Mit erneuter Jugendkraft
Steht der unbezwungene Fels,
Und der fürchterliche Fels der Felsen...
Der Felsen hatte eine lange Tradition, Phönizier, Griechen, Römer, Vandalen, Westgoten, Mauren und Spanier hatten ihn besiedelt und befestigt. 1704, im spanischen Erbfolgekrieg zog eine englische Flotte vor Gibraltar auf und eroberte ihn im Handstreich.
Der Utrechter Friede sprach 1713 zwar Gibraltar England zu, aber immer wieder wurde es von spanischen und französischen Truppen angegriffen. Die längste Belagerung erlitt der Felsen von 1779 bis 1782. Siegreicher Verteidiger war General Georg August Elliot, den eine deutsche Gedenkschrift aus dem Jahre 1783 lobt:
Und du, mächtiges Heer am Gestade! Und du dräuender Mastenwald Galliens und Hispaniens!
Vergebens - sie landen die Britten! Sie landen!
Bis heute erinnern die schweren Kanonen und Befestigungs- und Tunnelanlagen an die heroische Zeit der Kronkolonie.
Seit wenigen Monaten landen sogar die Direktflüge aus der spanischen Hauptstadt Madrid. Die Beziehungen zwischen Spanien und Gibraltar haben sich normalisiert, auch wenn der spanische Steward Tonaufnahmen ausdrücklich verbietetverbietet allerdings streng die Tonaufnahme.
Die Start- und Landebahn reicht von einem Strand zum nächsten und der Flughafen trennt auch das spanische "La Linea" von Gibraltar, jeder Besucher des Felsens steht erst einmal vor der Piste erzählt der deutsche Fotograf Jürgen Daum:.
" Weil an der Grenze war eine Riesenautoschlange. Deswegen bin ich zu Fuß nach Gibraltar und kam dann nach diesen Grenzhäuschen ist erst so eine Schranke und wenn ein Flieger kommt ist die unten und dann geht die hoch und dann läuft man über die Landebahn."
Zeit in aller Ruhe das 426 Meter hohe Felsmassiv, den "peñon" zu bewundern. Gerade einmal 6,5 Quadratkilometer groß ist der Felsen und das Umland. Die Ostseite ist ausgesprochen steil, während es zum Westen sanfter zur Stadt und zum Hafen hin abfällt.
Oben auf dem Felsen leben seine ältesten Bewohner und seine berühmteste Attraktion: Die einzigen frei lebenden Affen Europas. Ihre eigentliche Heimat sind die Bergwälder Nordafrikas, wo sie auch heute noch in größeren Beständen vorkommen.
" Na ja, die Affen haben mich erst einmal überrascht. Ich wusste zwar, dass da Affen sind, aber ich bin dann auf diesen Felsen hoch gelaufen und schau mich so um und auf einmal höre ich so ein Geräusch hinter mir und zack war da so ein Affe."
Der Bestand der Berberaffen auf Gibraltar umfasst derzeit ungefähr 70 Tiere.
"Die lausen sich gegenseitig oder schauen nur, es gibt nur Warnschilder, man soll ihnen nicht zu nahe kommen, weil sie können auch schlechte Laune bekommen."
Sie haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt, von denen sich die eine in einem schwer zugänglichen Gebiet hoch oben in den Felsen aufhält, während die anderen sich den Touristen auch teilweise ganz dreist nähern, sobald etwas zu essen gibt, sich aber sonst nicht weiter von ihnen beeinflussen lassen.
Steht man hinter der Grenze vor dem Felsen geht es zur Rechten geht es zum Hafen und in die Stadt, zur Linken an die Strände auf der Ostseite, Eastern Beach, Catalan Bay und Sandy Bay. Kleine Sandstrände, vereinzelte Hotels und Ferienwohnungen. Im Dörfchen selber eine kleine Marienkapelle. Die freie Ausübung des römisch katholischen Kultes war bereits 1713 im Vertrag von Utrecht vereinbart worden.
