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Kritik an Bundeswehr-Kampagne
"Humor ist etwas anderes"

Mit dem Slogan "Gas, Wasser, Schießen" wirbt die Bundeswehr um Handwerker. Helmut Bramann, Geschäftsführer beim Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima, kritisiert die Kampagne: Ein Staatsbetrieb sollte der Wirtschaft keine Fachkräfte abwerben, sondern selber ausbilden, sagte er im Dlf.

Helmut Bramann im Gespräch mit Manfred Götzke | 25.06.2019
Deutschland, Baden-Württemberg, Stuttgart, 06.06.2019: Mit der Plakat-Kampagne "Gas, Wasser, Schießen" sucht die Bundeswehr gezielt Experten aus dem Bereich SHK Sanitär Heizung Klima.
Mit der Kampagne "Gas, Wasser, Schießen" sucht die Bundeswehr gezielt nach Handwerkern. (imago / Arnulf Hettrich)
Manfred Götzke: Gas, Wasser – Sie wissen schon. So wird ja manchmal nicht gerade wertschätzend über den Beruf des Installateurs aka Klempner geredet. Das weiß auch die Bundeswehr beziehungsweise die Leute, die die hippen Werbekampagnen für die Truppe liefern. Ja, und weil auch die Bundeswehr Fachkräftemangel hat und Handwerker sucht hat sie sich den Slogan "Gas, Wasser, Schießen" ausgedacht – entsprechende Plakate hängen zurzeit bundesweit an Bushaltestellen. Was sagen die Installateure selbst zu der Kampagne? Helmut Bramann ist Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima. "Gas, Wasser, Schießen" – ist das auch Ihr Humor?
Helmut Bramann: Ich würde das nicht als Humor bezeichnen. Es ist vielleicht der Versuch, witzig und vor allem aufmerksamkeitsheischend rüberzukommen. Aber Humor ist was anderes. Humor ist, wenn man positiv über was lachen kann, und das können viele der Betroffenen, die da angesprochen werden sollen, glaube ich, darüber nicht.
"Techniker hat die Bundeswehr früher selbst ausgebildet"
Götzke: Was heißt das? Also was halten Sie von der Kampagne?
Bramann: Ich verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, wie man so was mit so einem Slogan machen kann. Das hat verschiedene Gründe: Das eine ist natürlich, dass der schon aus historischen Gründen ja teilweise kritisiert wird – Sie sehen ja, was in den sozialen Netzwerken los ist – dass man damit auch nicht die Fachleute anspricht, die man eigentlich haben will, denn die fühlen sich damit nur sehr schlecht abg eholt. Es geht letztendlich um die Gebäudetechniker, die rund um das Gebäude den gesamten Bereich – Heizung, Klima, Lüftung, jetzt gerade auch mit Klimaanlagen, wenn Sie jetzt gerade die Hitzeperiode sehen – bedienen. Das sind ausgebildete Techniker, die hat früher die Bundeswehr im Übrigen selbst ausgebildet, und zwar gut ausgebildet. Und das gehört sich eigentlich auch für einen Staatsbetrieb so, dass er eigentlich nicht versucht, die Wirtschaft zu schädigen, sondern eher versucht, selber seine Bedürfnisse auch mit auszubilden, das heißt also, da als Vorbild agiert.
Götzke: Das eine ist, was Sie ja gerade auch schon angedeutet haben, dass da ein Berufsstand durch den Kakao gezogen wird aus Ihrer Sicht. Das andere sind ja diese Abwerbeversuche. Da sagen Sie, das ist unfair?
Bramann: Also unfair deswegen, weil es sich um einen staatlichen Betrieb handelt, der an der gleichen Stelle – eben der Staat, der ist ja wirklich an oberster Stelle angebunden, die Bundeswehr – nichts dafür tut, dass die Ausbildung an der Stelle überhaupt läuft. Es gibt anders als beispielsweise bei akademischen Berufsausbildungen für die handwerkliche Berufsausbildung überhaupt keine Unterstützung, das macht die Wirtschaft selber, das machen die Handwerksunternehmen selber – mit einer sehr hohen Quote im Übrigen. Das, was sie kriegen können, das nehmen sie in der aktuellen Zeit, es bleiben sehr viele Stellen unbesetzt. Wir haben Auftragszeiten, die es uns nicht erlauben, bei jedem Kunden ad hoc aufzuschlagen, was ja auch schon mal in der Presse war, und dann wird so eine Situation noch erschwert dadurch, dass man eben auf eigene Ausbildungen verzichtet und meint, man holt sich dann was mit solchen Slogans vom Markt. Das halte ich durchaus für unfair, ja.
