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Krupp und der Mann ohne Eigenschaften

Der während der ARD-Nacht der Hörbücher im Rahmen der Leipziger Buchmesse verliehene "Hörkules" ist bislang der einzige Publikmspreis der Branche. Zum fünften Mal hatten Radiohörer und Buchhandelskunden nun Gelegenheit, das beste Hörbuch des Jahres zu bestimmen. Entschieden haben sie sich für Friedrich Bestenreiners Bearbeitung des Romans "Die Päpstin" von Donna W. Cross, eine Produktion des Mitteldeutschen Rundfunks.

Von Frank Olbert |
    Fast zeitgleich und anlässlich des Festivals "litcologne" wurde in Köln der Deutsche Hörbuchpreis verliehen. Hier hatte eine achtköpfige Jury unter Vorsitz des Literaturhausleiters Thomas Böhm die Wahl. Sie entschied sich, den Preis in der Kategorie "Best of all" zu teilen. "Wunderbar unterhalten und gleichzeitig ausgezeichnet informiert" fühlte sie sich von dem Hörspiel "Krupp oder die Erfindung des bürgerlichen Zeitalters" des in diesem Jahr verstorbenen Autors Peter Märthesheimer.

    Als "erstes Beispiel dafür, wie dem intellektuellen Niveau und der Struktur eines komplexen Textes entsprochen, ja geantwortet werden kann" sahen die Juroren das von den BR-Dramaturgen Katharina Agathos und Herbert Kapfer und dem Regisseur Klaus Buhlert umgesetzte Robert Musil-Projekt "Der Mann ohne Eigenschaften, Remix".

    Für ihren Monolog der "Jacky" in Elfirede Jelineks gleichnamigem Hörspiel über Jackie Kennedy erhielt Marion Breckwoldt den Deutschen Hörbuchpreis für die beste Interpretation. "Sie hat den schmalen Raum aufgespürt, in dem dieses Monster der Künstlichkeit einen Rest eigenen Lebens und Denkens verwahrt", befand die Jury.

    In der Kategorie "Beste Unterhaltung" gewannen Hermann Nabers unter dem Titel "Gefahr ist ihr Geschäft" herausgegebenen gesammelten Raymond-Chandler Adaptionen. Als "das besondere Hörbuch" wurde die "Edition Christian Brückner" ausgezeichnet. Gemeinsam mit seiner Frau Waltraut Brückner betreibt der Schauspieler das Hörbuch-Label "parlando", dessen Programm er - wie die Jury befand - mit "Bedachtheit, Kunstverstädnis und hohem Anspruch" zusammenstellt. "Hier wird wie in kaum einem anderen Hörbuchverlag der kaufmännische Gedanke hinter den künstlerischen Anspruch zurückgestellt", heißt es in der Begründung, "hinter den Impetus, bedeutende Texte - politische wie die von Chomsky und Thoreau, literarische wie die von Rilke, Carver, Johnson, Flaubert - als Hörbuch zugänglich zu machen und sie somit auf neue Weise der Gegenwart zu erschließen".