
"Die Leute denken wahrscheinlich, dass wir wie ein Schachspieler alles vorausgeplant hätten, wie Bobby Fischer: 30 Züge im Voraus, aber …"
Aber es ist alles ganz anders.
"Walt und Jesse sitzen im Wohnmobil, Hank sitzt draußen - und wir wussten nicht, wie Walt da rauskommt."
Irgendwie kam er dann doch raus (er kam groß raus!), Walter White, der Drogen herstellende Chemielehrer aus der Serie "Breaking Bad". Und da sitzen also nun seine Erfinder, acht kreative Köpfe, an einem Tisch und unterhalten sich über die Arbeit am Serien-Erfolgshit "Breaking Bad".
"Unglaublicher Erfolg. Schlimme Fehler. Letzte Änderungen. Die Macher bahnbrechender Fernsehserien erzählen alles an dem Ort, wo alles begann: dem Writers Room."
Keine Spezialeffekte, kaum Filmsequenzen, einfach nur ein launiges Gespräch als Doku-Serie über das Serienmachen: So ein vermeintlich simpler Stoff geht plötzlich wieder, sogar (oder vielleicht gerade) im Pay-TV, wie das neue Beispiel "Writers Room" auf Sky Arts zeigt.
Wie das geht, zeigt die Netflix-Serie "Abstrakt". In 45-minütigen Episoden werden Künstler und Kreative porträtiert, wie der bekannte deutsche Illustrator Christoph Niemann, Schuhdesigner Tinker Hatfield oder Bühnenbildnerin Es Devlin:
"In den letzten 20 Jahren ist mir aufgefallen, dass der Mensch oft versucht, Leere mit Dingen auszufüllen. Mein Antrieb ist es, diese Leere mit Kunst auszufüllen."
"Abstrakt" überzeugt mit interessanten Einblicken in den Schaffensprozess von Querdenkern. Niemann als 9-to-5-Arbeiter, Devlin als Handlanger der großen Stars. Die Serie setzt auf starke Bilder und große Namen, vermittelt aber auch das Gefühl von Selbstverwirklichung und Lifestyle: Auch du kannst das machen.
"Sei ein Künstler!" - "Sei ein Künstler!"
Klar, Personality ist wichtig. An einem meinungsstarken Künstler lassen sich schwierige Zusammenhänge leichter vermitteln als an seinem abstrakten Werk. Generell setzen die Kunstdokus auf bildgewaltige und massentaugliche Themen wie Design, Fotografie oder Architektur.
"Eine Langzeitbelichtung erreicht man, wenn man die Verschlusszeit der Kamera verlängert und viel Licht hereinlässt. Das wird oft bei wenig Licht angewendet für Landschaften oder den Nachthimmel."
Nicht ganz so experimentell, wie z.B. die Arte-Reihen zur Documenta oder den Künstlerateliers, nicht so tiefgreifend wie die Kultursendungen "Kulturzeit" oder "Tracks". Trotzdem sehenswert. Und ein Trend zur Massentauglichkeit lässt sich ja auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen beobachten, wo alles etwas biederer und weniger stylisch daherkommt: 3sat zeigt in diesen Tagen wieder die "Leinwand und Pinsel"-Doku mit "Meisterfälscher" Wolfgang Beltracchi, der Promis im Stil großer Künstler porträtiert. Beltracchi:
"Das Besondere bei van Gogh ist, dass er seiner Zeit voraus war, mit der Art wie er gemalt hat, mit der Farbigkeit vor allem. Er hat nicht nur gemalt, sondern mit dem Pinsel auch strukturiert, der Farbe eine Form gegeben. Das ist das, woran man eigentlich auch einen van Gogh sofort erkennt."
"Der politische Künstler ist weder Politiker noch Künstler. Weil in dem Moment, in dem er das tut, was er tut, ist er eigentlich vielmehr ein Medium." - "Das sehe ich ganz genauso." - "Du Arschloch."
Die Regel der neuen Serien: Kunst muss zugänglich sein und - vor allem im Pay-TV - irgendwie auch cool. Auch junge Leute sollen einschalten. Warum auch nicht, wo sich dieser Ansatz mittlerweile doch auch in renommierten Museen breit macht?
Das Mantra auf die Spitze treiben, dann aber Kunst-Casting-Shows bei Sky Arts wie "Master of Photography" oder "Portrait Artist of the Year".
Eine weitere Spielart des abgenudelten "XY sucht den Superstar"-Formats. Darauf kann man getrost verzichten! Sonst aber überzeugen die neuen Kunstserien und -magazine größtenteils: mit stylischer Aufmachung, persönlichem Storytelling und dem nötigen Schuss Hochkultur.