Jerome Charyn, Maria, Rotbuch Krimi 1096
Agatha Christie, Die Schattenhand, Scherz
Cassius Clay, I am the Greatest!, Sony Music Entertainment
Michael Dibdin, Cosi fan tutte, Goldmann Taschenbuch 2120 ders., Schwarzer Trüffel, Goldmann
Thea Dorn, Die Hirnkönigin, Rotbuch
Anja Kemmerzell / Else Laudan (Hg.), Das Wort zum Mord - Wie schreibe ich einen Krimi? Argument/Ariadne
Kurt Lanthaler, Der Tote im Fels, Diogenes detebe 23230
Donna Leon, Nobilita, Diogenes
Henning Mankell, Die falsche Fährte, Zsolnay
John D Mac Donald, Abschied in Dunkelblau, Rotbuch Krimi
Robert J. Randisi (Hg.), Krimis schreiben , zweitausendeins
Wolfgang Schweiger, Kein Job für eine Dame, Haffmanns- Kriminalroman 117
Robert Schekulin, Roberts Krimitagebuch, www.ufobuch.de
* Musik: Hitchcock, Music to be murdered by (Track 18); ab 0'45" (gekürzt); nach 1'45" darüber *
M1: Oje ... diese Musik ... ist es schon wieder so weit ... das klingt nach Krimi-Kolumne.
AA: Richtig.
M2: ... und hört, hört, da ist auch unser Rezensent.
AA: Guten Tag ... und bitte!
F: Die letzte Krimikolumne des Jahrtausends ... heute mit so vielen und so guten Krimis wie noch nie in den langen Jahren ihres Bestehens. So viel Schlachten war nie ...
M1: ... und immer noch neigt unser Rezensent zu Übertreibungen.
M2: Und immer noch treibt er gerne mit uns Sprechersklaven seine Spielchen. Heute: Die Krimis im direkten Vergleich. Autor gegen Autor, Kommissar gegen Kommissar ... und es kann nur einen Sieger geben. Runde für Runde. Heute gut ein Dutzend Krimis im Crash-Test. Buch gegen Buch. Schnitt gegen Rücken. Heute mit dem Gastkommentator Cassius Clay.
* Zuspielung mit hartem Schnitt: Cassius Clay Track 9 nach 21" darüber *
AA: Danke Herr Clay, aber jetzt gehts los.
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
AA: Erste Runde. Superschwergewicht.
F: Wir beginnen in den Bestsellerlisten. Nach langen Jahren des Darbens, in denen sich jedes Tagebuch eines grönländischen Sonnenstudiobesitzers besser verkaufte als ein Krimi, haben die Morde es wieder geschafft, Umsatzrekorde zu erzielen.
M1: Allerdings nur, wenn die Autorin eine in Venedig lebende Amerikanerin oder der Autor ein in Mosambik lebender Schwede ist.
F: Und deshalb lautet der erste große - nicht mehr ganz aktuelle, aber umso publikumswirksamere - Vergleichstest: Donna Leon, die venezianische Amerikanerin gegen Henning Mankell, den mozambikischen Schweden. Es beginnt: die süße Donna, in der von Ihnen gehört - linken Ecke -
M2: Donna Leon, Nobilita, erschienen im Diogenes Verlag,
F: und rechts:
M1: Hennig Mankell, Die falsche Fährte, erschienen im Zsolnay-Verlag.
F: Der Kampf der Megaseller beginnt:
* Zuspielung: Cassius Clay Track 2 darüber *
AA: Bitte einen Moment Ruhe, Herr Clay.
M2: Donna Leon, dreihundert und eine Seite
M1: Henning Mankell, 492 Seiten, der Punkt geht an mich.
* Eingecuttert: Cassius Clay Track 2 (nur der Gong) *
M2: Donna Leon ist die Sekretärin ihres Erfolges geworden. Beflügelt von ihren Auflagenzahlen liefert sie jedes Jahr einen ihrer ziemlich netten Comissario Brunetti-Krimis ab. "Nobilita" trägt im Untertitel den Vermerk "siebter Fall". Der siebte Fall ist wieder etwas besser als der sechste war, immer noch ganz nett, aber leider nur noch das. Wie seine Autorin bewegt sich Brunetti inzwischen in höheren venezianischen Kreisen. Seine berühmte Autorin wird vor der venezianischen Kulisse ihrer Krimis gerne und ausführlich zu ihrem Kommissar interviewt. Sie sagt dann immer wieder, wie sehr sie Venedig liebe und wie normal das Leben ihres Comissario sei ...
AA: ... schön und irgendwie originell.
F: Bitte Ruhe im Publikum!
M2: Und weil alles so schön und erfolgreich ist, bleibt alles beim alten, nur daß die Autorin inzwischen kaum mehr Phantasie für ihre Fälle aufbringt ... alles ist voller Verschwörer und Brunetti kommt immer wieder heim zu seiner Familie ...
M1: Während aber die Konstanz der Figur damals (bei Brunettis Vorbild Maigret) von Roman zu Roman beglückender wirkte, macht sich bei der Leon inzwischen - zumindest nach Meinung unseres Rezensenten -
AA: Hier bin ich gefragt!
M1: ... etwas Ermüdung breit.
AA: Richtig.
M1: Inzwischen wirkt Brunetti so konstruiert wie jene soap-opera,die auf Mallorca spielt. -
M2: Dem Erfolg tuts keinen Abbruch.