Hinter den letzten kleinen Sandstrand ist die Strasse um den Felsen plötzlich gesperrt. Mülldeponie und die alten Trinkwasseranlagen zählen immer noch als militärische Geheimnisse. Aus dem Felsen heraus kommt ein eiskalter Luftzug und erst auf den zweiten Blick bemerkt man einen abgesperrten Tunnel, der den ganzen Felsen durchquert, von der West- zur Ostseite. Der Felsen ist von unterirdischen Tunneln und unterirdischen Befestigungsanlagen durchzogen. Die Geschichte Gibraltars ist auch die eines ständigen Ausnahmezustandes erzählt der deutsche Kolonialhistoriker Nikolaus Böttcher:
" Das wichtige ist allerdings, dass mit Gibraltar die Engländer immer wieder die Spanier unter Druck setzen konnten die Spanier haben ja über mehrere Jahrhunderte versucht ihr Kolonialreich durch Monopolgesetzgebung abzuschotten und genau durch diese vereinzelten neuralgischern Punkte, wie etwa Gibraltar auf der europäischen Seite oder aber die kleine Insel Trinidad auf der südamerikanischen Seite ist es gelungen, immer wieder dieses Monopolsystem aufzubrechen und diesen legalen Handel zu infiltrieren, diese Infiltration und Unterwanderung des Monopolhandels hat dann letztendlich auch dazu beigetragen, dass dieses ganze System, der Monarchie und der Monopolgesetzgebung zusammengebrochen ist und dann tatsächlich auch zur Unabhängigkeit Amerikas geführt hat."
Die Briten bauten Gibraltar nicht nur zu einem ihrer wichtigsten Militärstützpunkte aus, als Zollfreigebiet entwickelte die Kolonie zum bedeutsamen Knotenpunkt für die zivile Handels Schifffahrt. Genuesen und Juden, Malteser, Portugiesen, Marokkaner und Spanier ließen sich im 18. und 19. Jahrhundert neben den Briten nieder und trugen alle zu einem florierenden legalen und illegalen Handel bei.
" Als einen Hafen, der eigentlich nur bevölkert wurde von einer zwielichtigen Bevölkerung, zum größten Teil bestehend aus Piraten, aus Schmugglern und aus einer Mischung dazwischen, die zeitgenössisch bezeichnet wurde als so genannte "merchand adventures", also einer Mischung aus Kaufleuten und Abenteurern, weil der Kaufmann zu dieser Zeit eigentlich gleichzeitig immer Kaufmann, aber eben auch Schmuggler und Pirat war. "
Gibraltar gehörte zum Spanienbild der Reisenden des 19. Jahrhunderts wie Granada, Sevilla oder die Sierra Morena. Der Felsen am Meer war Zentrum und Nebenschauplatz romantischer Schmuggler- und Banditengeschichten, wie etwa in Prosper Merimeés Novelle "Carmen":
Es gibt dort einen Haufen Gesindel aus allen Ländern, es ist der reinste Turm zu Babel, denn man kann in einer Straße keine zehn Schritte tun, ohne ebenso viele Sprachen zu hören.
Auch Reisende, wie der russische Schriftsteller Wassili Botkin, der 1845 durch die iberische Halbinsel durchquerte, waren von der ethnischen Vielfalt und dem bunten Bevölkerungsgemisch in Gibraltar beeindruckt:
Während ich am Kai wartete, bis allen Formalitäten zum erhalt der Aufenthaltsgenehmigung Genüge getan wäre, betrachtete ich die dichte Menge, die sich am Hafen drängte. Da waren Engländer, Schotten, Italiener, Juden, Spanier, Mauren, Neger, Mulatten; das alles quirlt in seiner Nationalkleidung durcheinander. (...) Die Engländer haben in diesen afrikanischen Landstrich nicht nur ihre Zivilisation gebracht, sondern auch alle ihre Londoner Gepflogenheiten. In dieser Hinsicht ist Gibraltar höchst interessant; hier stehen sich England und Spanien Auge in Auge gegenüber, das Abend- und Morgenland, Regsamkeit des Nordens und südliches Wohlleben, Gewerbefleiß und Phantasie, Zivilisation und Natur. Die Menschen des Mittelalters verachten die Perfektion ihrer Nachbarn und bleiben ihrem Nichtstun treu. Die Zuzügler bringen aus England all ihre Emsigkeit mit, ihr ganzes mürrisches Wesen, wie es gewinnsüchtigen Menschen eigen ist.
