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Kritik an umweltschädlichen Subventionen wächst

Im Oktober 2010 beschlossen die Vertragsstaaten der UN-Naturschutzkonferenz, bis 2020 umweltschädliche Fördermittel im Agrar- und Fischereibereich, in der Energie- und Forstwirtschaft zurückzufahren. Nur: konsequent umsetzen will das keiner so recht – auch nicht in Deutschland.

Von Daniela Siebert | 22.11.2011
    Agrarsubventionen, Förderung der Fischerei, Steuerbegünstigungen für produzierendes Gewerbe, Diesel und Flugbenzin, Unterstützung für Straßenbau, Braunkohle und Steinkohle: Lang ist die Liste der Subventionen, die Umweltschützer für falsch halten, Gelder, die falsche Anreize setzen. Dabei geht es allein im Bundeshaushalt um sehr viel Geld, bestätigt Jochen Flasbarth, der Präsident des Umweltbundesamtes.

    "Das Umweltbundesamt untersucht in regelmäßigen Abständen die in Deutschland getätigten umweltschädlichen Subventionen. Das waren für das Jahr 2008 – das sind die letzten konkret verfügbaren Daten – immerhin 48 Milliarden Euro, die ganz überwiegend in den Bereichen der Energieprivilegierung, also der Energiesteuersubventionierung stattfinden, aber auch im Verkehrssektor, im Bausektor findet das statt."

    In diesen Berechnungen sind die europäischen Agrarsubventionen und Fördermittel der Länder und Kommunen noch gar nicht enthalten. Helmut Röscheisen, Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, ist vor allem über das Thema Biodiversität auf die umweltschädlichen Förderprogramme aufmerksam geworden und nennt den Fischfang als Fallbeispiel:

    "Die Folgewirkungen dieser Fischerei-Subventionen sind immens. Die führen dazu, dass die Fischerei-Flotte zweieinhalb mal so groß ist, wie es sein dürfte, um zu keiner Überfischung zu führen."

    Solche Gelder könnte man durchaus so abbauen oder umleiten, dass es der Umwelt gut tut, der Wirtschaft aber nicht schadet, ist Helmut Röscheisen überzeugt.

    "Mit dem Geld könnten Sie ganz viel anderes machen, im Agrarbereich umsteuern zu einer nachhaltigen tier- und umweltgerechten Produktion, dann wäre ein Vorteil für die Gesamtgesellschaft da, nicht nur für wenige Nutznießer."

    Ein paar Schritte in die richtige Richtung gibt es schon, bilanziert Sven-Christian Kindler, Bundestagsabgeordneter der Grünen.

    "Dass Schwarz-Gelb eine Ticket-Tax eingeführt hat im Flugverkehr und auch dass Ausnahmen bei der Ökosteuer abgeschafft wurden, da haben wir massiven Druck auf die Koalition ausgeübt, aber das ist natürlich deutlich zu wenig und da gibt es großen Spielraum, den man jetzt nutzen muss auch für die nächsten Haushalte."

    Doch auch seine To-Do-Liste ist noch deutlich länger:

    "Wir wollen die Subventionen beim Dienstwagenprivileg für schwere Spritschlucker reduzieren, in Höhe von mindestens 3,5 Milliarden Euro, wir wollen Subventionen bei der Atomenergie zurückführen -zum Beispiel in der Erhöhung der Brennelementesteuer - und wir wollen auch Mitnahme-Effekte und Ausnahmen bei der Öko-Steuer zurückführen, in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro."

    Große Hoffnungen, dass sich in diesem Sinne mit der jetzigen Bundesregierung etwas erreichen lässt, hat er nicht. Auch Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring setzt eher auf die Europäische Union. Die EU-Kommission habe bereits vor Monaten eine "Road Map" entwickelt, wie man umweltschädliche Subventionen abbauen kann. Allerdings:

    "Nun ist es so, dass da auch Gegenkräfte aufgekommen sind, etwa der Agrarkommissar, und inzwischen ist es so, dass diese Road Map gestoppt ist."

    Die Umweltverbände hoffen jetzt auf das Europäische Parlament. Denn eine Studie in dessen Auftrag hat gerade erneut bestätigt, wie wichtig ein Subventionsabbau für den Schutz der Umwelt ist.