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Kühlende Vulkanausbrüche

Geologie.- Besonders heftige Vulkanausbrüche schleudern Aerosole manchmal bis in die Stratosphäre. Dort blockieren sie einen Teil des Sonnenlichts, so dass es am Erdboden kälter wird. Nun haben kanadische Forscher beobachtet, dass auch deutlich schwächere Eruptionen einen kühlenden Effekt auslösen.

Von Lucian Haas | 10.07.2012
    Ursprünglich wollte der kanadische Atmosphärenforscher Adam Bourassa nur die globale Verteilung von Ozon in der Atmosphäre untersuchen. Aber dann entdeckte er gemeinsam mit Kollegen von der University of Saskatchewan in den Messdaten des Satelliten Odin eine andere, unerwartete Spur.

    "Wir fanden ein Signal in den Satellitendaten, das unsere Ozonmessungen störte. Es stellt sich heraus, dass dieses Störsignal von Aerosolen verursacht wird. Und wir erkannten, dass wir das sehr gut für Aerosolmessungen nutzen können. Wir können damit den globalen Effekt der Aerosole erfassen."

    Aerosole sind feinste Partikel oder Tröpfchen, die in der Atmosphäre schweben. Sie können das Sonnenlicht streuen und damit die Einstrahlung der Sonnenenergie auf die Erde verringern. Das macht sich am stärksten bemerkbar, wenn Aerosole bis in die Stratosphäre in mehr als 20 Kilometer Höhe gelangen und sich dort um den Erdball verteilen.

    "Normalerweise ist der Aerosolgehalt der Stratosphäre sehr gering. Das ändert sich nur, wenn ein Vulkan so heftig ausbricht, dass seine Gase bis in die Stratosphäre aufsteigen. Dann steigt die Aerosolkonzentration dort um ein Vielfaches an. Die Aerosole in der Stratosphäre haben einen global kühlenden Effekt, im Gegensatz zum Treibhauseffekt von Gasen wie CO2 und Methan."

    Bisher gingen Klimaforscher davon aus, dass nur extrem starke, hochreichende Vulkan-Eruptionen sich spürbar auf das globale Klima auswirken können. Als im vergangenen Sommer der Schichtvulkan Nabro in Eritrea ausbrach, blieb die Gas- und Aschewolke in den tieferen Luftschichten der Troposphäre hängen. Ein kühlender Effekt auf das Erdklima wäre demnach nicht zu erwarten gewesen. Doch dann fand Adam Bourassa Hinweise, die dieser Einschätzung widersprechen.

    "Der Ausbruch des Nabro-Vulkan erreichte nur geringe Höhen in der Troposphäre. Aber das geschah sehr nah an einem großen Wettersystem, dem asiatischen Sommermonsun. Die vulkanischen Gase und Aerosole wurden davon erfasst und dann durch starke thermische Aufwinde bis in die Stratosphäre getragen. Ein Vulkan kann also Aerosole liefern, die dann in die Stratosphäre gelangen und einen Klimaeffekt haben, selbst wenn die Eruption gar nicht stark genug ist, um Partikel in die Stratosphäre zu schleudern."

    Wie stark der kühlende Effekt des Nabro-Ausbruchs auf das Weltklima ausfällt, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Die Auswertung der zugehörigen Daten läuft noch. Immerhin zeigen die Satellitenmessungen, dass Nabro im Vergleich zu anderen Vulkanausbrüchen der vergangenen zehn Jahre den stärksten Eintrag von Aerosolen in die Stratosphäre bewirkte. Für Adam Bourassa ist es an der Zeit, den Einfluss kleinerer Eruptionen auf das Klima stärker zu beachten.

    "Diese schwächeren Vulkanausbrüche, die wir bisher ignoriert haben, könnten einen bedeutenden Effekt haben. Es gibt einige andere vulkanische Ereignisse in jüngerer Zeit, die von der Klimaforschung nicht beachtet wurden, die aber durchaus global kühlend wirken."

    Der Hoffnung, dass viele kleinere Vulkanausbrüche vielleicht sogar den Klimawandel ausbremsen könnten, will er sich aber nicht hingeben.

    "Ich denke, wir sollten beim Klimaschutz nicht auf Vulkanausbrüche setzen. Vulkane sind unberechenbar. Zu hoffen, dass Vulkane eine globale Abkühlung bewirken, halte ich für geradezu gefährlich."

    Zumal eine solche Abkühlung auch nicht dauerhaft wäre. Wenn Aerosole in die Stratosphäre gelangen, werden sie dort durch Luftströmungen in Richtung der Pole getragen, wo sie langsam absinken. Nach einigen Monaten bis wenigen Jahren ist ihre Wirkung dann vorbei.