"Certainly if I had lived in ancient Rome or Greece: they adored beauty!”"
Die alten Römer wussten wahre Schönheit noch zu schätzen, tönt eine Mittsechzigerin in dem Video von Julika Rudelius. Die Dame wirkt mindestens zehn Jahre jünger: gut gehalten! – das Kompliment muss man ihr machen. Nie sei sie beim Schönheitschirurgen gewesen, so etwas habe sie nicht nötig, prahlt sie, wie alle Damen vor ihren repräsentativen Villen, in dieser Videoserie.
""Ending up looking like women, who look like freaks? Addicted to plastic surgery?”"
Gut, dass Sie, liebe Hörer, nur die Töne hören und nicht gleich auch die Bildspur sehen: Denn diese alten Frauen haben, entgegen ihrer Beteuerungen, sehr wohl nachgeholfen: Hier ist kilogrammweise gesichtsmuskellähmendes Botox verspritzt worden. Man sieht: skurrile, bemüht immergrüne Barbies. Ein karikaturistischer Einstieg in die Ausstellung "Hey, Alter…!" in Duisburg. Das Gegenbild dazu stammt dann aus der ständigen Sammlung, vom Namenpatron des Hauses, Wilhelm Lehmbruck: ein anrührendes Portrait einer Frau, die ganz natürlich alt geworden ist. Altern als biologischer Prozess, als schillernder Begriff oder auch einmal als umgangssprachlicher Einwurf von ganz Jungen, für die die "Alten" eine homogene Masse sind, sprich: alle über 30, Menschen, die eben Falten haben, all dies versammelt Kuratorin Sybille Kastner.
" "Ja, ja. Ich hab ja selber Kinder in dem Alter. Und manchmal werde ich 'Alter' genannt, obwohl ich eigentlich eine Alte bin…!"
Ernster im Konzept geht es in der Ausstellung dann - forschend, fragend - darum, welche Bilder sich Generationen voneinander machen:
"Man sagt jetzt gar nicht mehr: 'intergenerativ', sondern, der neue, vielleicht auch treffendere Begriff heißt 'transgenerativ', weil diese Generationenzuschreibungen und die Rollen, die ja jeder ausfüllt, sehr sehr durchlässig sind, wenn man mal genau hinschaut."
Man kann sich als Mutter den Pferdeschwanz hoch stecken und mit der Tochter verwechselt werden. Man kann mit 50 die Pubertät nachholen. Derlei Lebensdramaturgie thematisiert zum Beispiel der Fotograf Michael Hagedorn in seiner Bilderserie "Konfetti im Kopf". Eine andere – eindringliche - Fotoserie, von Rania Matar, in den USA lebende Libanesin, zeigt Mädchen im Abiturientenalter, in ihren Zimmern. Spannend sind daran nicht die verschiedenen regionalen Farben dieser Teeniezimmer aus aller Welt, sondern was sie vielleicht bedeuten: das Jugendzimmer als erweitertes Selbst. Da wird dann vielleicht dreimal im Jahr das Zimmer komplett umdekoriert, kämen dann die Heavy-Metal-Poster weg und Bücher ins Regal. Oder umgekehrt. Fotos, die junge Identität und Selbstfindung veranschaulichen. Irritierend wirken daneben die lehmfarbenen Termitenhügelformen von James Cabot: Gehören die zur Ausstellung?, fragt man, bis man hinter das Rätsel blickt:
"Das sind: demografische Kurven! Und zwar sind das verschiedene Jahreszahlen, fängt hier an bei 1910, endet bei 2033, und zeigt die Bevölkerungsverteilung von jungen und alten Menschen und von Männern und Frauen. Und man sieht ganz genau, wo ein Babyboom war oder wo ein Krieg einen Teil der männlichen Bevölkerung hinweggerafft hat."
"Statistik"-Kunst also, die sich als Arte povera tarnt. Nur einer der originellen künstlerischen Zugänge, in der gelungenen Ausstellung, die dann auch tatsächlich für jedes Alter etwas bereithält:
"Wir haben ein digitales Zeichenbrett eingeführt, das sich Tecto nennt. Man kann das, was man zeichnet verändern, animieren, gleichzeitig beamen. Das kann man wunderbar als Jung-alt-Duo ausprobieren und bedient damit das, was heute noch das Symbol der Generationentrennung ist: nämlich ein digitales Medium!"