Auch heute noch zeigt das Städtchen eine kuriose Mischung aus britischen und spanischen Elementen. Die Wachablösung vor dem Gouverneurspalast. Die britischen Polizeiuniformen, das Marks & Spencer, die Pubs, das große Stadttor mit dem Wappen Karls V. Heute werden die Besucher von zahllosen mit Alkohol, Tabak- und anderen zollfreien Waren gefüllten Läden in der Fußgängerzone angezogen:
" Gibraltar ist wie ein arabischer Basar, wenn du den Felsen betrittst und dieses kleine Städtchen, findest du Personen aus aller Herren Länder, Inder, pakistaner, fast wie in London, Chinesen, Japaner bieten ihre Waren feil. Dann ist natürlich die britische Marine überall präsent. Gibraltar ist vollkommen zweisprachig, Englisch und Spanisch existieren gleich berechtigt neben einander existieren und auch die Kulturen, man biegt um eine Ecke und sieht dann plötzlich eine typische Fischkneipe, wie man sie eher in Cadiz erwartet, als auf englischen Territorium."
In den engen Strassen mit den kleine viktorianisch maurischen Kolonialhäusern verbreiten Pubs wie "The captains cabin", "The lion" und andere altenglische Gemütlichkeit. Besucher aus dem britischen Mutterland müssen hier nichts vermissen.
Aber die multikulturelle Tradition prägt den Felsen bis heute vielleicht stärker noch als der heute etwas antiquiert wirkende britische Anstrich. Auf den kleinen, so altenglisch wirkenden Strassen der Stadt begegnet einem der Imam, der Rabbi und der katholische Priester, mit der gleichen Selbstverständlichkeit mit der man auch in der Oberstadt ein Zentrum der in Spanien unter General Franco verfolgten Freimaurer findet.
Die katholische Kirche in der Innenstadt. Einige Meter weiter liegt die anglikanische Kathedrale zur heilige Dreieinigkeit, die Synagoge liegt in der Parallelstrasse und außerhalb der Stadt die Moschee. Auf Gibraltar gibt es auch eine große indische Gemeinschaft.
Gesprochen wird das so genannte "Llanito", ein mit englischen Wörtern vermischtes, für den Fremden kaum verständliches Spanisch. Im selben Satz fallen die Gibralteños vom Englischen ins Spanische und umgekehrt. Für den Außen Stehenden oft kaum noch verständlich, zumal das spanische von einem starken andalusischen Akzent geprägt ist.
Diese kulturelle und ethnische Vielfalt in Gibraltar spiegelt sich in der Musik der britischen Ethno Rock Gruppe "Breed 77" wider. Sie wurde 1996 gegründet, alle Bandmitglieder stammen aus Gibraltar. Sie vermischt Heavy Metall mit Flamenco, orientalischen Einflüssen und Flamenco
Gibraltar präsentiert sich heute als eine interessante Mischung aus britischer und andalusischer Mentalität. Das war nicht immer so, erzählt die spanische Schriftstellerin Fanny Rubio:
" Aber ich erinnere mich noch, wie wir als Kinder und Jugendliche einmal im Jahr alle zum größten Platz unseres Dorfes marschierten und gemeinsam mit den Lehrern auf die größte Straße des Dorfes marschierten und lautstark schreien mussten, "Gibraltar español" dass Gibraltar spanisch sei. Das waren diese Selbstdarstellungen der Diktatur, heute ist dieser Ausdruck, heute wird dieser rückwärtsgewandte Kampfruf, den damals die Schulkinder in die Welt schreien mussten, nur noch belächelt."
