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Chanukka-Fest in der DEL
Krefeld Pinguine feiern jüdisches Lichterfest

Bis zum 6. Dezember feiern weltweit Millionen Juden und deren Freunde das Lichterfest. Erstmals wurde der Beginn des Festes auch in der Deutschen Eishockey-Liga gefeiert - beim Spiel der Krefelder Pinguine gegen die Düsseldorfer EG.

Von Thomas Wheeler | 28.11.2021
Ein Kerzenhalter mit brennenden Kerzen und dem Davidstern
Mit der Entscheidung, das Chanukka-Fest in der Krefelder Eishalle zu feiern, öffnet sich die Jüdische Gemeinde der Stadt. (picture alliance / Zoonar)
"Chanukka ist ein absolutes Familienfest. Die Kinder freuen sich sehr auf Chanukka. Zu Chanukka kriegt man Geschenke. Zu Chanukka gibt es immer leckeres Essen. Ist Tradition fettiges Essen zu essen. Also acht Tage Berliner Ballen, acht Tage Reibekuchen. Das kann schon ganz schön auf die Hüften gehen."
Als ich mit Rabbi Wagner am letzten Donnerstag spreche, arbeitet er gerade in geschäftiger Atmosphäre in seinem Büro in der Jüdischen Gemeinde der Stadt Krefeld. Der Schreibtisch ist voll mit Unterlagen für anstehende Projekte. An der Wand hängt sein Rabbi-Diplom. Yitzak Mendel Wagner ist gebürtiger Krefelder, Anfang 40, Ehemann und Vater von zwei Kindern. Seit 2007 ist er Rabbiner in seiner Heimatstadt.

"Kein Beruf, sondern eine Berufung"

"Ich glaube, das ist kein Beruf, sondern das ist eine Berufung. Man kann das glaube ich eigentlich gar nicht lernen. Man muss es einfach irgendwie in sich haben. Mit Menschen zu arbeiten, etwas aufzubauen, für Integration zu arbeiten. Das ist einfach, was mir liegt. Ich arbeite eigentlich nicht, ja also, sondern das ist einfach mein Leben."
Und in diesem Leben ist Rabbi Wagner mit Martin Hyun zur Schule gegangen. Früher Eishockey-Profi bei den Krefelder Pinguinen und der erste DEL-Spieler mit südkoreanischen Wurzeln. Die Idee, das jüdische Chanukka, ein Lichter-Fest, erstmals bei einem Eishockeyspiel zu feiern, haben die ehemaligen Schulfreunde gemeinsam entwickelt.
Rabbi Wagner aus Krefeld.
Rabbi Wagner aus Krefeld. (Provat)
"Martin Hyun ist der Vorsitzende von Hockey Is Diversity. Und das ist eine Organisation, die sich einsetzt gegen Rassismus, Antisemitismus, und so kamen wir auf die Idee, warum nicht mal das Licht von Chanukka aus der Synagoge `rausholen und mitten in den Eispalast bei uns bringen, um das Chanukka-Fest dort mit mehreren tausend Menschen zusammen zu feiern."

Vertreibung des griechisch-syrischen Reichs

Chanukka hat seinen Ursprung um 164 vor Christus. Damals hält das griechisch-syrische Reich Israel besetzt. Und missbraucht den Tempel von Jerusalem, von dem heute nur noch die Klagemauer steht, zum Götzendienst. Eine Gruppe von Juden, Hasmonäer und Makkabäer erhebt sich gegen die Besatzer und vertreibt diese in einer Revolte. Danach können die Juden wieder den Tempel betreten.
"Und im Tempel stand der siebenarmige Leuchter, die Menora. Und der muss mit reinem, koscheren Olivenöl angezündet werden. Nach langem Suchen hat man ein Kännchen Öl gefunden. Ein Kännchen Öl kann man nutzen, um die sieben Arme von der Menora einen Tag brennen zu lassen. Aber es ist ein Wunder passiert, und acht Tage hat der Leuchter gebrannt, mit der Menge, die eigentlich nur für 24 Stunden reicht."

400 Jahre jüdisches Leben in Krefeld

Jüdisches Leben in Krefeld hat eine über 400-jährige Geschichte. 1617 werden in der Stadthistorie die ersten jüdischen Einwohner erwähnt. Seit 2008 hat Krefeld wieder eine Synagoge. Das frühere Gebäude war während der Reichspogromnacht am 9. November 1938 zerstört worden. Heute leben rund 1.000 Juden in Krefeld und Umgebung. Das Einzugsgebiet reicht bis zur niederländischen Grenze. Damit ist die hiesige jüdische Gemeinde von der flächenmäßigen Ausdehnung eine der größten in Deutschland. Mit der Entscheidung das Chanukka-Fest in der Krefelder Eishalle zu feiern, hat sich die Jüdische Gemeinde der Stadt geöffnet.
"Es bringt das Judentum `raus aus der Synagoge mitten in die Stadt. Um einfach zu zeigen das Judentum gehört dazu, wie alles andere auch. Viele Gemeindemitglieder von uns sind aus der ehemaligen Sowjetunion, und die sind aufgewachsen über Jahrzehnte mit Antisemitismus, und ohne Religion und ohne Judentum, ohne Tora, ohne Bräuche, weil der Kommunismus das nicht erlaubt hat. Und für die so etwas zu sehen, ist etwas ganz Besonderes. Nicht, dass man Angst hat, sondern, dass man sich mitten auf das Eis stellt. Zusammen mit so vielen Menschen und Freunden das Fest feiert. Das ist etwas, was das Herz wärmt."
Und es kann helfen Vorurteile abzubauen.