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Kroatien
Streit um Kyrillisch auf Amtstafeln in Vukovar

Die Gegner kyrillischer Amtstafeln in Vukovar wollen die vermeintlich serbische Schrift aus Pietätsgründen gegenüber kroatischen Opfern in der Stadt verbieten. Die Befürworter kontern: Die serbische Schrift habe niemanden getötet. Eine emotionale Debatte in einer Symbolstadt.

Von Karla Engelhard |
    Vukovar ist keine gewöhnliche kroatische Kleinstadt - Vukovar ist Heldenstadt, für Viele ein kroatisches Stalingrad. 1991 wurde sie in einem Bürgerkrieg von der jugoslawischen Armee belagert und schließlich zerstört, Tausende Menschen kamen dabei um. Kurz zuvor hatten die Kroaten ihre Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt. Gut 20 Jahre später ist Vukovar wieder aufgebaut und Kroatien in der Europäischen Union - ein Land mit einer Verfassung und die verlangt, dass Schilder an Behördengebäuden nicht nur in lateinisch-kroatischer, sondern auch in serbischer-kyrillischer Schrift hängen sollen – zumindest überall dort, wo Serben mehr als ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Nicht nur kroatische Nationalisten laufen dagegen Sturm. Die 25-jährige Kroatin Wanja ist Studentin, ihr Vater fiel im Bürgerkrieg, da war sie gerade fünf:
    "Wir haben in Kroatien Orte, wo die kyrillische Schrift ohne Probleme gleichwertig verwendet wird. Aber Vukovar ist Symbol des großen Leidens und ein Symbol des kroatischen Befreiungskampfes. Und wie man in Auschwitz die deutsche Hymne nicht spielen kann, nicht weil das Lied Schuld am Massenmord wäre, sondern aus Pietät und Verbeugung vor den Opfern, so hat auch die kyrillische Schrift keinen Platz in Vukovar."
    Die sozialdemokratische Regierung in Zagreb will an der kyrillische Schrift festhalten. Deswegen wollen kroatische Kriegsveteranen Vertreter dieser Regierung in diesem Jahr nicht zum Gedenkmarsch in Vukovar sehen. Der junge Kroate Djuro meint:
    "Ich kenne viele Serben, denen die kyrillische Schrift nichts bedeutet, und die nur in Frieden mit Kroaten leben wollen, aber unsere kroatische Regierung versucht in Zusammenarbeit mit einigen großserbischen Politikern in Kroatien ihre eigene Unfähigkeit und Inkompetenz hinter Provokationen zu verbergen. Diese Regierung stiftet Hass."
    Nach der Volkszählung 2011 wurde es offiziell. Mehr als ein Drittel der Bewohner von Vukovar sind noch Serben. Srdjan Milakovic ist Vizebürgermeister von Vukovar und gehört der selbstständigen demokratischen serbischen Partei angehört, er meint zum Streit um die Schrift auf Behördenschildern:
    "Kyrillisch ist nicht nur eine serbische Schrift. Die Schrift hat niemanden getötet und konnte niemanden töten. Ich erlaube nicht, dass den Angehörigen des serbischen Volkes und der serbischen Gemeinschaft die Kollektivschuld aufgedrängt wird, weder in Vukovar noch sonst wo in Kroatien…."
    Derzeit werden Unterschriften in Vukovar gesammelt, um mit einer Petition den Gebrauch der kyrillischen Schrift in der Heldenstadt zu verhindern. Die Studentin Wanja hat schon unterschrieben:
    „Mein Vater ist im Bürgerkrieg gefallen, durch Serben. Trotzdem habe ich serbische Freunde. Ich unterscheide Menschen nicht nach Nationalität oder Zugehörigkeit, sondern ob sie gut und aufrichtig sind, ob sie zu mir passen und ob wir Freunde sein können. Ich glaube, dass die Mehrheit meiner Generation, die wie ich Mitte 20 ist, denkt genauso.“
    Außerdem hat die Stadt Vukovar ganz andere Probleme, noch immer ist gerade die Jugendarbeitslosigkeit hoch und wer kann, geht weg.