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Krieg der Systeme

Technik. - Zuweilen bezeichnet man den Fernsehabend vor der Bildröhre ja als Pantoffelkino. Richtig treffend aber wird das erst, wenn man sich die Neuentwicklungen der Displayhersteller anschaut: ultraflache Fernseher mit Bildschirmdiagonalen von über einem Meter. Und es gibt sogar mehrere Technologien, die um die Gunst des TV-Zuschauers buhlen.

Von Frank Grotelüschen |
    Mikroskopisch kleine Jalousien, die sich elektronisch öffnen und schließen lassen. Und je nachdem, wie diese Jalousien orientiert sind, lassen sie mehr Licht durch oder weniger. Das ist vereinfacht gesagt das Prinzip der Flüssigkristalle oder kurz LCDs. In Laptops und flachen Computermonitoren sind sie schon lange etabliert. Dass die Flüssigkristalle auch immer mehr fürs Fernsehen interessant werden, ist diversen Fortschritten der letzen Jahre zu verdanken.

    Vor allem konnte die Industrie das Problem mit dem Blickwinkel entschärfen. Bis vor kurzem wurde das Bild eines LCD-Schirms dunkel und kontrastarm, wenn man es nicht von vorne betrachtete, sondern von der Seite. Nun aber gibt es neue Sorten von Flüssigkristallen. Sie klappen, um das Licht durchzulassen, nicht mehr von der Senkrechten in die Horizontale. Sondern sie drehen sich - ähnlich wie eine Drehtür - innerhalb einer Ebene, wodurch das Bild auch dann hell bleibt, wenn man von der Seite guckt. Die Folge:

    Was die Hersteller entwickeln, sind immer größere Schirme,

    sagt Thomas Geelhaar, Forschungsdirektor von Merck in Darmstadt, dem weltweit führenden Hersteller von Flüssigkristallen. Und es deuten sich noch weitere Innovationen an. So brauchen LCD-Displays eine sog. Hintergrundbeleuchtung, also Lampen, deren Licht die Flüssigkristalle entweder durchlassen oder abschatten. Bislang versehen Fluoreszenzlampen diesen Dienst, wenn man so will kleine Neonröhren. Diese Röhren will die Industrie nun durch lauter kleine Leuchtdioden ersetzen, kurz LEDs. Geelhaar:

    Die LEDs hätten den Vorteil, dass die Ausleuchtung der großen Fläche beim Fernseher wesentlich gleichmäßiger wäre als das heute möglich ist mit den Röhren.

    Noch sind diese neuen Techniken für den TV-Markt zu teuer. Doch auch ohne sie werden sich die LCDs durchsetzen - meint Thomas Geelhaar:

    Die LCD-Technologie wird im Bereich bis 50 Zoll die führende Technologie werden.

    Das sieht der niederländische Fachmann Harm Tolner ein wenig anders. Er setzt - zumindest für sehr große Schirme - auf die Plasma-Technologie.

    Ein Plasma-Display macht selbst Licht. Das sind kleine Lämpchen, 0,3 Millimeter groß. Dann hat man rot, grün, blau. Und davon macht man dann ein Bild.

    Der Vorteil: Plasma macht noch größere Bildschirme möglich als die LCDs. In Seattle waren Prototypen mit einer Bildschirmdiagonalen von 80 Zoll zu sehen, das sind zwei Meter. Lange galten Plasmaschirme als ausgesprochene Stromfresser. Ein Problem, das die Hersteller aber nun gelöst haben wollen. Und welche Technologie liefert das bessere Bild? Nun, als Laie erkennt man allenfalls leichte Unterschiede. Plasma wie LCD liefern beeindruckend scharfe Bilder mit kräftigen Farben. Tendenziell sind die LCDs in heller Umgebung überlegen, also bei Tageslicht. Plasmaschirme dagegen spielen ihre Vorteile eher im Dunkeln aus, beim abendlichen Spielfilm im Schummerlicht. Und die Kosten? Nun - Ende nächsten Jahres soll ein Flachfernseher mit einer Bildschirmdiagonalen von einem Meter weniger als 2000 Dollar kosten, so das Ziel der Hersteller.

    Das neueste Baby von Philips wird dann noch nicht auf dem Markt sein: ein Fernseher, der mit leuchtendem Plastik funktioniert, mit sog. organischen Leuchtdioden, kurz OLEDs. In Seattle zeigte Philips Cheftechnologe Johan van den Ven immerhin schon einen kleinen, aber feinen Prototypen. Das Besondere:

    Der Bildschirm hat einen ausgezeichneten Kontrast. Er hat ein sehr gutes Schwarz und brillante Farben. Wir haben Testpersonen das OLED-Display mit einem LCD-Schirm vergleichen lassen. Und OLED hat stets den besseren Eindruck hinterlassen.

    Das Problem: Noch gehen Die Kunststoff-Leuchtdioden zu schnell kaputt. Die Forscher müssen ihre Haltbarkeit um einiges verlängern. Und so dürfte es noch etwa fünf Jahre dauern, bis es den ersten Fernseher aus Plastik zu kaufen gibt.