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Künstliche Verkohlung

Umwelt. – Viele Milliarden Tonnen Kohlendioxid pustet die Menschheit jedes Jahr in die Atmosphäre und fast die Hälfte davon bleibt auch dort und sorgt für den derzeitigen Fieberanfall unseres Planeten. Zwei deutsche Forscher schlagen jetzt vor, das Treibhausgas aus der Luft zu waschen, indem man großflächig Bäume pflanzt und sie dann tief in der Erde vergräbt. Einer der beiden, der Greifswalder Umweltchemiker Professor Fritz Scholz, erläutert das Konzept im Gespräch mit Ralf Krauter.

16.05.2008
    Krauter: Herr Professor Scholz, was spricht denn für dieses auf den ersten Blick doch recht gewagte Konzept?

    Scholz: Wenn man über solche gigantische CO2-Mengen spricht, die man aus der Atmosphäre wieder herausbringen möchte, dann gibt es gar keine andere Möglichkeit zurzeit als die Photosynthese zu nutzen, also die Natur selbst, das Wachsen von Biomasse, um solche großen Mengen zu binden. Und die Kernidee unseres Vorschlages ist eben, dass man diese Biomasse dann aus dem Kreislauf einfach wieder entfernen muss.

    Krauter: Wie dauerhaft ließe sich das denn machen?

    Scholz: Absolut dauerhaft. Also über Tausende bis Millionen Jahre. Das ist einfach der Prozess gewesen, in dem die Kohle entstanden ist. So dass man also Holz unter anaeroben Bedingungen, das heißt unter einer sehr großen Erdschicht bedeckt, wie man das zum Beispiel in Braunkohletagebauen, die ausgekohlt sind, machen könnte, würde das Holz auf absolut unabsehbare Zeit praktisch fast unverändert bleiben. Es würden ganz langsame Verkohlungsprozesse einsetzen, in den Zeiträumen, in denen wir gar nicht denken können, würde dann sicher auch wieder Kohle draus werden, aber das ist gar nicht angestrebt. Was wir machen müssen, ist einfach, das Kohlendioxid permanent wieder herauszuziehen aus der Atmosphäre.

    Krauter: Die Gretchenfrage dabei ist ja: welche Fläche bräuchte man in realistischer Weise? Welche Areale müssen aufgeforstet werden, um einen nennenswerten für zwei Anteil wirklich zu binden?

    Scholz: Ja, da will ich Ihnen zwei Beispiele geben: und zwar wollten wir die 15 Gigatonnen CO2, die jährlich mehr in der Atmosphäre sind durch die menschliche Aktivität, wollten wir die binden, und zwar durch ein ganz moderates Holzwachstum von etwa 20 Tonnen pro Jahr und Hektar, so wie es für Mitteleuropa typisch ist, dann bräuchte man etwa eine Fläche weltweit, die etwa einem Drittel der Fläche Brasiliens entspricht, oder zehnmal der Fläche Deutschlands. Das hört sich natürlich sehr viel an, wenn man das aber weltweit verteilt, ist das natürlich durchaus eine realistische Größenordnung. Wobei es auch im Moment natürlich gar nicht angestrebt sein kann, gleicht die gesamte CO2-Menge, die da zusätzlich reinkommt, zu binden. Und da würde ich ihnen die zweite Rechnung nennen: wenn man fünf Prozent, nur fünf Prozent der Landfläche der USA, Russlands und der Europäischenunion, nur fünf Prozent der Flächen von Brasilien, Kongos und Indonesiens nehmen würde, dann würde man damit schon 22 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes, also von diesen 32 Gigatonnen pro Jahr, binden. Das heißt, Sie sehen, dass also die Rechnungen sehr realistisch sind. Wir haben auch Abschätzungen vorgenommen, wie viel Raum zur Verfügung steht in alten Tagebauen, Kiesgruben, und auch in Untertage-Bergwerken und so weiter. Das ist also vollkommen realistisch und kein grundsätzliches Problem. Man kann wirklich merklich Kohlendioxid auf diese Weise aus der Atmosphäre permanent gebunden wieder festlegen im Boden, die Menschen würden der Natur zurückgeben, was sie ihr also in anderer Form nehmen. Unser Vorschlag soll natürlich keinesfalls bedeuten, dass man auf die effektivere Energieanwendung, auf das Energiesparen und auf den Einsatz von regenerativen Energiequellen verzichten kann. Um Gottes willen, was wäre völlig falsch. Natürlich müssen wir diesen Weg weitergehen, aber solange man fossile Träger noch nutzt, muss man dafür sorgen, dass CO2 auch permanent aus der Atmosphäre entfernt wird. Und das ist realistisch mit unserem Vorschlag möglich.