Donnerstag, 09. Mai 2024

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Künstliche Muskeln

Biotechnologie. Tübinger Forscher untersuchen das Potential von Gelen für eine künftige Nutzung als Muskelersatz. Diese künstlichen Muskel sollen entweder Roboter antreiben oder in den Körper von Gelähmten implantiert werden. Angetrieben werden sie von elektrischen Impulsen.

06.12.2001
    "Ein Gel ist ein Zwischenzustand zwischen wässriger Lösung und einem festen Körper, in dem natürlich eine gewisse Bewegung stattfinden kann", erklärt Rainer Gülch, Professor für Muskelphysiologie an der Universität Tübingen. Gülch und seine Kollegen nutzen künstliche Fasern wie Dralon, die sie chemisch zu einem Netz verknüpfen. In dieses Netz kann Wasser eingelagert werden, und ein elektrisch empfindliches Gel ist entstanden, das sich nach Belieben in Balken oder Streifen schneiden lässt. "Wenn Sie einen solchen Gelstreifen in ein elektrisches Feld platzieren entstehen auf der Seite, auf der der Strom eintritt, Schwellungszustände, während das Gewebe auf der Gegenseite gewissermaßen schrumpft. Das führt zu einer Biegebewegung", erklärt Gülch. Mit dem Strom kann man die Streifen zu gezielten Bewegungen anregen.

    Einem Muskel, der aus einzelnen Fasern besteht, die sich je nach Bedarf in ihrer Länge verändern, entspricht das allerdings noch nicht. "Wir versuchen, in dieser Richtung bestimmte Gele zu finden oder zu verbessern. Es gibt inzwischen schon Polymerfasern, die unter äußerer Stimulation bevorzugt Längenänderungen zeigen", so Gülch. Das Problem ist bislang, dass diese Stimulation in der Regel chemisch ist und nicht elektrisch, wie es für einen technischen Einsatz wünschenswert wäre.

    Falls Gülch und seine Kollegen mit ihrer Suche Erfolg haben, hätten die Maschinen der Zukunft möglicherweise keine hydraulischen oder pneumatischen Greifer mehr, sondern solche aus Gelmuskeln, die sich eventuell viel leichter steuern ließen.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]