Köhler: Man hört Ihnen die Kränkung an. Sie haben sehr viel Herzblut investiert, auch schon vor der Eröffnung des Hauses sich quasi damit identifiziert. Wenden Sie sich ab - ich sage es mal ein bisschen pathetisch - weil Sie sich zu wenig anerkannt - ja, ich wage es mal zu fragen - ungeliebt fühlen?
Vogt: Zu wenig anerkannt würde ich nicht sagen, weil wir eine große Anerkennung haben, ein breite Anerkennung, die Bevölkerung steht voll hinter uns und viele, viele Besucher unseres Hauses. Wir hatten große Erfolge. Ich fühle mich wirklich allein gelassen durch die SPD, die an mich herangetreten war seiner Zeit und mich darum gebeten hatte, hier mitzuarbeiten, das Projekt nach vorne zu bringen. Und wenn diese SPD heute, wenn wir Probleme haben, nicht zu mir steht, dann bin ich alleine und alleine kann ich dieses Projekt nicht schaffen und das habe ich mehrfach geäußert, noch am Sonntag auf einer Rede im Konzerthaus im Beisein des Oberbürgermeisters und man hat wieder nur auf Durchzug geschaltet, nicht verstanden, dass ich Hilfe brauche und meine Hilfeschreie hat man nicht hören wollen.
Köhler: Dass man an herausgehobener Stelle einer Kulturinstitution nicht nur mit Lorbeeren beworfen wird, sondern gelegentlich auch mit einem Eimer kaltem Wasser, zählt auch zum Geschäft. Sie sind kein Quereinsteiger, das kann man nicht sagen. Sie sind einerseits Unternehmer, beschäftigen sehr viele Menschen verantwortungsvoll. Ökonomischen Sachunverstand kann man eigentlich da zwingend nicht draus ableiten. Handelt es sich um so eine Art Mobbing? Suchte man Grund, Sie los zu werden? Oder ist "nur" die fehlende Million schuld?
Vogt: Nein, ich glaube schon, ich weiß nicht, ob man das jetzt Mobbing nennen sollte, auf jeden Fall gibt es so Äußerungen in der Fraktion der SPD: "Ein Jahr Frau Schneckenburger und dann sind wir den Vogt endlich los".
Köhler: Das ist die Grüne Aufpasserin, oder Geschäftsführerin an Ihrer Seite?
Vogt: Richtig, das ist die neue grüne Aufsichtsratsvorsitzende, die in der Sachlage und vor allen Dingen in der Entscheidung überhaupt keine Rolle gespielt hat. Ich wiederhole es noch einmal: Es ist das Verhalten der SPD. Und man darf auch eines nicht vergessen: Ich habe einen Vertrag bis zum 30.6.2006 und es ist der Wille des Gesellschafters gewesen, also der Stadt Dortmund, dort einen weiteren Passus einzutragen in meinen Vertrag, der da sagt, wenn dieser Vertrag nicht bis zum 30.6.2004, also letzten Sommer, verlängert worden ist, dann gilt er als beendet. Und es hat niemand mit mir im Sommer über eine Vertragsverlängerung gesprochen.
Köhler: Waren die Erwartungen zu hoch? Ich meine, 70 Prozent Auslastung ist für Dortmund - und Sie werden entschuldigen, das soll nicht hochnäsig klingen - doch schon sehr ordentlich. Man spielt doch nicht letztlich in der Klasse wie München oder Philharmonie Köln oder Oper Frankfurt oder ähnliches. 70 Prozent sind doch eigentlich sehr ordentlich. Sind die Dortmunder lokalen Kulturpolitiker kunst- und herzlose Rechner?
Vogt: Das ist schwierig zu beurteilen. Das Problem ist, wir haben ursprünglich die 85 Prozent in unserem Betriebskonzept angesetzt.
Köhler: War die Erwartung zu hoch?
Vogt: Ich habe ganz bewusst auf Seite 62 geschrieben, dass wir in den ersten drei Jahren höchstens von 70 Prozent ausgehen dürfen. Da das Haus ja noch nie existiert hat und wir uns erst ein Publikum aufbauen müssen. Und diesen Hinweis hat keiner ernst genommen.
Köhler: Andere Intendanten drohen mit Abgang, um vom Senat oder Kulturdezernenten mehr Geld zu bekommen. Sie gehen gleich. Würden Sie sich den Vorwurf gefallen lassen - und Sie erlauben mir, dass ich Sie mal ärgere - ungeduldig zu sein, oder aus der Erfahrung als Unternehmer heraus vielleicht sogar herrisch zu sein?
Vogt: Nein, ich glaube, dass ich nicht herrisch bin. Das werden die, die mit mir gearbeitet haben oder noch arbeiten auch bestätigen. Ungeduldig, glaube ich, bin ich auch nicht. Wenn Sie seit September permanent, vor allen Dingen auch durch den Gesellschafter hier vorgeführt werden, Prüfungsaufträge an meinem Wissen vorbei an Wirtschaftsprüfer erstellt werden, das sind Dinge, die kann ich einfach nicht so akzeptieren
Köhler: Ulrich Andreas Vogt zu Gründen seines vorzeitigen Rücktrittes vom Intendanten des Konzerthauses Dortmund.