* Eingecuttert: Cassius Clay Track 2 "I'm the greatest!" *
AA: Jetzt kommt der Herausforderer:
M1: Auch Henning Mankell hat Erfolg: Sein Krimi "Die fünfte Frau" wurde im letzten Jahr mit dem "Deutschen Krimipreis" ausgezeichnet und trat danach einen Siegeszug durch die Bestsellerlisten an. Der Nachfolgeband "Die falsche Fährte" war der dritte Krimi Mankells, aber der vierte hierzulande erschienene
AA: Kapier ich nicht.
M1. Egal. Rezensenten kapieren nie etwas. Mankell schreibt über einen Serientäter.
M2: ... nicht gerade ein sonderlich orginelles Sujet, ...
M1: Aber ihn möchte man nicht zu seinen schwedischen oder sonstigen Schauplätzen folgen. Zu unheimlich und detailgenau werden seine Fälle vor dem Leser buchstäblich "ausgebreitet".
M2 Ein richtiger Schmöker.
M1: Aber was für einer. Spannend an "Die falsche Fährte" ist vor allem, daß der Leser den Mörder von Anfang an kennt. Auch Kommissar und Serienkiller kennen sich, sind einmal gar zusammen essen und sind sich nicht einmal unsymphatisch ... und trotzdem ...
AA: Halt, halt, meine Herren, meine Entscheidung ist bereits gefallen:
F: Die Entscheidung zwischen Donna Leons "Nobilita", erschienen bei Diogenes und Henning Mankells "Die falsche Fährte", erschienen bei Zsolnay fällt -
AA: ... durch technisches KO der Leon in der siebenten Runde. Mankell ist derzeit der Meister aller Klassen.
F: Der nächste Herausforderer,
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Die britische Variante und das intellektuelle Gegenstück zu Donna Leon ist Michael Dibdin. Seine - ebenfalls in Italien spielenden - Romane um den Ermittler Aurelio Zen sind völlig unverdientermaßen bisher nur zaghaft in die Bestsellerlisten vorgedrungen.
F: Als Hardcover bei Goldmann erschienen ist - mir zur Rechten-
M1: "Schwarze Trüffel", eine Geschichte in der Aurelio Zen unter verstockten Piemontern einen Mord zwischen Trüffelsuchern und unter Weinbauern ermitteln muß.
F: Mir zur linken, ein Taschenbuch aus dem selben Verlag vom selben Autor:
* Blende auf "Cosi fan tutte" (nach dem folgenden Text wieder ausblenden & immer bei den markierten Stellen wieder "hochziehen") *
M2: "Cosi fan Tutti" ist der Vorgänger dieses Romans. Eine äußerst merkwürdige Geschichte, in der eben derselbe Aurelio Zen in der Zollbehörde von Neapel aushelfen muß.
F: Beide Romane sind zur Zeit im Handel.
M1: Obwohl Verlag, Autor und Hauptperson der beiden Bücher identisch sind, mögen kaum je zwei unterschiedlichere Bücher erschienen sein. Während "Schwarzer Trüffel" eine düstere, dichte und obendrein exzelent Recherchierte Krimihandlung liefert,
* Blende auf "Cosi fan tutte" (nach dem folgenden Take wieder ausblenden ) *
M2: ... ist "Cosi fan tutti" ein absurder Schelmenroman, der angelehnt an Mozarts Oper ein munteres Verwechslungsspiel inszeniert, in dem am Ende nicht einmal mehr die Verwandtschaftsbeziehungen noch das sind, was sie lange waren. "Cosi fan tutti" nimmt sich die Krimihandlung nur noch als Vorwand, um einen richtiggehend absurden Roman zu schreiben.
AA: Sag ichs doch immer
M1: Sagt dazu unser Rezensent, dessen tiefste Überzeugung es ist, daß in Kriminalromanen die wahren erzählerischen Experimente stattfinden.
M2: Ist aber nur seine persönliche Meinung.
M1: Um so merkwürdiger ist, daß Dibdin, - nachdem er in "Cosi fan tutti" das Genre und seine Hauptfigur so ziemlich demontiert hatte, nun mit "Schwarzer Trüffel" erneut einen klassischen Krimi vorgelegt hat. Denn anders als Donna Leon gestattet Michael Dibdin es sich nicht, den gleichen einmal erfolgreichen Roman immer wieder zu schreiben.
* Blende auf "Cosi fan tutte" (nach dem folgenden Take wieder ausblenden ) *
F: Unser Rezensent meint zum Showdown zwischen den beiden Aurelio Zen-Romanen "Cosi fan tutti" und "Schwarze Trüffel" von Michael Dibdin, beide bei Goldmann erschienen.
AA: Einer ist besser als der andere.
M1: Aber sollte ein Rezensent seinen Hörern nicht Kaufentscheidungen an die Hand geben?
AA. Eben: Die Empfehlung lautet: Alles kaufen, wo Dibdin draufsteht.
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
F: Wir fahren fort: Jetzt im Ring: Das Duell der Trainer. Bei 2001 ist soeben das Handbuch "Krimis schreiben" erschienen ... sie hören es in der rechten Ecke.
M1: "Krimis schreiben", herausgegeben von Robert J. Randisi, ist eine Veröffentlichung der "Private Eye Writers of America". Schon dadurch stellt es sich atmosphärisch in eine Reihe mit all jenen Büchern, in denen ein amerikanischer Drehbuchautor dem Rest der unwissenden Welt erzählt, wie man ein handwerklich korrektes Drehbuch für einen amerikanischen Film schreibt.