Das Francoregime empfand die britische Enklave als Pfahl im Fleisch, als Angriff auf die eigene nationale Integrität und betonte in großen offiziellen Demonstrationen immer wieder den
Auf Druck der Vereinten Nationen sollten die Bewohner Gibraltars selbst über ihre Zukunft entscheiden. In der Volksabstimmung vom 10. September 1967 sprachen sie sich mit einer eindeutigen Mehrheit von über 99 Prozent für den Verbleib unter britischer Verwaltung aus. General Francisco Franco, ließ die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar schließen. Der Felsen wurde zur Insel die Bewohner konnten ihr Zuhause 13 Jahre lang nur per Schiff oder Flugzeug verlassen erzählt Paul:
"Es war einfach sehr bedrückend. Klaustrophobisch, es war wie die Sperrstunde nach einem Staatsstreich."
Das isolierte Gibraltar verbreitete die beklemmende Atmosphäre eines abgeschiedenen Militärpostens. Wie Paul Davis erinnern sich noch viele Bewohner an die Jahre der Grenzsperrung:
"Am Anfang war noch alles voller Militär, dann aber auch Matrosen aus aller Herren Länder. Es gab immer Rabatz und Schlägereien."
Durch die geschlossene Grenze bildete sich eine ganz eigene Identität heraus. Der Felsen und das Bedürfnis seiner Bewohner nach Unabhängigkeit blieb fest und so wird mit Marschmusik und der Hymne der Nationalfeiertag Gibraltars am 10. September gefeiert. Die Häuser werden mit der Flagge und rot-weißen Luftballons verziert und der größte Teil der Bevölkerung kleidet sich in den Nationalfarben. Seit Jahren ist eine neue Normalität eingekehrt. Immobilienagenturen werben mit Häuschen für britische Käufer an der Spanischen Küste in der beruhigenden Nähe zu "British Gibraltar". Und auch für die Nachbarn ist Gibraltar kein Pfahl im Fleisch, sondern Teil einer gemeinsamen Meerenge zwischen Europa und Afrika.
"Ich glaube, dass der größte Teil der spanischen Gesellschaft heute die Existenz Gibraltars, so wie sie ist, akzeptiert. Es ist auch Ausdruck einer moderneren Einstellung zu dem was heute Länder und Staaten und internationale Beziehungen bedeuten. Es ist einfach auch Ausdruck neuer internationaler Beziehungen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Genauso wie man in Marokko akzeptiert, dass Ceuta und Melilla als spanische Enklaven existieren, auch wenn einige grenzen stärker gesichert sind als andere, aber ich glaube, dass die spanische Gesellschaft diesen Status Quo akzeptiert. "
Am äußersten Punkt des Felsen, am so genannten "point of europe" steht die Moschee und die Kirche mit der Statue der Heiligen Jungfrau von Europa. Von hier aus bietet sich ein Atem beraubender Blick auf Afrika, auf die andere Säule des Herkules, zwischen der spanischen Enklave Ceuta und Tanger gelegenen 842 Meter hohe Dschebel al Musa.
Für die hellenische Welt markierten die beiden Säulen des Herkules das Ende der bekannten Welt. Die bekannte Welt ist größer geworden und heute sucht die einstige Kronkolonie nach einer neuen Identität, als Freihandelszone, als Finanzparadies und vielleicht als eines der kleinsten Mitgliedsländer der EU.
Vor einigen Wochen entschieden sich die Einwohner des Felsens mit absoluter Mehrheit für eine neue Verfassung, die die politische Selbstsicherheit und Eigenständigkeit Gibraltars gegenüber dem Mutterland verstärkt. Mit zunehmenden wirtschaftlichen Erstarken des kleinen Territoriums wird die politische Selbständigkeit gegenüber Großbritannien und erst recht Spanien gegenüber immer stärker werden wird.
