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Künast zu umstrittener Legehennenverordnung

Mit dem Jahr 2012 hätten in Deutschland die goldenen Zeiten für Legehennen anbrechen sollen. Der letzte enge Drahtkäfig sollte bis dahin verschwunden sein. Nun will aber der Agrarausschuss des Bundesrates das Verbot der Käfighaltung aufweichen, indem er so genannte "ausgestaltete" Käfige auch weiterhin erlauben will. Solche ausgestalteten Käfige bieten den Hennen ein klein wenig mehr Platz als die herkömmlichen Legebatterien. Die Fläche ist gerade mal ein bisschen größer als ein DIN A4-Blatt. Außerdem gibt es dort ein Nest, eine Sitzstange und ein Sandbad, das sich mehrere Tiere teilen müssen.

Von Arndt Reuning |
    Mit der großzügigen Boden- oder Freilandhaltung lassen sich diese Drahtverschläge nicht vergleichen.
    Die herkömmlichen, kleineren Käfige sollen nach den Plänen des Bundesrates noch drei Jahre länger in Betrieb bleiben, als von der Legehennenverordnung vorgesehen:

    Das ist quasi eine Rolle rückwärts, die hier vollzogen wird, die meines Erachtens auch wirtschaftlich unsinnig ist. Ich meine, dass die deutsche Landwirtschaft nur gewinnen kann, wenn sie hier auf Qualität setzt, auf Spitzenleistung und Qualität. Dazu gehört dann auch die Prozessqualität, die Tierschutz beinhaltet.

    Der Ausstieg aus der Käfighaltung ist eigentlich schon seit dem Jahr 2001 beschlossene Sache. Bundestag und Bundesrat hatten ihn damals in der Legehennenverordnung festgeschrieben. Die nachträgliche Änderung des Beschlusses versuchen die Landesvertreter nun mit Hilfe eines ganz anderen Gesetzestextes durchzusetzen. Am Freitag der kommenden Woche steht nämlich im Bundesrat die Verabschiedung der Verordnung für eine artgerechte Schweinehaltung auf der Tagesordnung. Und dieser Verordnung wollen die Länder nur zustimmen, wenn Renate Künast im Gegenzug Zugeständnisse bei der Hühnerhaltung macht:

    Ich kann an der Stelle nur appellieren an die Bundesländer, hier keine Verknüpfung herzustellen zwischen der Legehennenverordnung und dieser artgerechten Haltung von Schweinen.
    Weil ich glaube, dass hier was auf den Rücken von Bauern ausgemacht wird. Die brauchen diese Regelung für die Schweinehaltung und nicht derartige Spielchen. Also, das wäre genauso gut wie: Ich verbinde jetzt die Arbeitsmarktreform mit Schweinehaltungsrichtlinien oder Ähnliches. Würde das einer tun?


    Eine Rückkehr zur Käfighaltung, wenn auch in den so genannten "ausgestalteten" Käfigen, ist für Renate Künast nicht zu vereinbaren mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1999:

    Und die haben nämlich gesagt, dass Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden müssen. Und aufgrund dieser Aussage und Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe ich erhebliche, auch rechtliche, Bedenken, ob diese Art der ausgestalteten Käfige eigentlich zulässig sind. Weil zum artgerechten Verhalten eines Huhns gehört Picken, Flattern, Staubbaden und ähnliche für Hühner sinnstiftende und vergnügliche Beschäftigungen.

    Die Landesvertreter wiederum berufen sich auf eine Studie, die an der Tierärztlichen Hochschule Hannover entstanden ist. Ein Zwischenergebnis der Studie zeige, dass Hennen in Freiland- und Bodenhaltung sich gegenseitig öfter attackieren als in den engen Käfigen. Das mache sich in der Sterblichkeitsrate bemerkbar.
    Renate Künast bezweifelt die Aussagekraft dieser Studie. Es handele sich bei der Studie lediglich um eine Fragebogenaktion unter Hennenhaltern, die zudem unter maßgeblicher Mitwirkung der Geflügelwirtschaft zustande gekommen sei. Die Macher der Studie hätten selbst darauf hingewiesen, dass der Zwischenbericht ohne jegliche Aussagekraft für die ausgestalteten Käfige sei.
    Und dann gibt es da noch eine ganz andere Sache, die der Verbraucherministerin auf den Magen schlägt:

    Was mich wirklich ärgert an dieser Debatte ist die Doppelmoral.
    Es übersteigt meine Vorstellungskraft, dass die Ministerpräsidenten, die gerade noch die Vorkämpfer in Sachen Zirkustiere waren, die vor anderthalb Jahren sozusagen gesagt haben: Wir sind die Speerspitze des Tierschutzes – zum Beispiel der bayrische Ministerpräsident – dass die jetzt einfach sehenden Auges zusehen, dass etwas, was mal unterstützt wurde, jetzt einfach wieder aufgehoben würde. Das müssten die natürlich auch erklären.