F. Links von mir, der deutsche Herausforderer:
M2: "Das Wort zum Mord" oder "Wie schreibe ich einen Krimi?" aus dem Hause Argument/Ariadne stammt von Anja Kemmerzell und der Ariadne-Geschäftsführerin Else Laudan. Dieses Buch kommt aus Deutschland und ist auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten. Wohingegen bei meinem amerikanischen Konkurrenten ...
M1: ... sich die bekannteren Autoren finden. Die allerdings geben Ratschläge, wie man sich einen guten Agenten angelt, und daß man zur Recherche historischer Stoffe auch ruhig mal ein Antiquariat besuchen soll.
M2: Ratschläge, die für den amerikanischen Krimimarkt zutreffen mögen und dort wichtig sind ... im deutschen Leitfaden finden sich für den angehenden Krimi-Autoren hingegen praktische Schreibübungen und Anregungen über den zu vereinbarenden Verlagsvorschuß, sowie Informationen, welcher deutsche Krimi-Verlag welche Art und oder viele Krimis pro Jahr herausbringt.
AA: Praktisch. Würde ich Krimis schreiben wollen, würde ich den deutschen Leitfaden empfehlen.
F: Unter dem Strich jedoch bleibt die Erkenntnis, daß sich Produktivität nicht lehren läßt und deshalb Raymond Chandlers Ratschlag:
M1: "Wenn du nicht mehr weiter weißt, mußt du einen Kerl mit einer Kanone durch die Tür kommen lassen."
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Die Tür geht auf; herein kommt Thea Dorn, vor einigen Jahren der Shooting-Star unter den deutschen Krimi-Autorinnen. Unter dem Arm ihr bei Rotbuch neu erschienener Thriller "Die Hirnkönigin".
F: Die Dorn kommt gerne schnell zur Sache. Schon auf den ersten vier Seiten findet sich all das, was das Privatfernsehen liebt: Ein Koitus, ein abgehackter Kopf, dann tritt die sicherlich attraktive Hauptperson Kyra auf. In diesem Fall eine engagierte Journalistin, die nicht mehr im Feuilleton arbeiten wollte.
AA: Sehr sympatisch ...
F: ... findet das unser Rezensent.
M2: ... der im Feuilleton sein Geld verdient.
M1: Als Gegner der Dorn wartet Wolfgang Schreiber mit "Kein Job für eine Dame", soeben erschienen als Haffmans-Krimi 117. Kein spektakuläres Buch: aber immerhin eines, das versucht, aus männlicher Sicht dem Trend zur weiblichen Privatdetektivin zu frönen: Wie Ingeborg Bachmann sich früher einen Mann zum Helden wählte, schreibt Wolfgang Schreiber über eine Ermittlerin: Die Münchner Privatdetektivin Claudia Caspary muß für ein Verbrechen als Mittel zum Zweck dienen.
AA: Das hat was.
F: Thea Dorn hingegen, die immer schon einen Hang zu etwas zu drastischen Situationen hatte, läßt in ihrem neuesten Krimi, der es bei Rotbuch sogar in die Hardcover-Reihe geschafft hat, die Köpfe gleich vierteldutzendweise rollen. Sie widmet sich mit der ihr eigenen philosophischen Genauigkeit diesmal der Frage,
M2: ... ob es weibliche Serienkiller geben kann.
AA: Und ... kann es?
M2: sie versucht ihre lesbische Journalistin als Identifikationsfigur zu verkaufen.
AA: Und ... geht das?
M2: Und kann weiterhin fantastisch schreiben.
M1: Aber - und das zeigt der Vergleich mit dem handwerklich korrekt, aber etwas uninpiriert erzählenden Wolfgang Schreiber ... es schadet einem Krimi nicht unbedingt, wenn nicht jede Faser seiner Geschichte ganz anders oder extremer ist als in allen Krimis zuvor.
F: Und wer - lieber Rezensent - gewinnt den Kampf Thea Dorn gegen Wolfgang Schreiber. Rotbuch gegen Haffmans, Frau gegen Mann?
AA: Thea Dorn kann besser schreiben, einem aber auch auf die Nerven gehen. Wolfgang Schreiber kann keines von beidem und ist der bessere Krimi.
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Und damit kommen wir zur Gegenüberstellung in der Klasse AH, alte Herren: Nominiert sind der hierzulande nicht so richtig bekannte John D. Mac Donald,
M1: Lebensdaten 1916 bis 1982, Amerikaner, veröffentlichte circa 70 Krimis. Die meisten davon in seiner Travis McGee Serie, die jetzt bei Rotbuch neu übersetzt und neu aufgelegt werden sollen.
M2: Als seine Herausforderin schickt der Scherz-Verlag die Romane von Agatha Christie in ambitionierten Neuübersetzungen ins Rennen.
* Zuspielung: Le Hammond Inferno, (Track 2) darüber nach 22" *
AA: Krimis sind die Wiederkehr des Ewig Gleichen.
M1: Herr Rezensent, seien sie ruhig, bis Sie gefragt werden.
F: Agatha Christie, nicht gerade ein alter Herr, aber doch - wie man so schön sagt, eine der großen alten Damen des Kriminalromans: Lebensdaten 1890 bis 1976, 73 Kriminalromane, eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen aller Zeiten, im Zweitberuf an der Seite ihres Ehemanns Archäologin.
M2: 1943 brachte der Scherz-Verlag sein erstes Taschenbuch heraus. Autorin war Agatha Christie. Seitdem dürfte dieser Verlag einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Umsatzes allein mit dieser Autorin gemacht haben. So mögen es weniger künstlerische Erwägungen gewesen sein, die den Verlag veranlaßt haben, Neuübersetzungen der Romane in Auftrag zu geben. Nur Neuerscheinungen gelangen in die Regale der Buchläden.