Steht der unbezwungene Fels,
Und der fürchterliche Fels der Felsen...
Der Felsen hatte eine lange Tradition, Phönizier, Griechen, Römer, Vandalen, Westgoten, Mauren und Spanier hatten ihn besiedelt und befestigt. 1704, im spanischen Erbfolgekrieg zog eine englische Flotte vor Gibraltar auf und eroberte ihn im Handstreich.
Der Utrechter Friede sprach 1713 zwar Gibraltar England zu, aber immer wieder wurde es von spanischen und französischen Truppen angegriffen. Die längste Belagerung erlitt der Felsen von 1779 bis 1782. Siegreicher Verteidiger war General Georg August Elliot, den eine deutsche Gedenkschrift aus dem Jahre 1783 lobt:
Und du, mächtiges Heer am Gestade! Und du dräuender Mastenwald Galliens und Hispaniens!
Vergebens - sie landen die Britten! Sie landen!
Bis heute erinnern die schweren Kanonen und Befestigungs- und Tunnelanlagen an die heroische Zeit der Kronkolonie.
Seit wenigen Monaten landen sogar die Direktflüge aus der spanischen Hauptstadt Madrid. Die Beziehungen zwischen Spanien und Gibraltar haben sich normalisiert, auch wenn der spanische Steward Tonaufnahmen ausdrücklich verbietetverbietet allerdings streng die Tonaufnahme.
Die Start- und Landebahn reicht von einem Strand zum nächsten und der Flughafen trennt auch das spanische "La Linea" von Gibraltar, jeder Besucher des Felsens steht erst einmal vor der Piste erzählt der deutsche Fotograf Jürgen Daum:.
" Weil an der Grenze war eine Riesenautoschlange. Deswegen bin ich zu Fuß nach Gibraltar und kam dann nach diesen Grenzhäuschen ist erst so eine Schranke und wenn ein Flieger kommt ist die unten und dann geht die hoch und dann läuft man über die Landebahn."
Zeit in aller Ruhe das 426 Meter hohe Felsmassiv, den "peñon" zu bewundern. Gerade einmal 6,5 Quadratkilometer groß ist der Felsen und das Umland. Die Ostseite ist ausgesprochen steil, während es zum Westen sanfter zur Stadt und zum Hafen hin abfällt.
Oben auf dem Felsen leben seine ältesten Bewohner und seine berühmteste Attraktion: Die einzigen frei lebenden Affen Europas. Ihre eigentliche Heimat sind die Bergwälder Nordafrikas, wo sie auch heute noch in größeren Beständen vorkommen.
" Na ja, die Affen haben mich erst einmal überrascht. Ich wusste zwar, dass da Affen sind, aber ich bin dann auf diesen Felsen hoch gelaufen und schau mich so um und auf einmal höre ich so ein Geräusch hinter mir und zack war da so ein Affe."
Der Bestand der Berberaffen auf Gibraltar umfasst derzeit ungefähr 70 Tiere.
"Die lausen sich gegenseitig oder schauen nur, es gibt nur Warnschilder, man soll ihnen nicht zu nahe kommen, weil sie können auch schlechte Laune bekommen."
Sie haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt, von denen sich die eine in einem schwer zugänglichen Gebiet hoch oben in den Felsen aufhält, während die anderen sich den Touristen auch teilweise ganz dreist nähern, sobald etwas zu essen gibt, sich aber sonst nicht weiter von ihnen beeinflussen lassen.
Steht man hinter der Grenze vor dem Felsen geht es zur Rechten geht es zum Hafen und in die Stadt, zur Linken an die Strände auf der Ostseite, Eastern Beach, Catalan Bay und Sandy Bay. Kleine Sandstrände, vereinzelte Hotels und Ferienwohnungen. Im Dörfchen selber eine kleine Marienkapelle. Die freie Ausübung des römisch katholischen Kultes war bereits 1713 im Vertrag von Utrecht vereinbart worden.