"Wir haben fast 70.000 unbesetzte Stellen"
Götzke: Wie massiv ist denn der Azubi- und Fachkräftemangel in Ihrem Bereich, also bei den Installateuren und Gebäudetechnikern?
Bramann: Sicherlich nicht so massiv, weil es ein attraktives Berufsbild ist, aber eben keins, was sich "Gas, Wasser, Schießen" oder eben das andere Sch-Wort überhaupt nennen würde. Es geht ja um die Gebäudetechnik, das ist hoch qualifiziert, das ist das drittattraktivste Berufsbild im gesamten Handwerk. Das heißt, wir steigern noch die Ausbildungszahlen derzeit, aber insgesamt haben wir fast 70.000 unbesetzte Stellen insgesamt, und das ist natürlich im Handwerk und das ist natürlich immer noch massiv. Man kann da nicht von reden, dass wir gut dastehen, sondern es könnte viel mehr eingestellt werden und damit auch natürlich Umsatz generiert werden. Das ist schon eine Umsatzbremse letztendlich am Ende.
Götzke Ist denn die Bundeswehr ein ernsthafter Konkurrent um Fachkräfte auch für Ihre Betriebe, haben Sie da wirklich Sorge?
Bramann: Nein, das würde ich nicht so sehen. Ich sehe das auch eher gelassen an der Stelle, aber doch mit erheblichem Unverständnis. Und ich sag trotzdem auch, es ist unfair, es bleibt auch unfair, wenn man die staatlichen Zusammenhänge sieht. Aber ein ernsthaftes Problem ergibt sich da natürlich nicht, zumal wir auch eine eigene Kampagne fahren, die – das wissen wir auch, weil wir das auch reviewen regelmäßig – sehr gut ankommt und die ja auch dazu beiträgt, dass der Beruf an sich im Vergleich in einer älter werdenden Gesellschaft bei den Jugendlichen sehr gut ankommt und im Vergleich eben auch sehr attraktiv erscheint.
"Begeisterung soll rüberkommen"
Götzke: Wie werben Sie um Fachkräfte?
Bramann: Wir haben eine eigene Kampagne. Also einerseits gibt es eine Dachkampagne im Zentralverband des Deutschen Handwerks, bei der wir stark präsent sind. Aber wir haben auch eine eigene Kampagne, die nennt sich "Zeit zu starten", mit der wir diese Berufsbilder konkret vorstellen und natürlich auch in die sozialen Medien reingehen, wo die Jugendlichen sich eben auch besprechen. Und das auch mit YouTube-Videos, also in den modernen Wegen, mit Influencern auch teilweise, weil wir auch jugendlichen Nachwuchs haben, der oft da begabt ist und der dann eben, vom Jugendlichen zum Jugendlichen erklärt, um was es geht. Da wird ein Tag vorgestellt, und eben auch die Begeisterung soll rüberkommen. Und so ein Slogan eigentlich, da habe ich wenig Bedenken, weil so ein pauschaler Slogan ist eigentlich, wenn man es ernst nimmt, eine Katastrophe für den Werbenden.
Götzke: Vor einigen Wochen hat das Bundeskabinett die Mindestausbildungsvergütung beschlossen. Könnte das für das Handwerk auch bedeuten, dass es für junge Leute attraktiver, interessanter wird, eine solche Ausbildung zu starten?
Bramann: Das mag partiell so ein, wobei ich grundsätzlich sagen kann, auch gerade für unseren Bereich, uns tangiert das überhaupt nicht, weil wir wesentlich darüber bezahlen. Das tun wir, die Betriebe, auch gern. Wir haben Tarifabschlüsse in den einzelnen Regionen mit den jeweiligen Gewerkschaftsvertretern, und wir liegen überall über dieser Mindestausbildungsvergütung, und zwar maßgeblich. Insofern tangiert uns das gar nicht. Vom Prinzip her, wenn Sie mich danach fragen, halte ich natürlich so ein Regulativ, was auch wieder die soziale Marktwirtschaft ausbremst und umgeht, nicht für gut, aber tangieren tut es uns nicht.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.