musiker wie Joe Satriani oder Steve Morse groß waren. Oder Eric Johnson, mit dem Sie gerade auf Tour sind. Haben Sie das Gefühl, dass die Leute die Kunst, ein Instrument zu spielen, also das Handwerk, nicht mehr so sehr zu schätzen wissen?
Ford: Damit geht es schon seit einiger Zeit bergab. Klar, der größte Teil der Kreativität steckt oft im Vibe, der Produktion oder auch im Songwriting, und es gibt heutzutage ein paar wirklich interessante und kreative Bands und Songwriter. Was Instrumente angeht, haben sich dafür ziemliche Gegensätze entwickelt. Es gibt Musiker, die so gut wie gar nicht spielen können und solche, die wirklich fantastisch spielen, die man zum Beispiel im Jazz findet, die aber wiederum seelenlos klingen. Für Musik im eigentlichen Sinne ist es keine gute Zeit, vieles ist heute stark kommerzialisiert und auch billig. Das ist zwar schade, aber es gibt trotzdem Hoffnung, es gibt immer Leute, die trotzdem tolle Musik machen. Und ganz ehrlich, als ich jung war, musste ich die großartige Musik auch erst mal suchen.
Löffler: Neben der Gitarre spielt in Ihrem Leben und Ihrer Karriere ein anderes Instrument eine große Rolle, nämlich das Saxofon. Sie haben als Saxofonist angefangen und immer wieder Tom Scott als großen musikalischen Einfluss genannt, mit dem Sie in der Band The L.A. Express gespielt haben. Was kann man denn als Gitarrist von Saxofonisten lernen?
Ford: Wissen Sie, es geht mehr um die Musik als um das Instrument. Das Saxofon ist halt nur zufällig das Instrument, das mich damals angezogen hat. Ich mag Sonny Rollins und John Coltrane, und ich mag Wayne Shorter. Aber ich weiß nicht, ob das so viel damit zu tun hat, dass ich zuerst Saxofon gespielt habe. Das habe ich nicht getan, weil ich all diese großartigen Jazz Saxofonisten gehört habe. Das Saxofon ist ein sehr vokales Instrument, eins das sehr menschlich klingt, vielleicht weil man als Saxofonist durch den Atem Klang erzeugt. Es kann auch ein sehr lyrisches Instrument sein, mehr als etwa eine Trompete oder ein Klavier, oder natürlich ein Schlagzeug.
Löffler: Apropos Trompete: Sie haben ja bekanntermaßen mit dem großen Miles Davis gespielt. Haben sie eine Lieblings-Erinnerung an Miles?
Ford: Wissen Sie, die komplette Erfahrung ist eine meiner Lieblingserinnerungen. Weil es immer interessant war, es war nie auch nur eine Sekunde langweilig. Wenn man in Miles' Gegenwart war, ist immer etwas Interessantes passiert. Deshalb kann ich keinen einzelnen Moment nennen, aber ich kann sagen, dass es eine unbezahlbare Erfahrung war. Musikalisch hatte ich schon viel von dem gelernt, was ich sonst vielleicht von ihm und in seiner Band gelernt hätte. Aber er hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Wenn Miles Davis dich als Musiker gut findet, dann bist du gut, egal was andere Leute denken. Ich glaube, es war die richtige Zeit für mich, ich war gerade Anfang/Mitte dreißig, als ich mit ihm gespielt habe. Und seitdem habe ich einfach eine Sicherheit, die ich vorher nicht hatte.
Löffler: Gibt es einen musikalischen Traum für Sie? Gibt es jemanden, mit dem Sie unbedingt einmal spielen möchten?
Ford: Vor seinem Tod stand Michael Brecker ganz oben auf meiner Liste. Ich verbringe viel Zeit damit, mich als Sänger und Songwriter weiter zu entwickeln, und ich würde gerne mal mit Crissy Hynde arbeiten. Also, ich würde nicht unbedingt in ihrer Band spielen wollen, aber ich würde gerne ein Album mit ihr aufnehmen oder so etwas.
Löffler: Wenn Sie wählen müssten, sind sie ein Jazzer oder ein "Bluesman"?
Ford: Ich bin Musiker.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.