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Gewalt in Schwimmbädern
Kritik und Forderung nach mehr Richtern nach Linnemanns Schnellverfahren-Vorstoß

Die Forderung des designierten CDU-Generalsekretärs Linnemann nach juristischen Schnellverfahren für Gewalttäter in Freibädern stößt auf ein geteiltes Echo. Die Linke-Kovorsitzende Wissler sprach im ARD-Fernsehen von "blankem Populismus". Ein solches Vorgehen sei mit rechtsstaatlichen Verfahren nicht zu vereinbaren.

    Berlin: Das Sommerbad Neukölln am Columbiadamm wurde am Mittwochabend von Polizisten geräumt. Erneut ist es in einem Berliner Freibad zu einem Polizeieinsatz wegen einer Auseinandersetzung gekommen.
    Ausgelöst hatten die Debatte mehrere Polizeieinsätze in Berliner Freibädern - wie hier im Sommerbad Neukölln. (Andreas Rabenstein/dpa)
    Ähnlich äußerte sich die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Eichwede. Sie sagte der Zeitung "Die Welt", ob beschleunigte Verfahren anwendbar seien, könne nicht nach politischem Willen eines CDU-Generalsekretärs beurteilt werden, sondern müsse im Einzelfall durch ein Gericht entschieden werden. Es werde kaum jede Straftat im Freibad geeignet sein, einen Antrag auf ein beschleunigtes Verfahren zu stellen.

    Forderung nach mehr Richtern

    Auch der Deutsche Richterbund reagierte skeptisch auf Linnemanns Forderung: Es sei zwar richtig, dass eine Strafe der Tat möglichst auf dem Fuße folgen müsse, sagte der Geschäftsführer des Richterbundes, Rebehn. Dazu sei es aber auch nötig, die Justiz personell besser auszustatten.
    Der Grünen-Kovorsitzende Nouripour sagte im ZDF, die Christdemokraten regierten in der Hauptstadt inzwischen mit. Daher hoffe er, dass auch schnellstmöglich Richter eingestellt werden, um schnelle Verfahren zu ermöglichen. Was man in bestimmten Freibädern gerade erlebe, sei indiskutabel und brauche eine harte, klare Antwort. Zugleich betonte Nouripour, ebenso wichtig seien Prävention und Sozialarbeit.

    Schnellverfahren schwer umsetzbar

    Linnemann hatte erklärt, wer mittags im Freibad Menschen angreife, müsse noch am selben Abend vor dem Richter sitzen. Er plädierte also für Schnellverfahren. Die Strafprozessordnung gebe das her, sagte der CDU-Politiker in der "Bild am Sonntag". Er forderte zudem, das Strafmaß voll auszuschöpfen, bis hin zu Haftstrafen.
    Juristische Schnellverfahren - wie von Linnemann gefordert - sind laut Strafprozessordnung möglich, aber schwer umsetzbar. Das Gesetz erlaubt es der Staatsanwaltschaft, einen Antrag auf eine Entscheidung im beschleunigten Verfahren stellen, wenn die Sache zur sofortigen Verhandlung geeignet ist, zum Beispiel bei klarer Beweislage. Ein solches Schnellgericht darf Beschuldigte zu maximal einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilen.
    Allerdings ist die Justiz gerade in Berlin bereits jetzt überlastet. So musste beispielsweise die dortige Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte aller Geldwäscheverfahren einstellen.
    Diese Nachricht wurde am 17.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.