Umsetzung der Energiewende
Kritik des Bundesrechnungshofs an Regierung löst Diskussionen aus

Die kritischen Einschätzungen des Bundesrechnungshofs zur Umsetzung der Energiewende durch die Bundesregierung sorgen weiter für Diskussionen. Die Finanzkontrolleure hatten einen Sonderbericht vorgelegt. In dem werden die Maßnahmen von SPD, Grünen und FDP als ungenügend bewertet. Die Stromversorgung in Deutschland sei gefährdet, hieß es.

    Baustelle einer neuen Windenergieanlage in Nordrhein-Westfalen
    Bau neuer Windenergieanlagen (picture alliance / Jochen Tack / Jochen Tack)
    Der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Kurse, forderte Bundeswirtschaftsminister Habeck zum Handeln auf. Er erwarte von dem Grünen-Politiker Maßnahmen zur Senkung der Stromkosten aus Erneuerbaren Energien. Was der Minister unter anderem mit seinem geplanten Solarpaket vorlege, mache Strom teurer. Vertreter von SPD und Grünen hatten sich dafür ausgesprochen, einen Grundstock an Produktionskapazitäten der Solarindustrie in Deutschland zu halten und dafür einen "Resilienzbonus" zu zahlen.
    Die Energieexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, hält die Kritik des Bundesrechnungshofs indes für überzogen. Im Deutschlandfunk sagte sie, die Bundesregierung habe sehr viele Dinge richtig auf den Weg gebracht. An der einen oder anderen Stelle hapere es noch, doch insgesamt gehe es in die richtige Richtung. Das von der Bundesregierung angepeilte Ziel, bis 2030 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 80 Prozent zu erreichen, sei möglich.
    Kemfert kritisierte die Forderung des Bundesrechnungshofs, vermehrt Gaskraftwerke zu bauen. Diese seien teuer und würden den Strompreis in die Höhe treiben. Durch den vermehrten Bau von Wind- und Solarkraftwerken würde die Energieerzeugung dagegen effizienter. Langfristig dürfte sich das ihrer Ansicht nach auch in einem sinkenden Strompreis niederschlagen. Aktuell habe sie den Eindruck, die Kritiker würden Investitionen mit Kosten verwechseln.

    Habeck mit scharfer Zurückweisung des Berichts

    Habeck hatte schon gestern scharfe Kritik an dem Bericht geübt. Der Bundeswirtschaftsminister warf dem Bundesrechnungshof eine "erstaunliche Wahrnehmung" vor, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun habe. Man könne nicht sagen, die Bundesregierung tue nicht genug, um die Energieversorgung zu sichern, die Preise herunter zu bringen und den CO2-Ausstoß zu reduzieren.
    Habeck, der derzeit in den USA ist, verwies auf Fortschritte beim Netzausbau und auf die sinkenden Strompreise. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien habe zudem Fahrt aufgenommen. Die Bundesregierung setze gerade das um, was jahrzehntelang von den früheren Bundesregierungen verstolpert worden sei.
    Unterstützung erhielt Habeck vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Bei allen berechtigten Anmerkungen zu einzelnen Punkten schieße der Bundesrechnungshof mit seiner "Generalkritik" über das Ziel hinaus, teilte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, die frühere Grünen-Politikerin Andrae, mit.

    Union spricht von "verheerendem Zeugnis" für die Bundesregierung

    Der klima- und energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jung, indes sprach von einem "verheerenden Zeugnis" der Behörde für die Bundesregierung. Er forderte auf Instagram, ein "Weiter-so" dürfe es nicht geben. Bei Habeck müssten "alle Alarmglocken schrillen". Unions-Fraktionsvize Spahn sagte der "Bild", wenn die Ampel so weitermache, werde die Energiewende zur Energiekrise. Die Kosten müssten endlich runter. Jede verfügbare Klima-Technologie müsse genutzt werden.

    Was der Bundesrechnungshof kritisiert

    In seinem gestern vorgestellten Sonderbericht zur Energiewende in der Stromversorgung kritisiert der Bundesrechnungshof den schleppenden Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Stromnetze sowie den mangelnden Aufbau zusätzlicher Erzeugungskapazitäten für den Bedarfsfall. Im vergangenen Jahr habe die Bundesnetzagentur etwa lediglich die Hälfte der für 2023 vorgesehenen Leistung für Windenergieanlagen an Land per Ausschreibung vergeben können. Das nicht vergebene Ausschreibungsvolumen von 6,46 Gigawatt entspreche der Leistung von vier bis sechs Braunkohle- oder Kernkraftwerken.
    Darüber hinaus heißt es, die Strompreise in Deutschland gehörten zu den höchsten in der EU. Dem Bundeswirtschaftsministerium wird in diesem Kontext vorgehalten, bei der Darstellung der Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien die für den Ausbau notwendigen Investitionskosten nicht zu berücksichtigen.

    Präsident Scheller: Sichere Strom-Versorgung ist gefährdet

    Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Scheller, führte aus, die sichere Versorgung sei gefährdet. Zudem könne die Bundesregierung die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten, betonte der einst langjährige Direktor der Bundestagsfraktion von CDU und CSU. Zudem fehle eine Überwachung, die die Folgen der Energiewende für Flächen, Artenvielfalt und andere Umweltschäden im Blick behalte.

    Wer ist der Bundesrechnungshof

    Der Bundesrechnungshof mit Hauptsitz in Bonn überprüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. In regelmäßigen Berichten und Sonderberichten wird der Bundestag über die Verwendung und Verschwendung von Steuergeldern informiert.
    Es handelt sich um eine unabhängige Behörde. Sie ist nur dem Gesetz unterworfen. Das Grundgesetz legt in Artikel 114 fest, dass die Mitglieder des Bundesrechnungshofs richterliche Unabhängigkeit besitzen.
    Diese Nachricht wurde am 08.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.