Hinter den letzten kleinen Sandstrand ist die Strasse um den Felsen plötzlich gesperrt. Mülldeponie und die alten Trinkwasseranlagen zählen immer noch als militärische Geheimnisse. Aus dem Felsen heraus kommt ein eiskalter Luftzug und erst auf den zweiten Blick bemerkt man einen abgesperrten Tunnel, der den ganzen Felsen durchquert, von der West- zur Ostseite. Der Felsen ist von unterirdischen Tunneln und unterirdischen Befestigungsanlagen durchzogen. Die Geschichte Gibraltars ist auch die eines ständigen Ausnahmezustandes erzählt der deutsche Kolonialhistoriker Nikolaus Böttcher:
" Das wichtige ist allerdings, dass mit Gibraltar die Engländer immer wieder die Spanier unter Druck setzen konnten die Spanier haben ja über mehrere Jahrhunderte versucht ihr Kolonialreich durch Monopolgesetzgebung abzuschotten und genau durch diese vereinzelten neuralgischern Punkte, wie etwa Gibraltar auf der europäischen Seite oder aber die kleine Insel Trinidad auf der südamerikanischen Seite ist es gelungen, immer wieder dieses Monopolsystem aufzubrechen und diesen legalen Handel zu infiltrieren, diese Infiltration und Unterwanderung des Monopolhandels hat dann letztendlich auch dazu beigetragen, dass dieses ganze System, der Monarchie und der Monopolgesetzgebung zusammengebrochen ist und dann tatsächlich auch zur Unabhängigkeit Amerikas geführt hat."
Die Briten bauten Gibraltar nicht nur zu einem ihrer wichtigsten Militärstützpunkte aus, als Zollfreigebiet entwickelte die Kolonie zum bedeutsamen Knotenpunkt für die zivile Handels Schifffahrt. Genuesen und Juden, Malteser, Portugiesen, Marokkaner und Spanier ließen sich im 18. und 19. Jahrhundert neben den Briten nieder und trugen alle zu einem florierenden legalen und illegalen Handel bei.
" Als einen Hafen, der eigentlich nur bevölkert wurde von einer zwielichtigen Bevölkerung, zum größten Teil bestehend aus Piraten, aus Schmugglern und aus einer Mischung dazwischen, die zeitgenössisch bezeichnet wurde als so genannte "merchand adventures", also einer Mischung aus Kaufleuten und Abenteurern, weil der Kaufmann zu dieser Zeit eigentlich gleichzeitig immer Kaufmann, aber eben auch Schmuggler und Pirat war. "
Gibraltar gehörte zum Spanienbild der Reisenden des 19. Jahrhunderts wie Granada, Sevilla oder die Sierra Morena. Der Felsen am Meer war Zentrum und Nebenschauplatz romantischer Schmuggler- und Banditengeschichten, wie etwa in Prosper Merimeés Novelle "Carmen":
Es gibt dort einen Haufen Gesindel aus allen Ländern, es ist der reinste Turm zu Babel, denn man kann in einer Straße keine zehn Schritte tun, ohne ebenso viele Sprachen zu hören.
Auch Reisende, wie der russische Schriftsteller Wassili Botkin, der 1845 durch die iberische Halbinsel durchquerte, waren von der ethnischen Vielfalt und dem bunten Bevölkerungsgemisch in Gibraltar beeindruckt:
Während ich am Kai wartete, bis allen Formalitäten zum erhalt der Aufenthaltsgenehmigung Genüge getan wäre, betrachtete ich die dichte Menge, die sich am Hafen drängte. Da waren Engländer, Schotten, Italiener, Juden, Spanier, Mauren, Neger, Mulatten; das alles quirlt in seiner Nationalkleidung durcheinander. (...) Die Engländer haben in diesen afrikanischen Landstrich nicht nur ihre Zivilisation gebracht, sondern auch alle ihre Londoner Gepflogenheiten. In dieser Hinsicht ist Gibraltar höchst interessant; hier stehen sich England und Spanien Auge in Auge gegenüber, das Abend- und Morgenland, Regsamkeit des Nordens und südliches Wohlleben, Gewerbefleiß und Phantasie, Zivilisation und Natur. Die Menschen des Mittelalters verachten die Perfektion ihrer Nachbarn und bleiben ihrem Nichtstun treu. Die Zuzügler bringen aus England all ihre Emsigkeit mit, ihr ganzes mürrisches Wesen, wie es gewinnsüchtigen Menschen eigen ist.
