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Krebsdiagnostik
Einfacher Bluttest erkennt frühzeitig Tumore

Ein einfacher Bluttest, mit dem sich Tumoren erkennen lassen, würde die Krebsvorsorge für viele Menschen einfacher machen. Schon 2018 stellten US-Forscher einen solchen Nachweis vor. In einer groß angelegten Studie untersuchten sie nun, wie gut dieser Bluttest neue Krebsfälle erkennt.

Von Christine Westerhaus | 07.07.2020
Kolorierte Aufnahme eines Lungen-Tumors unter dem Rasterelektronenmikroskop
Ein winziger Tumor in der Lunge, aufgenommen unter einem Rasterelektronenmikroskop (imago stock&people)
Wenn Krebszellen zerfallen, gelangen oft tumortypische Proteine oder Bruchstücke von Erbsubstanz ins Blut. Dass sich diese mithilfe spezifischer Bluttests nachweisen lassen, haben Anne Marie Lennon von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore und ihre Kollegen bereits 2018 zeigen können. In einer Pilotstudie haben die Forscher den Test an gut 1.000 Patienten getestet, die an Eierstock-, Leber-, Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen-, Magen-, Darm-, Lungen- oder Brustkrebs erkrankt waren. Der Bluttest konnte diese Krebsarten mit hoher Sicherheit nachweisen.
Bluttest als Ergänzung zur Früherkennung
In einer im Fachmagazin Science veröffentlichten Studie ging es jetzt darum, generelle Anzeichen für eine Krebserkrankung bei Menschen zu entdecken, die noch nicht erkrankt waren. Dazu haben die Forscher ihren Bluttest an knapp 10.000 Freiwilligen untersucht. Alle waren zwischen 65 und 75 Jahre alt und weiblich.
"Uns ist es gelungen, mithilfe des Bluttests bei 26 Personen eine Krebserkrankung nachzuweisen. Zusätzlich entdeckten wir 24 Fälle von Krebs mit einem Standard-Screening-Test. Wir konnten also die Zahl der entdeckten Krebsfälle verdoppeln, indem wir zusätzlich zu den gängigen Früherkennungsmethoden unseren Bluttest einsetzten."
Die Idee der Forscher ist deshalb nicht, andere Vorsorgeuntersuchungen wie Mammografie oder Darmspiegelungen zu ersetzen. Sie wollen ihren Bluttest zusätzlich einsetzen.
Laborproben in Behältern mit bunten Verschlüssen stehen in einem Tablett.
Diagnose mit Liquid-Biopsy-Test: Brustkrebs früher erkennen
Ein neuer Bluttest könnte die Brustkrebserkennung verbessern. Ziel sei es, ein weiteres Diagnose-Angebot zu machen, sagte Sarah Schott vom Universitätsklinikum Heidelberg im Dlf. Verfahren wie Mammografie und Sonografie könne der Test nicht ersetzen.
Eine Blutprobe genügt
"Unsere Vision ist, dass wir einen Bluttest entwickeln, den man zusätzlich zu anderen Vorsorgeuntersuchungen macht. Also wer, sagen wir, 50 Jahre alt ist und bei seinem Arzt eine Darmspiegelung und Mammografie macht, dem kann zusätzlich noch ein Bluttest angeboten werden, der viele verschiedene Krebsformen entdecken kann. Das ist ein minimal invasiver Test und wir hoffen, dass wir damit Fälle einer Krebserkrankung früher entdecken können."
Für eine Untersuchung müssen Patienten eine Blutprobe abgeben. Darin suchen die Forscher nach spezifischen DNA-Bruckstücken und Proteinen, die generell von Tumorzellen abgegeben werden - unabhängig von der speziellen Krebsart. Diese Zellen haben spezifische Methylierungsmuster, die der Test erkennen kann. Anne Marie Lennon und ihre Kollegen hoffen, mit ihrem Bluttest insgesamt mehr Menschen dazu bewegen zu können, zur Vorsorge zu gehen. Denn im Gegensatz zur Blutabnahme empfinden viele Menschen eine Darmspiegelung oder Mammografie als unangenehm.
"Nicht jeder geht zu den empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen. Die Compliance der Patienten ist nicht perfekt und deshalb denken wir, dass der Bluttest eine gute Ergänzung ist. Wir hatten in unserer Studie auch einen Fall, in dem eine Patientin drei Jahre vorher eine Darmspiegelung gemacht hatte. Und wir haben mit dem Bluttest dann Darmkrebs in einem frühen Stadium entdeckt. Das zeigt, dass der Bluttest eine gute Ergänzung zu den bisherigen Vorsorgeuntersuchungen ist."
Wie oft kommt es zum falschen Alarm?
Doch es gab in der Studie auch Fälle, in denen der Bluttest Anzeichen für eine Krebserkrankung gefunden hat, obwohl die betreffende Person gesund war. Zwar lag diese Fehlerquote nur bei einem Prozent. Doch wenn ein solcher Bluttest bei vielen Menschen eingesetzt wird, würden diese falsch-positiven Ergebnisse ins Gewicht fallen, gibt Udo Siebolts zu Bedenken. Er arbeitet am Uniklinikum Halle und ist stellvertretender Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Molekularpathologie.
"Bei einem Screening-Verfahren, wo Millionen von Menschen getestet werden, da sind die Anforderungen ganz wichtig. Denn es geht ja in die eine Richtung, wenn sie einen falsch positiven Test haben, dann wird der Patient ja zu einem Krebspatienten eingeordnet und entsprechend muss er dann in das Tumor-Screening. Das hätte er ja nicht gemacht, wenn er den Test nicht gemacht hätte. Und andererseits ist es natürlich, wenn die Sensitivität zu gering ist, dann werden viele Patienten auch nicht erfasst, was dann auch ein Problem ist. Und das muss man eben im großen Kollektiv zeigen."
Würde der Test bei einer Million Menschen eingesetzt wird, fände er bei 10.000 Personen Hinweise auf eine Krebserkrankung. Damit würden sich viele Menschen Sorgen machen, obwohl sie gesund sind.