F: Trotzdem bleibt es verdienstvoll, daß Scherz entweder namhafte Übersetzerinnen - wie Sabine Roth - mit dem Unternehmen betraut hat, oder junge Autorenkolleginnen - wie Regula Venske für die Übersetzungen engagiert hat.
M1. Darf der Gegener auch etwas sagen?
AA. Bitte!
M1: John D Mac Donald ist - ähnlich wie Agatha Christie - eher ein Vertreter jener altmodischen Krimigattung, die aus immer ähnlichem Handlungsmuster immer wieder erstaunliche Effekte gewinnen konnte. Im Fall von Mac Donald ist dies nicht Hercule Poirot oder Miss Marple, sondern der Privatermittler Travis McGee. Mc Gee lebt in Miami auf seinem Hausboot, hat keine Lust zu arbeiten und läßt sich immer wieder von plötzlich auftauchenden Schönheiten zu unkontrollierten Ermittlungsarbeiten hinreißen.
AA: Ein etwas eintöniges Konzept, scheint mir.
* Ende der Musik *
M1: ... und damit man auch merkt, daß alle Bücher etwas ähnlich sind, tragen alle Travis McGee Bücher eine Regenbogenfarbe im Titel.
M2: "Abschied in Dunkelblau" heißt der erste Band der John D Mac Donald Neuübersetzungen, die der Rotbuch Verlag jetzt gestartet hat: Beglückend einfach geschrieben, keine Kinkerlitzchen, harte Männer, schöne Frauen, beide manchmal auch betrunken. Ein Buch, so wie man sich in den sechziger Jahren gehobenen Schund vorgestellt hat.
AA: Gibts auch Handlung?
M2: Travis McGee soll das vom skrupellosen Liebhaber gestohlene Erbe einer Tänzerin zurückgewinnen.
F: Interessant. Bei Agatha Christie hingegen ...
M2: ... lasen Sie mich raten: die Handlung spielt auf dem Land?
F: Natürlich!
M2: Es gibt anonyme Briefe?
F: Klar.
M2: Ein Mord ... wahrscheinlich mit Zyankaly?
F: Woher wissen Sie das?
M2: Der Detektiv heißt Hercule Poirot?
F: Falsch. Hier ist Miss Marple dabei, aber nur so am Rand ... zumindest in dem Buch "Schattenhand", das Agatha Christie für eines ihrer drei schönsten und zeitlosesten Bücher hielt.
M2: Aber ansonsten ist alles wie immer?
F: Wie meinen Sie das?
M2: Naja ... so altmodisch.
F: Natürlich ... und es gibt Zeiten, wo das plötzlich wieder wunderbar ist.
M1: Wir rufen unseren Rezensenten ...
* Zuspielung: Le Hammond Inferno, (Track 2 später ca. bei 3') *
M1: ... bitte entscheiden Sie zwischen Agatha Christie, "Die Schattenhand", in Neuübersetzung wieder einmal erschienen im Scherz-Verlag und John D: Mac Donald, der bei Rotbuch in Neuübersetzung jetzt ebenfalls groß herauskommen soll.
AA: Ich weiß nicht recht.
M1: Entscheiden Sie sich Herr Rezensent. Das ist Ihr Job.
AA: Dann die Christie - Sollte man mal wieder lesen und zwar ...
F: ... weil sie nicht mehr aktuell ist. Sie ist spannungsmäßig nicht mehr auf der Höhe der Zeit, wird aber dafür mittlerweile schon fast zur Literatur.
M1: Danke. Das reicht. Herr Cassius Clay, wen würden Sie empfehlen?
* Zuspielung mit hartem Schnitt: Cassius Clay Track 10 nach 33" darüber *
F: Cassius Clay, der König aller Boxringe und damit der Unterwelt sprach zu uns von der bei Sony erschienenen Spoken-Word-CD "I am the Greatest".
AA:: Zum Schluß noch etwas von allem ...
F: von alledem, das in dieser Krimikolumne fehlt:
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, bleibt unter den Texten stehen *
M2: Einiges davon findet sich im Internet unter der Adresse: "www.ufobuch.de". Robert Schekulin hat dort unter Titeln wie
M1: "Roberts Krimitagebuch" "Angelesen, halb gelesen, ganz gelesen" und "Ungelesen, immer noch ungelesen, überhaupt nie gelesen."
M2: einige äußerst erfrischende Kolumnen zum Thema Krimi-Neuerscheinungen eingerichtet. Hier finden sich kurze, informative und obendrein subjektive und deshalb ideologisch korrekte Kritiken zu Neuerscheinungen des Krimi-Genres - und zwar zu den richtigen!
M1: Zur Zeit findet sich dort unter anderem eine Rezension von Jerome Charyns bei Rotbuch erschienenem Band "Maria". Zitat www.ufobuch.de:
M2: "gegen Charyn Isaac Sidel-Romane wirkt sehr vieles, was in der heutigen kriminal-Literatur - überhaupt in der Literatur - - nur plump."
AA: Ganz meine Meinung.
M2: Weiters empfielt Kollege Schekulin auch den etwas ungeschlachten, aber gerade deshalb äußerst sympathischen Tschonnie-Tschenett-Roman "Der Tote im Fels" des Südtirolers Kurt Lanthaler, der soeben bei Diogenes erschienen ist.
AA: Ganz meine Meinung.
M1: Ok, das reicht. Genug Krimis.
