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Kultur in der spanischen Finanzkrise

Intendantin Helga Schmidt will mit populären Operntiteln, viel kostengünstigem Nachwuchs und einigen wichtigen Namen das Opernhaus "Palau de les Arts Reina Sofia" durch die spanische Wirtschaftskrise bringen. Weitere finanzielle Kürzungen und eine lang anhaltende Krise würde das seit 2005 bestehende Haus jedoch nicht verkraften.

Von Thomas Migge |
    Mit Riccardo Chailly am Dirigentenpult und einer Regie von Davide Livermore für Puccinis "Bohème" hat man nicht gerade den Eindruck sich in einem Musiktheater zu befinden, dem das Geld ausgeht. Im Programm der laufenden Saison finden sich auch andere große Namen: die Oscarpreisträger Ezio Frigerio und Franca Squarciapino für Regie und Kostüme, Placido Domingo, der Regisseur Damiano Michieletto, der bei den vergangenen Salzburger Festspielen eine faszinierende "Bohème" präsentierte, der italienische Barockspezialist Ottavio Dantone, Zubin Mehta und andere.

    Helga Schmidt ist Intendantin des 2005 eröffneten Palau de les Arts Reina Sofia in Valencia. Die ehemalige künstlerische Leiterin des Covent Garden in London präsentierte 2005 - mit der einst spendablen Unterstützung der Lokalpolitiker der Provinzverwaltung, der Generalitat Valenciana - eine Saison, die sich international sehen lassen konnte. Große Geldprobleme gab es damals noch nicht und Wagners Ring, von der Fura des Baus grandios in Szene gesetzt, zog Opernfreunde aus aller Welt an. Seit Monaten hingegen versucht die Österreicherin die finanzpolitische Quadratur des Kreises. Angesichts der dramatischen spanischen Wirtschaftskrise, die den Großraum Valencia besonders trifft, zirkulieren üble Gerüchte um die Zukunft des Hauses. Helga Schmidt wischt das Gerede vom Tisch, auch wenn die Zahlen, die sie nennt, alles andere als rosig sind:

    "Das Opernhaus in Valencia wird nicht schließen. Die reine Subvention von der Generalitat war im ersten Jahr 32,5 Millionen Euro. Heute habe ich 17 Millionen Euro. Nächstes Jahr 15 Millionen und damit muss ich auskommen."

    Zunächst kürzte Intendantin Helga Schmidt ihr eigenes Gehalt um 60 Prozent. Dann die Gehälter ihrer Mitarbeiter, des Orchesters und des Chores. Sie strich die kostspieligen Programmhefte und entschied sich, die Opernsaison und das Sommerfestival unter Leitung von Zubin Metha zu verkleinern. Dank ihrer ausgezeichneten Beziehungen gelingt es ihr, Dirigentenstars und prominente Sänger zu niedrigeren Gagen als normalerweise üblich zu engagieren. Und sie entschied sich, nur noch gängige Titel in die neue Saison aufzunehmen. Für Avantgarde und andere Experimente habe sie, so Helga Schmidt, in diesen Zeiten kein Geld:

    "Dazu kommt, dass wir keine oder höchstens eine neue Produktion im Jahr machen. Momentan ist es wichtig, dass das Haus vom Publikum geliebt wird und wirklich ausverkauft ist."

    Hilfreich beim Sparen ist Helga Schmidt das von ihr am Palau gegründete Zentrum zur stimmlichen Weiterbildung "Placido Domingo". In diesem Zentrum werden viele Sänger der neuen Opernaufführungen am Palau rekrutiert - und hier liegt das große Manko vieler Aufführungen in Valencia: die stimmliche Qualität lässt oft zu wünschen übrig. Schlechte Rezensionen zur Besetzung der Opern nimmt Helga Schmidt aber in Kauf:

    "Wenn die Titel, 'Bohème' 'Rigoletto' und 'Barbiere' et cetera. So gut verkauft sind, das Publikum liebt diese Titel, ist es ihnen im Grunde genommen egal, ob da ein Star oder Nichtstar in der Besetzung ist."

    Das Palau in Valencia: vom spanischen Vorzeigeopernhaus zur simplen städtischen Bühne herunter gekommen? Nein, das sieht Helga Schmidt nicht so. Mit populären Operntiteln, viel kostengünstigem Nachwuchs und einigen wichtigen Namen versucht die das Opernhaus heil durch die dramatische spanische Wirtschaftskrise zu manövrieren. Allerdings hofft sie inständig, dass diese Krise nicht allzu lange dauert, denn weitere finanzielle Kürzungen kann sie nicht verkraften. Noch weiß sie nicht, ob sie mit den zugesagten 15 Millionen Euro für 2013 überhaupt auskommen wird.