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Kritik an neuem Ethikkodex
FIFA will Whistleblower abschrecken

Die Kritik am neuen Ethikkodex der FIFA reißt nicht ab. Darin wird Korruption nicht mehr als Straftatbestand aufgeführt. Auch Miguel Maduro, ehemaliger Governance-Chef der Fifa, greift den Verband und Präsident Gianni Infantino scharf an. Die FIFA wolle mögliche Gegner mundtot machen.

Von Thomas Kistner | 16.08.2018
    FIFA-Zentrale in Zürich
    Der neue Ethikkodex der FIFA sorgt weltweit für Irritationen. (imago sportfotodienst)
    Der Fußball-Weltverband gerät wegen der Änderungen am eigenen Ethikcode immer stärker in die Kritik. Miguel Maduro, bis 2017 Governance-Chef der Fifa, sieht seinen Verdacht bestätigt, dass die Fifa unfähig zu Reformen sei. Der frühere Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof erklärt, er habe nach all den Korruptionsaffären nie erwartet, dass die Fifa ihren Ethikcode "unterminieren statt stärken" würde.
    Maduro war von Fifa-Boss Gianni Infantino aus dem Amt manövriert worden, nachdem er den als Doping-Organisator verdächtigten russischen Sportminister Vitaly Mutko nicht zur Wahl in den Fifa-Vorstand zuließ.
    "Verleumderische Aussagen zu Fifa-Personen" unter Strafe
    International kritisiert wird bereits, dass die Fifa unter der umstrittenen kolumbianischen Chefermittlerin Maria Claudia Rojas für Korruptionsdelikte eine zehnjährige Verjährungsfrist eingeführt hat. Nun weist Maduro darauf hin, dass die korruptionsverdächtigen WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 bereits 2010 erfolgt sind.
    Etwaige Bestechungsgeschäfte dürften vorher erfolgt sein und fielen nun also in Kürze unter die Verjährung. Zugleich lenkt der Topjurist das Augenmerk auf neue Verleumdungs-Regeln, die es Whistleblowern künftig massiv erschweren, Korruptionsverdachtsfälle anzuzeigen.
    Ab sofort werden "verleumderische Aussagen zu Fifa-Personen" nicht nur mit Sperren bestraft, sondern auch mit erheblichen Geldstrafen von "mindestens 10.000 Schweizer Franken". Maduro sieht darin eine massive Abschreckung für interne Hinweisgeber.
    Keine Meldepflicht mehr für Geschenke an FIFA-Funktionäre
    Noch an anderer Stelle habe die Fifa ihre Anti-Korruptions-Regeln stark gelockert. Bisher musste jeder Versuch der Annahme oder Übergabe eines Geschenkes, das symbolische Werte übersteigt, gemeldet werden. Doch im überarbeiteten Code ist die Meldepflicht zu verdächtigen Geschenken verschwunden.
    Da zugleich das Whistleblowertum mit hohen Risiken verknüpft wurde, erscheinen üppige Gaben im Fifa-Umfeld de facto kaum noch risikobehaftet. Denn dass sich Fußballfunktionäre selbst anzeigen, ist auch künftig nicht zu erwarten.
    All dies gehe genau in die falsche Richtung, rügt Maduro. Die Entwicklung entlarve die Fifa-Führung als "ein politisches Kartell", dem die Ansprüche von Öffentlichkeit und sogar der Sponsoren egal seien.