F: Aber falls Sie anderer Meinung sein sollten als unser Rezensent, gilt auch diesmal wieder:
* Zuspielung des akustischen Sketches wie jedesmal *
Agatha Christie, Die Schattenhand, Scherz
Cassius Clay, I am the Greatest!, Sony Music Entertainment
Michael Dibdin, Cosi fan tutte, Goldmann Taschenbuch 2120 ders., Schwarzer Trüffel, Goldmann
Thea Dorn, Die Hirnkönigin, Rotbuch
Anja Kemmerzell / Else Laudan (Hg.), Das Wort zum Mord - Wie schreibe ich einen Krimi? Argument/Ariadne
Kurt Lanthaler, Der Tote im Fels, Diogenes detebe 23230
Donna Leon, Nobilita, Diogenes
Henning Mankell, Die falsche Fährte, Zsolnay
John D Mac Donald, Abschied in Dunkelblau, Rotbuch Krimi
Robert J. Randisi (Hg.), Krimis schreiben , zweitausendeins
Wolfgang Schweiger, Kein Job für eine Dame, Haffmanns- Kriminalroman 117
Robert Schekulin, Roberts Krimitagebuch, www.ufobuch.de
* Musik: Hitchcock, Music to be murdered by (Track 18); ab 0'45" (gekürzt); nach 1'45" darüber *
M1: Oje ... diese Musik ... ist es schon wieder so weit ... das klingt nach Krimi-Kolumne.
AA: Richtig.
M2: ... und hört, hört, da ist auch unser Rezensent.
AA: Guten Tag ... und bitte!
F: Die letzte Krimikolumne des Jahrtausends ... heute mit so vielen und so guten Krimis wie noch nie in den langen Jahren ihres Bestehens. So viel Schlachten war nie ...
M1: ... und immer noch neigt unser Rezensent zu Übertreibungen.
M2: Und immer noch treibt er gerne mit uns Sprechersklaven seine Spielchen. Heute: Die Krimis im direkten Vergleich. Autor gegen Autor, Kommissar gegen Kommissar ... und es kann nur einen Sieger geben. Runde für Runde. Heute gut ein Dutzend Krimis im Crash-Test. Buch gegen Buch. Schnitt gegen Rücken. Heute mit dem Gastkommentator Cassius Clay.
* Zuspielung mit hartem Schnitt: Cassius Clay Track 9 nach 21" darüber *
AA: Danke Herr Clay, aber jetzt gehts los.
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
AA: Erste Runde. Superschwergewicht.
F: Wir beginnen in den Bestsellerlisten. Nach langen Jahren des Darbens, in denen sich jedes Tagebuch eines grönländischen Sonnenstudiobesitzers besser verkaufte als ein Krimi, haben die Morde es wieder geschafft, Umsatzrekorde zu erzielen.
M1: Allerdings nur, wenn die Autorin eine in Venedig lebende Amerikanerin oder der Autor ein in Mosambik lebender Schwede ist.
F: Und deshalb lautet der erste große - nicht mehr ganz aktuelle, aber umso publikumswirksamere - Vergleichstest: Donna Leon, die venezianische Amerikanerin gegen Henning Mankell, den mozambikischen Schweden. Es beginnt: die süße Donna, in der von Ihnen gehört - linken Ecke -
M2: Donna Leon, Nobilita, erschienen im Diogenes Verlag,
F: und rechts:
M1: Hennig Mankell, Die falsche Fährte, erschienen im Zsolnay-Verlag.
F: Der Kampf der Megaseller beginnt:
* Zuspielung: Cassius Clay Track 2 darüber *
AA: Bitte einen Moment Ruhe, Herr Clay.
M2: Donna Leon, dreihundert und eine Seite
M1: Henning Mankell, 492 Seiten, der Punkt geht an mich.
* Eingecuttert: Cassius Clay Track 2 (nur der Gong) *
M2: Donna Leon ist die Sekretärin ihres Erfolges geworden. Beflügelt von ihren Auflagenzahlen liefert sie jedes Jahr einen ihrer ziemlich netten Comissario Brunetti-Krimis ab. "Nobilita" trägt im Untertitel den Vermerk "siebter Fall". Der siebte Fall ist wieder etwas besser als der sechste war, immer noch ganz nett, aber leider nur noch das. Wie seine Autorin bewegt sich Brunetti inzwischen in höheren venezianischen Kreisen. Seine berühmte Autorin wird vor der venezianischen Kulisse ihrer Krimis gerne und ausführlich zu ihrem Kommissar interviewt. Sie sagt dann immer wieder, wie sehr sie Venedig liebe und wie normal das Leben ihres Comissario sei ...
AA: ... schön und irgendwie originell.
F: Bitte Ruhe im Publikum!
M2: Und weil alles so schön und erfolgreich ist, bleibt alles beim alten, nur daß die Autorin inzwischen kaum mehr Phantasie für ihre Fälle aufbringt ... alles ist voller Verschwörer und Brunetti kommt immer wieder heim zu seiner Familie ...
M1: Während aber die Konstanz der Figur damals (bei Brunettis Vorbild Maigret) von Roman zu Roman beglückender wirkte, macht sich bei der Leon inzwischen - zumindest nach Meinung unseres Rezensenten -
AA: Hier bin ich gefragt!
M1: ... etwas Ermüdung breit.
AA: Richtig.
M1: Inzwischen wirkt Brunetti so konstruiert wie jene soap-opera,die auf Mallorca spielt. -
M2: Dem Erfolg tuts keinen Abbruch.