Auch heute noch zeigt das Städtchen eine kuriose Mischung aus britischen und spanischen Elementen. Die Wachablösung vor dem Gouverneurspalast. Die britischen Polizeiuniformen, das Marks & Spencer, die Pubs, das große Stadttor mit dem Wappen Karls V. Heute werden die Besucher von zahllosen mit Alkohol, Tabak- und anderen zollfreien Waren gefüllten Läden in der Fußgängerzone angezogen:
" Gibraltar ist wie ein arabischer Basar, wenn du den Felsen betrittst und dieses kleine Städtchen, findest du Personen aus aller Herren Länder, Inder, pakistaner, fast wie in London, Chinesen, Japaner bieten ihre Waren feil. Dann ist natürlich die britische Marine überall präsent. Gibraltar ist vollkommen zweisprachig, Englisch und Spanisch existieren gleich berechtigt neben einander existieren und auch die Kulturen, man biegt um eine Ecke und sieht dann plötzlich eine typische Fischkneipe, wie man sie eher in Cadiz erwartet, als auf englischen Territorium."
In den engen Strassen mit den kleine viktorianisch maurischen Kolonialhäusern verbreiten Pubs wie "The captains cabin", "The lion" und andere altenglische Gemütlichkeit. Besucher aus dem britischen Mutterland müssen hier nichts vermissen.
Aber die multikulturelle Tradition prägt den Felsen bis heute vielleicht stärker noch als der heute etwas antiquiert wirkende britische Anstrich. Auf den kleinen, so altenglisch wirkenden Strassen der Stadt begegnet einem der Imam, der Rabbi und der katholische Priester, mit der gleichen Selbstverständlichkeit mit der man auch in der Oberstadt ein Zentrum der in Spanien unter General Franco verfolgten Freimaurer findet.
Die katholische Kirche in der Innenstadt. Einige Meter weiter liegt die anglikanische Kathedrale zur heilige Dreieinigkeit, die Synagoge liegt in der Parallelstrasse und außerhalb der Stadt die Moschee. Auf Gibraltar gibt es auch eine große indische Gemeinschaft.
Gesprochen wird das so genannte "Llanito", ein mit englischen Wörtern vermischtes, für den Fremden kaum verständliches Spanisch. Im selben Satz fallen die Gibralteños vom Englischen ins Spanische und umgekehrt. Für den Außen Stehenden oft kaum noch verständlich, zumal das spanische von einem starken andalusischen Akzent geprägt ist.
Diese kulturelle und ethnische Vielfalt in Gibraltar spiegelt sich in der Musik der britischen Ethno Rock Gruppe "Breed 77" wider. Sie wurde 1996 gegründet, alle Bandmitglieder stammen aus Gibraltar. Sie vermischt Heavy Metall mit Flamenco, orientalischen Einflüssen und Flamenco
Gibraltar präsentiert sich heute als eine interessante Mischung aus britischer und andalusischer Mentalität. Das war nicht immer so, erzählt die spanische Schriftstellerin Fanny Rubio:
" Aber ich erinnere mich noch, wie wir als Kinder und Jugendliche einmal im Jahr alle zum größten Platz unseres Dorfes marschierten und gemeinsam mit den Lehrern auf die größte Straße des Dorfes marschierten und lautstark schreien mussten, "Gibraltar español" dass Gibraltar spanisch sei. Das waren diese Selbstdarstellungen der Diktatur, heute ist dieser Ausdruck, heute wird dieser rückwärtsgewandte Kampfruf, den damals die Schulkinder in die Welt schreien mussten, nur noch belächelt."
