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Kroatische Krawatten als Imageträger

Kroatien hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Jetzt sucht das jüngste EU-Land nach Wegen, sein Image aufzupolieren. Die Krawatte könnte helfen, ist sie doch eine kroatische Erfindung aus dem 17. Jahrhundert.

Von Ralf Borchard | 16.07.2013
    Die Oktogon-Passage ist die wohl schönste Einkaufspassage Zagrebs. Und direkt unter der achteckigen Jugendstil-Glaskuppel liegt der Eingang zum bekanntesten Krawatten-Geschäft.

    "Die Geschichte der Krawatte beginnt in Kroatien und ist eigentlich eine Liebesgeschichte", betont Geschäftsführer Rijad Jakupovic. "Schon vor Jahrhunderten war es kroatische Tradition, dass junge Frauen ihren künftigen Ehemännern Halstücher umbanden", erzählt er, "als Zeichen der Verbundenheit, als eine Art Verlobungsring, vor allem, bevor sie in den Krieg zogen. Kroatische Soldaten, die im 17. Jahrhundert während des 30-jährigen Kriegs als Söldner in Frankreich dienten, brachten die geknoteten Tücher nach Paris. Vor allem der modebewusste Sonnenkönig Ludwig XIV. fand der Legende nach solchen Gefallen an den kroatischen Tüchern, dass er sie selbst zu tragen begann – als Vorläufer der Krawatte, die sich über die Jahrhunderte bis zur heutigen Form entwickelte."

    Jakupovic hat in den USA studiert und ist besonders stolz, dass auch der prominenteste Käufer seiner Marke ‚Croata‘ aus Amerika kommt:

    "Barack Obama, Donald Trump oder der Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, sie alle waren alle hier und haben unsere Produkte gekauft. Und das sind nur einige aus einer langen Liste prominenter Namen. Aber bisher sind wir nur bei Insidern bekannt. Der EU-Beitritt ist eine große Chance. Wir hoffen, dass wir die kroatische Krawatte auch im Rest Europas auf breiter Ebene bekannt machen."

    Dass Kroatien solche Produkte als Imageträger gut brauchen kann, sagt auch der Politikwissenschaftler Bozo Skoko. Seine Universität in Zagreb hat eine Studie in mehreren EU-Ländern durchgeführt. Ergebnis: Kroatien wird mit der Adriaküste fast ausschließlich als Urlaubsziel wahrgenommen:

    "Alle anderen Bereiche – Wissenschaft, Kultur, weitere Exportartikel – sind im Bewusstsein der meisten Europäer nicht vorhanden", sagt Skoko. "Das ist auch ein Versäumnis unserer Politiker. Sie haben vor dem EU-Beitritt kaum positiv für Kroatien geworben. Ständig ist nur von schlechten Wirtschaftsdaten wie der hohen Arbeitslosenrate die Rede. Da braucht man sich nicht wundern, dass Kroatien als Ganzes kaum wahrgenommen wird."

    Krawatten der Marke ‚Croata‘ haben allerdings ihren Preis: von umgerechnet 60 bis 500 Euro, ein handgefertigtes Einzelstück kann auch bis 1500 Euro kosten. Dieser Kunde sucht gerade die ‚Krawatte seines Lebens‘, wie er meint:

    "Wir haben unsere Hochzeit in zwei Wochen", sagt er und lächelt seiner Verlobten zu. "Den Anzug habe ich woanders gekauft, Hemd und Krawatte müssen aus diesem Laden kommen."

    Geschäftsführer Rijad Jakupovic bedauert es übrigens besonders, dass Angela Merkel nicht zur EU-Beitrittsfeier gekommen ist. Allzu gerne hätte er ihr ein Damen-Seidenhalstuch angeboten - auch das ist hier im Sortiment.

    "Naja, immerhin hat Merkel einen Zagreb-Besuch nach der Bundestagswahl versprochen. Und ganz sicher", meint Jakupovic, "kann sie auch dann noch etwas zu ihren Hosenanzügen Passendes finden."