* Eingecuttert: Cassius Clay Track 2 "I'm the greatest!" *
AA: Jetzt kommt der Herausforderer:
M1: Auch Henning Mankell hat Erfolg: Sein Krimi "Die fünfte Frau" wurde im letzten Jahr mit dem "Deutschen Krimipreis" ausgezeichnet und trat danach einen Siegeszug durch die Bestsellerlisten an. Der Nachfolgeband "Die falsche Fährte" war der dritte Krimi Mankells, aber der vierte hierzulande erschienene
AA: Kapier ich nicht.
M1. Egal. Rezensenten kapieren nie etwas. Mankell schreibt über einen Serientäter.
M2: ... nicht gerade ein sonderlich orginelles Sujet, ...
M1: Aber ihn möchte man nicht zu seinen schwedischen oder sonstigen Schauplätzen folgen. Zu unheimlich und detailgenau werden seine Fälle vor dem Leser buchstäblich "ausgebreitet".
M2 Ein richtiger Schmöker.
M1: Aber was für einer. Spannend an "Die falsche Fährte" ist vor allem, daß der Leser den Mörder von Anfang an kennt. Auch Kommissar und Serienkiller kennen sich, sind einmal gar zusammen essen und sind sich nicht einmal unsymphatisch ... und trotzdem ...
AA: Halt, halt, meine Herren, meine Entscheidung ist bereits gefallen:
F: Die Entscheidung zwischen Donna Leons "Nobilita", erschienen bei Diogenes und Henning Mankells "Die falsche Fährte", erschienen bei Zsolnay fällt -
AA: ... durch technisches KO der Leon in der siebenten Runde. Mankell ist derzeit der Meister aller Klassen.
F: Der nächste Herausforderer,
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Die britische Variante und das intellektuelle Gegenstück zu Donna Leon ist Michael Dibdin. Seine - ebenfalls in Italien spielenden - Romane um den Ermittler Aurelio Zen sind völlig unverdientermaßen bisher nur zaghaft in die Bestsellerlisten vorgedrungen.
F: Als Hardcover bei Goldmann erschienen ist - mir zur Rechten-
M1: "Schwarze Trüffel", eine Geschichte in der Aurelio Zen unter verstockten Piemontern einen Mord zwischen Trüffelsuchern und unter Weinbauern ermitteln muß.
F: Mir zur linken, ein Taschenbuch aus dem selben Verlag vom selben Autor:
* Blende auf "Cosi fan tutte" (nach dem folgenden Text wieder ausblenden & immer bei den markierten Stellen wieder "hochziehen") *
M2: "Cosi fan Tutti" ist der Vorgänger dieses Romans. Eine äußerst merkwürdige Geschichte, in der eben derselbe Aurelio Zen in der Zollbehörde von Neapel aushelfen muß.
F: Beide Romane sind zur Zeit im Handel.
M1: Obwohl Verlag, Autor und Hauptperson der beiden Bücher identisch sind, mögen kaum je zwei unterschiedlichere Bücher erschienen sein. Während "Schwarzer Trüffel" eine düstere, dichte und obendrein exzelent Recherchierte Krimihandlung liefert,
* Blende auf "Cosi fan tutte" (nach dem folgenden Take wieder ausblenden ) *
M2: ... ist "Cosi fan tutti" ein absurder Schelmenroman, der angelehnt an Mozarts Oper ein munteres Verwechslungsspiel inszeniert, in dem am Ende nicht einmal mehr die Verwandtschaftsbeziehungen noch das sind, was sie lange waren. "Cosi fan tutti" nimmt sich die Krimihandlung nur noch als Vorwand, um einen richtiggehend absurden Roman zu schreiben.
AA: Sag ichs doch immer
M1: Sagt dazu unser Rezensent, dessen tiefste Überzeugung es ist, daß in Kriminalromanen die wahren erzählerischen Experimente stattfinden.
M2: Ist aber nur seine persönliche Meinung.
M1: Um so merkwürdiger ist, daß Dibdin, - nachdem er in "Cosi fan tutti" das Genre und seine Hauptfigur so ziemlich demontiert hatte, nun mit "Schwarzer Trüffel" erneut einen klassischen Krimi vorgelegt hat. Denn anders als Donna Leon gestattet Michael Dibdin es sich nicht, den gleichen einmal erfolgreichen Roman immer wieder zu schreiben.
* Blende auf "Cosi fan tutte" (nach dem folgenden Take wieder ausblenden ) *
F: Unser Rezensent meint zum Showdown zwischen den beiden Aurelio Zen-Romanen "Cosi fan tutti" und "Schwarze Trüffel" von Michael Dibdin, beide bei Goldmann erschienen.
AA: Einer ist besser als der andere.
M1: Aber sollte ein Rezensent seinen Hörern nicht Kaufentscheidungen an die Hand geben?
AA. Eben: Die Empfehlung lautet: Alles kaufen, wo Dibdin draufsteht.
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
F: Wir fahren fort: Jetzt im Ring: Das Duell der Trainer. Bei 2001 ist soeben das Handbuch "Krimis schreiben" erschienen ... sie hören es in der rechten Ecke.
M1: "Krimis schreiben", herausgegeben von Robert J. Randisi, ist eine Veröffentlichung der "Private Eye Writers of America". Schon dadurch stellt es sich atmosphärisch in eine Reihe mit all jenen Büchern, in denen ein amerikanischer Drehbuchautor dem Rest der unwissenden Welt erzählt, wie man ein handwerklich korrektes Drehbuch für einen amerikanischen Film schreibt.
F. Links von mir, der deutsche Herausforderer:
M2: "Das Wort zum Mord" oder "Wie schreibe ich einen Krimi?" aus dem Hause Argument/Ariadne stammt von Anja Kemmerzell und der Ariadne-Geschäftsführerin Else Laudan. Dieses Buch kommt aus Deutschland und ist auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten. Wohingegen bei meinem amerikanischen Konkurrenten ...