Das Francoregime empfand die britische Enklave als Pfahl im Fleisch, als Angriff auf die eigene nationale Integrität und betonte in großen offiziellen Demonstrationen immer wieder den
Auf Druck der Vereinten Nationen sollten die Bewohner Gibraltars selbst über ihre Zukunft entscheiden. In der Volksabstimmung vom 10. September 1967 sprachen sie sich mit einer eindeutigen Mehrheit von über 99 Prozent für den Verbleib unter britischer Verwaltung aus. General Francisco Franco, ließ die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar schließen. Der Felsen wurde zur Insel die Bewohner konnten ihr Zuhause 13 Jahre lang nur per Schiff oder Flugzeug verlassen erzählt Paul:
"Es war einfach sehr bedrückend. Klaustrophobisch, es war wie die Sperrstunde nach einem Staatsstreich."
Das isolierte Gibraltar verbreitete die beklemmende Atmosphäre eines abgeschiedenen Militärpostens. Wie Paul Davis erinnern sich noch viele Bewohner an die Jahre der Grenzsperrung:
"Am Anfang war noch alles voller Militär, dann aber auch Matrosen aus aller Herren Länder. Es gab immer Rabatz und Schlägereien."
Durch die geschlossene Grenze bildete sich eine ganz eigene Identität heraus. Der Felsen und das Bedürfnis seiner Bewohner nach Unabhängigkeit blieb fest und so wird mit Marschmusik und der Hymne der Nationalfeiertag Gibraltars am 10. September gefeiert. Die Häuser werden mit der Flagge und rot-weißen Luftballons verziert und der größte Teil der Bevölkerung kleidet sich in den Nationalfarben. Seit Jahren ist eine neue Normalität eingekehrt. Immobilienagenturen werben mit Häuschen für britische Käufer an der Spanischen Küste in der beruhigenden Nähe zu "British Gibraltar". Und auch für die Nachbarn ist Gibraltar kein Pfahl im Fleisch, sondern Teil einer gemeinsamen Meerenge zwischen Europa und Afrika.
"Ich glaube, dass der größte Teil der spanischen Gesellschaft heute die Existenz Gibraltars, so wie sie ist, akzeptiert. Es ist auch Ausdruck einer moderneren Einstellung zu dem was heute Länder und Staaten und internationale Beziehungen bedeuten. Es ist einfach auch Ausdruck neuer internationaler Beziehungen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Genauso wie man in Marokko akzeptiert, dass Ceuta und Melilla als spanische Enklaven existieren, auch wenn einige grenzen stärker gesichert sind als andere, aber ich glaube, dass die spanische Gesellschaft diesen Status Quo akzeptiert. "
Am äußersten Punkt des Felsen, am so genannten "point of europe" steht die Moschee und die Kirche mit der Statue der Heiligen Jungfrau von Europa. Von hier aus bietet sich ein Atem beraubender Blick auf Afrika, auf die andere Säule des Herkules, zwischen der spanischen Enklave Ceuta und Tanger gelegenen 842 Meter hohe Dschebel al Musa.
Für die hellenische Welt markierten die beiden Säulen des Herkules das Ende der bekannten Welt. Die bekannte Welt ist größer geworden und heute sucht die einstige Kronkolonie nach einer neuen Identität, als Freihandelszone, als Finanzparadies und vielleicht als eines der kleinsten Mitgliedsländer der EU.
Vor einigen Wochen entschieden sich die Einwohner des Felsens mit absoluter Mehrheit für eine neue Verfassung, die die politische Selbstsicherheit und Eigenständigkeit Gibraltars gegenüber dem Mutterland verstärkt. Mit zunehmenden wirtschaftlichen Erstarken des kleinen Territoriums wird die politische Selbständigkeit gegenüber Großbritannien und erst recht Spanien gegenüber immer stärker werden wird.