Die alten Römer wussten wahre Schönheit noch zu schätzen, tönt eine Mittsechzigerin in dem Video von Julika Rudelius. Die Dame wirkt mindestens zehn Jahre jünger: gut gehalten! – das Kompliment muss man ihr machen. Nie sei sie beim Schönheitschirurgen gewesen, so etwas habe sie nicht nötig, prahlt sie, wie alle Damen vor ihren repräsentativen Villen, in dieser Videoserie.
""Ending up looking like women, who look like freaks? Addicted to plastic surgery?”"
Gut, dass Sie, liebe Hörer, nur die Töne hören und nicht gleich auch die Bildspur sehen: Denn diese alten Frauen haben, entgegen ihrer Beteuerungen, sehr wohl nachgeholfen: Hier ist kilogrammweise gesichtsmuskellähmendes Botox verspritzt worden. Man sieht: skurrile, bemüht immergrüne Barbies. Ein karikaturistischer Einstieg in die Ausstellung "Hey, Alter…!" in Duisburg. Das Gegenbild dazu stammt dann aus der ständigen Sammlung, vom Namenpatron des Hauses, Wilhelm Lehmbruck: ein anrührendes Portrait einer Frau, die ganz natürlich alt geworden ist. Altern als biologischer Prozess, als schillernder Begriff oder auch einmal als umgangssprachlicher Einwurf von ganz Jungen, für die die "Alten" eine homogene Masse sind, sprich: alle über 30, Menschen, die eben Falten haben, all dies versammelt Kuratorin Sybille Kastner.
" "Ja, ja. Ich hab ja selber Kinder in dem Alter. Und manchmal werde ich 'Alter' genannt, obwohl ich eigentlich eine Alte bin…!"
Ernster im Konzept geht es in der Ausstellung dann - forschend, fragend - darum, welche Bilder sich Generationen voneinander machen:
"Man sagt jetzt gar nicht mehr: 'intergenerativ', sondern, der neue, vielleicht auch treffendere Begriff heißt 'transgenerativ', weil diese Generationenzuschreibungen und die Rollen, die ja jeder ausfüllt, sehr sehr durchlässig sind, wenn man mal genau hinschaut."
Man kann sich als Mutter den Pferdeschwanz hoch stecken und mit der Tochter verwechselt werden. Man kann mit 50 die Pubertät nachholen. Derlei Lebensdramaturgie thematisiert zum Beispiel der Fotograf Michael Hagedorn in seiner Bilderserie "Konfetti im Kopf". Eine andere – eindringliche - Fotoserie, von Rania Matar, in den USA lebende Libanesin, zeigt Mädchen im Abiturientenalter, in ihren Zimmern. Spannend sind daran nicht die verschiedenen regionalen Farben dieser Teeniezimmer aus aller Welt, sondern was sie vielleicht bedeuten: das Jugendzimmer als erweitertes Selbst. Da wird dann vielleicht dreimal im Jahr das Zimmer komplett umdekoriert, kämen dann die Heavy-Metal-Poster weg und Bücher ins Regal. Oder umgekehrt. Fotos, die junge Identität und Selbstfindung veranschaulichen. Irritierend wirken daneben die lehmfarbenen Termitenhügelformen von James Cabot: Gehören die zur Ausstellung?, fragt man, bis man hinter das Rätsel blickt:
"Das sind: demografische Kurven! Und zwar sind das verschiedene Jahreszahlen, fängt hier an bei 1910, endet bei 2033, und zeigt die Bevölkerungsverteilung von jungen und alten Menschen und von Männern und Frauen. Und man sieht ganz genau, wo ein Babyboom war oder wo ein Krieg einen Teil der männlichen Bevölkerung hinweggerafft hat."
"Statistik"-Kunst also, die sich als Arte povera tarnt. Nur einer der originellen künstlerischen Zugänge, in der gelungenen Ausstellung, die dann auch tatsächlich für jedes Alter etwas bereithält:
"Wir haben ein digitales Zeichenbrett eingeführt, das sich Tecto nennt. Man kann das, was man zeichnet verändern, animieren, gleichzeitig beamen. Das kann man wunderbar als Jung-alt-Duo ausprobieren und bedient damit das, was heute noch das Symbol der Generationentrennung ist: nämlich ein digitales Medium!"