M1: ... sich die bekannteren Autoren finden. Die allerdings geben Ratschläge, wie man sich einen guten Agenten angelt, und daß man zur Recherche historischer Stoffe auch ruhig mal ein Antiquariat besuchen soll.
M2: Ratschläge, die für den amerikanischen Krimimarkt zutreffen mögen und dort wichtig sind ... im deutschen Leitfaden finden sich für den angehenden Krimi-Autoren hingegen praktische Schreibübungen und Anregungen über den zu vereinbarenden Verlagsvorschuß, sowie Informationen, welcher deutsche Krimi-Verlag welche Art und oder viele Krimis pro Jahr herausbringt.
AA: Praktisch. Würde ich Krimis schreiben wollen, würde ich den deutschen Leitfaden empfehlen.
F: Unter dem Strich jedoch bleibt die Erkenntnis, daß sich Produktivität nicht lehren läßt und deshalb Raymond Chandlers Ratschlag:
M1: "Wenn du nicht mehr weiter weißt, mußt du einen Kerl mit einer Kanone durch die Tür kommen lassen."
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Die Tür geht auf; herein kommt Thea Dorn, vor einigen Jahren der Shooting-Star unter den deutschen Krimi-Autorinnen. Unter dem Arm ihr bei Rotbuch neu erschienener Thriller "Die Hirnkönigin".
F: Die Dorn kommt gerne schnell zur Sache. Schon auf den ersten vier Seiten findet sich all das, was das Privatfernsehen liebt: Ein Koitus, ein abgehackter Kopf, dann tritt die sicherlich attraktive Hauptperson Kyra auf. In diesem Fall eine engagierte Journalistin, die nicht mehr im Feuilleton arbeiten wollte.
AA: Sehr sympatisch ...
F: ... findet das unser Rezensent.
M2: ... der im Feuilleton sein Geld verdient.
M1: Als Gegner der Dorn wartet Wolfgang Schreiber mit "Kein Job für eine Dame", soeben erschienen als Haffmans-Krimi 117. Kein spektakuläres Buch: aber immerhin eines, das versucht, aus männlicher Sicht dem Trend zur weiblichen Privatdetektivin zu frönen: Wie Ingeborg Bachmann sich früher einen Mann zum Helden wählte, schreibt Wolfgang Schreiber über eine Ermittlerin: Die Münchner Privatdetektivin Claudia Caspary muß für ein Verbrechen als Mittel zum Zweck dienen.
AA: Das hat was.
F: Thea Dorn hingegen, die immer schon einen Hang zu etwas zu drastischen Situationen hatte, läßt in ihrem neuesten Krimi, der es bei Rotbuch sogar in die Hardcover-Reihe geschafft hat, die Köpfe gleich vierteldutzendweise rollen. Sie widmet sich mit der ihr eigenen philosophischen Genauigkeit diesmal der Frage,
M2: ... ob es weibliche Serienkiller geben kann.
AA: Und ... kann es?
M2: sie versucht ihre lesbische Journalistin als Identifikationsfigur zu verkaufen.
AA: Und ... geht das?
M2: Und kann weiterhin fantastisch schreiben.
M1: Aber - und das zeigt der Vergleich mit dem handwerklich korrekt, aber etwas uninpiriert erzählenden Wolfgang Schreiber ... es schadet einem Krimi nicht unbedingt, wenn nicht jede Faser seiner Geschichte ganz anders oder extremer ist als in allen Krimis zuvor.
F: Und wer - lieber Rezensent - gewinnt den Kampf Thea Dorn gegen Wolfgang Schreiber. Rotbuch gegen Haffmans, Frau gegen Mann?
AA: Thea Dorn kann besser schreiben, einem aber auch auf die Nerven gehen. Wolfgang Schreiber kann keines von beidem und ist der bessere Krimi.
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Und damit kommen wir zur Gegenüberstellung in der Klasse AH, alte Herren: Nominiert sind der hierzulande nicht so richtig bekannte John D. Mac Donald,
M1: Lebensdaten 1916 bis 1982, Amerikaner, veröffentlichte circa 70 Krimis. Die meisten davon in seiner Travis McGee Serie, die jetzt bei Rotbuch neu übersetzt und neu aufgelegt werden sollen.
M2: Als seine Herausforderin schickt der Scherz-Verlag die Romane von Agatha Christie in ambitionierten Neuübersetzungen ins Rennen.
* Zuspielung: Le Hammond Inferno, (Track 2) darüber nach 22" *
AA: Krimis sind die Wiederkehr des Ewig Gleichen.
M1: Herr Rezensent, seien sie ruhig, bis Sie gefragt werden.
F: Agatha Christie, nicht gerade ein alter Herr, aber doch - wie man so schön sagt, eine der großen alten Damen des Kriminalromans: Lebensdaten 1890 bis 1976, 73 Kriminalromane, eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen aller Zeiten, im Zweitberuf an der Seite ihres Ehemanns Archäologin.
M2: 1943 brachte der Scherz-Verlag sein erstes Taschenbuch heraus. Autorin war Agatha Christie. Seitdem dürfte dieser Verlag einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Umsatzes allein mit dieser Autorin gemacht haben. So mögen es weniger künstlerische Erwägungen gewesen sein, die den Verlag veranlaßt haben, Neuübersetzungen der Romane in Auftrag zu geben. Nur Neuerscheinungen gelangen in die Regale der Buchläden.
