Und zwar hat die öffentliche Entwicklungshilfe Deutschlands im internationalen Vergleich 2003 eine deutliche Steigerung erfahren, doch handelt es sich hierbei nicht um tatsächlich bewilligtes zusätzliches Geld. Der Hauptgrund für den nominalen Anstieg der ODA auf knapp 6,7 Milliarden im Jahr 2003 liegt in dem gegenüber den US-Dollar sprunghaft angestiegenen Euro-Kurs. Würde man die Preise und Wechselkurse des Jahres 2002 zugrunde legen, wäre der Anstieg deutlich niedriger.
Es ist also allein der starke Euro, der die in US-Dollar gerechneten Entwicklungshilfegelder ansteigen lässt, und nicht etwa der Umstand, dass die Bundesregierung großzügiger geworden wäre. Dies aber ist, so sagen die Hilfsorganisationen, dringend notwendig, um ein Ziel der internationalen Politik zu erfüllen: Die Halbierung der Zahl der absolut Armen bis zum Jahr 2015. 0,28 Prozent, das ist der Anteil öffentlicher Entwicklungshilfeausgaben am Bruttonationaleinkommen in Deutschland, damit sind wir von dem Ziel, auf das man sich in der EU geeinigt hat, von 0,33 Prozent bis 2006, ein gehöriges Stück entfernt:
Wir fordern die Bundesregierung und den Bundestag deshalb auf, umgehend die notwendigen Schritte einzuleiten, um durch die Bereitstellung tatsächlich zusätzlicher Mittel das 0,33-Prozent-Ziel bis zum Jahre 2006 doch noch einzuhalten. Und dies sehen wir als Zwischenziel auf dem Wege zur Erreichung von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe. Nach wie vor halten wir an dieser Zielstellung, wie sie im Rahmen der UN vereinbart worden ist, fest.
Mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit, das ist also der Appell der Hilfsorganisationen an die Bundesregierung. Wichtig ist aber auch, wofür dieses Geld verwendet wird. Es wird schon seit einigen Jahren beklagt, dass immer mehr Mittel aus den Entwicklungshilfe-Töpfen abgezweigt werden, um den Anti-Terror-Kampf zu führen, dass also Geld ausgegeben wird, das eigentlich den Verteidigungsetats zur Last fallen sollte und nun bei zivilen Projekten fehlt. Der Kampf gegen den Terror gehe zu Lasten der armen Länder, auch weil seit dem 11. September 2001 solche Länder bei der Mittelvergabe bevorzugt werden, die als Frontstaaten gelten, auch wenn andere die Hilfe viel nötiger hätten. Hans-Joachim Preuß, der Generalsekretär der Welthungerhilfe, kritisiert deshalb die schleichende Militarisierung der Entwicklungshilfe:
Wir meinen, dass eine dauerhafte friedliche Entwicklung einen hohen und langfristigen nicht-militärischer Mittel erfordert. Die Entwicklungshilfe ist im Vergleich zum Verteidigungshaushalt ein Zwerg. Mit 24 Milliarden Euro beträgt das Volumen des Verteidigungshaushaltes das Sechseinhalbfache des Entwicklungsbudgets. Das ist in der Bundesrepublik der Fall. Aber auch weltweit geht der Trend in die umgekehrte Richtung, die Rüstungsausgaben stiegen auf einen Wert von 956 Milliarden Dollar, das ist das 16fache der von der OECD geleisteten Entwicklungshilfe.
Eigentlich hatten die Zusagen der deutschen Politiker nach den Terroranschlägen des Jahres 2001 gar nicht so pessimistisch für die Entwicklungshilfe geklungen: Der Bundeskanzler persönlich hatte zugesagt, den Terror auch und gerade mit zivilen Mitteln zu bekämpfen, das Resultat jedoch, so hieß es, sei unbefriedigend:
Von den schnell mobilisierten anderthalb Milliarden Euro für das Anti-Terror-Programm der Bundesregierung erhielt allein die Bundeswehr die Hälfte. Auswärtiges Amt und Entwicklungsministerium mussten sich 200 Millionen Euro teilen. Doch selbst diese wenigen Mittel sind mittlerweile versiegt und die Spur der Anti-Terror-Mittel verliert sich im Haushalt des Ressorts.
Ein weiteres Anliegen ist den Hilfsorganisationen die strikte Trennung von militärischer Hilfe und ziviler Hilfe in den Entwicklungsländern. Immer häufiger fehle da die nötige Trennschärfe, um Soldaten von humanitären Helfern zu unterscheiden. Um effektiv Entwicklungshilfe zu leisten, die auch von der Bevölkerung akzeptiert wird, ist es demnach nötig, dies auf zivile Art und Weise zu tun, damit Helfer nicht mit Militärs verwechselt und so selbst zur Zielscheibe von Angriffen werden.