Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Kuba
Parlament stimmt für Verfassungsreform

Die kubanische Nationalversammlung hat am Wochenende weitreichende Verfassungsänderungen gebilligt. Arbeit im privaten Sektor soll zum Beispiel in Zukunft ausdrücklich gestattet werden. Von einer fundamentalen Änderung hin zur offenen Marktwirtschaft kann trotzdem nicht die Rede sein.

Von Christina Fee Moebus | 23.07.2018
    Abgeordnete des kubanischen Parlaments, die bei der Parlamentssitzung ihre Stimme abgeben.
    Sitzung des kubanischen Parlaments (dpa/picture alliance/ Cubadebate/ Irene Perez)
    Es ist ein etwas schickerer Stehimbiss, den Aylin Andino hier in Havanna betreibt. An den schwarzen Tresentischen stehen Ketchup und Senf für die Gäste bereit. Es gibt Spaghetti und Hamburger. Ihr Restaurant verwaltet Aylin selbst. Und nicht der Staat. Im sozialistischen Kuba ist das alles andere als selbstverständlich. Entsprechende Genehmigungen sind seit einem Jahr nicht mehr ausgestellt worden. Jetzt ist eine weitreichende Verfassungsänderung geplant – ein Teil davon: Arbeit im privaten Sektor soll ausdrücklich gestattet werden.
    "Dass sie wieder Genehmigungen ausstellen wollen, ist wirklich das Beste für alle. Die Privatunternehmer haben das Land nach vorne gebracht. Sie sind es, die das Land entwickeln und Jobs schaffen."
    "In Kuba wird es keinen Kapitalismus geben"
    Taxifahrer, Barbesitzer, Pensionsbetreiber: Ein Zehntel der arbeitenden Kubaner ist selbstständig. Der private Sektor, er ist klein, aber dynamisch. Die kubanische Regierung ist auf ihn angewiesen, wenn es ausländische Investoren im Tourismusbereich anlocken möchte. Bedeutet die Verfassungsreform eine Abkehr vom Sozialismus? Wohl kaum. Auch Staatschef Miguel Díaz-Canel hat das bereits klar gemacht:
    "In Kuba wird es keinen Kapitalismus geben. Und auch keine Zugeständnisse an diejenigen, die schon auf 1000 verschiedene Arten und Weisen versucht haben, uns von unseren historischen Werten der Revolution zu distanzieren."
    Viel weitreichender dürften andere Vorschläge sein, die eine Kommission rund um Raúl Castro erarbeitet hat. Der Posten des Ministerpräsidenten soll wieder eingeführt werden. Und: ein Staatschef darf nach den neuen Plänen nicht länger als 10 Jahre regieren. Am umstrittensten ist wohl ein Vorschlag, der auf Raul Castros Tochter Mariela zurückzuführen ist: Die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nämlich. In der alten Verfassung von 1976 ist nur von Beziehungen zwischen Männern und Frauen die Rede. Insbesondere unter Fidel Castro wurden sexuelle Minderheiten auf Kuba lange Zeit stigmatisiert.
    "Ich denke wir haben die Pflicht, eine umfassendere Vision von Ehe umzusetzen, sagt Mariela Castro vor den Abgeordneten. Auch denen das Recht zu heiraten einzuräumen, die es bisher noch nicht hatten. Jemandem Rechte geben, bedeutet nicht, dass man selbst dadurch Rechte verliert."
    Bürger müssen abstimmen
    Daher soll in der überarbeiteten Verfassung von einem "Bündnis zwischen zwei Personen" die Rede sein. Das könnte auch den Weg zur Homo-Ehe frei machen. Das Parlament hat einstimmig für die verschiedenen Vorschläge gestimmt. Jetzt sind die kubanischen Bürger am Zuge: Sie sollen die Reformen von Mitte August bis Mitte November diskutieren. Anschließend können sie in einem Volksentscheid für oder gegen die Änderungen stimmen.