F: Trotzdem bleibt es verdienstvoll, daß Scherz entweder namhafte Übersetzerinnen - wie Sabine Roth - mit dem Unternehmen betraut hat, oder junge Autorenkolleginnen - wie Regula Venske für die Übersetzungen engagiert hat.
M1. Darf der Gegener auch etwas sagen?
AA. Bitte!
M1: John D Mac Donald ist - ähnlich wie Agatha Christie - eher ein Vertreter jener altmodischen Krimigattung, die aus immer ähnlichem Handlungsmuster immer wieder erstaunliche Effekte gewinnen konnte. Im Fall von Mac Donald ist dies nicht Hercule Poirot oder Miss Marple, sondern der Privatermittler Travis McGee. Mc Gee lebt in Miami auf seinem Hausboot, hat keine Lust zu arbeiten und läßt sich immer wieder von plötzlich auftauchenden Schönheiten zu unkontrollierten Ermittlungsarbeiten hinreißen.
AA: Ein etwas eintöniges Konzept, scheint mir.
* Ende der Musik *
M1: ... und damit man auch merkt, daß alle Bücher etwas ähnlich sind, tragen alle Travis McGee Bücher eine Regenbogenfarbe im Titel.
M2: "Abschied in Dunkelblau" heißt der erste Band der John D Mac Donald Neuübersetzungen, die der Rotbuch Verlag jetzt gestartet hat: Beglückend einfach geschrieben, keine Kinkerlitzchen, harte Männer, schöne Frauen, beide manchmal auch betrunken. Ein Buch, so wie man sich in den sechziger Jahren gehobenen Schund vorgestellt hat.
AA: Gibts auch Handlung?
M2: Travis McGee soll das vom skrupellosen Liebhaber gestohlene Erbe einer Tänzerin zurückgewinnen.
F: Interessant. Bei Agatha Christie hingegen ...
M2: ... lasen Sie mich raten: die Handlung spielt auf dem Land?
F: Natürlich!
M2: Es gibt anonyme Briefe?
F: Klar.
M2: Ein Mord ... wahrscheinlich mit Zyankaly?
F: Woher wissen Sie das?
M2: Der Detektiv heißt Hercule Poirot?
F: Falsch. Hier ist Miss Marple dabei, aber nur so am Rand ... zumindest in dem Buch "Schattenhand", das Agatha Christie für eines ihrer drei schönsten und zeitlosesten Bücher hielt.
M2: Aber ansonsten ist alles wie immer?
F: Wie meinen Sie das?
M2: Naja ... so altmodisch.
F: Natürlich ... und es gibt Zeiten, wo das plötzlich wieder wunderbar ist.
M1: Wir rufen unseren Rezensenten ...
* Zuspielung: Le Hammond Inferno, (Track 2 später ca. bei 3') *
M1: ... bitte entscheiden Sie zwischen Agatha Christie, "Die Schattenhand", in Neuübersetzung wieder einmal erschienen im Scherz-Verlag und John D: Mac Donald, der bei Rotbuch in Neuübersetzung jetzt ebenfalls groß herauskommen soll.
AA: Ich weiß nicht recht.
M1: Entscheiden Sie sich Herr Rezensent. Das ist Ihr Job.
AA: Dann die Christie - Sollte man mal wieder lesen und zwar ...
F: ... weil sie nicht mehr aktuell ist. Sie ist spannungsmäßig nicht mehr auf der Höhe der Zeit, wird aber dafür mittlerweile schon fast zur Literatur.
M1: Danke. Das reicht. Herr Cassius Clay, wen würden Sie empfehlen?
* Zuspielung mit hartem Schnitt: Cassius Clay Track 10 nach 33" darüber *
F: Cassius Clay, der König aller Boxringe und damit der Unterwelt sprach zu uns von der bei Sony erschienenen Spoken-Word-CD "I am the Greatest".
AA:: Zum Schluß noch etwas von allem ...
F: von alledem, das in dieser Krimikolumne fehlt:
* Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, bleibt unter den Texten stehen *
M2: Einiges davon findet sich im Internet unter der Adresse: "www.ufobuch.de". Robert Schekulin hat dort unter Titeln wie
M1: "Roberts Krimitagebuch" "Angelesen, halb gelesen, ganz gelesen" und "Ungelesen, immer noch ungelesen, überhaupt nie gelesen."
M2: einige äußerst erfrischende Kolumnen zum Thema Krimi-Neuerscheinungen eingerichtet. Hier finden sich kurze, informative und obendrein subjektive und deshalb ideologisch korrekte Kritiken zu Neuerscheinungen des Krimi-Genres - und zwar zu den richtigen!
M1: Zur Zeit findet sich dort unter anderem eine Rezension von Jerome Charyns bei Rotbuch erschienenem Band "Maria". Zitat www.ufobuch.de:
M2: "gegen Charyn Isaac Sidel-Romane wirkt sehr vieles, was in der heutigen kriminal-Literatur - überhaupt in der Literatur - - nur plump."
AA: Ganz meine Meinung.
M2: Weiters empfielt Kollege Schekulin auch den etwas ungeschlachten, aber gerade deshalb äußerst sympathischen Tschonnie-Tschenett-Roman "Der Tote im Fels" des Südtirolers Kurt Lanthaler, der soeben bei Diogenes erschienen ist.
AA: Ganz meine Meinung.
M1: Ok, das reicht. Genug Krimis.
F: Aber falls Sie anderer Meinung sein sollten als unser Rezensent, gilt auch diesmal wieder:
* Zuspielung des akustischen Sketches wie jedesmal *