"Dieses Land widert mich an. Die Arbeit ist hart und gefährlich. Bevor ich im Knast lande, haue ich ab. 20 Dinar täglich und nichts zu fressen. In Paris würde ich sogar als Gepäckträger arbeiten. In Hammdia bleibe ich ein Nichts."
El Gord, das Heu, so heißt der sehenswerte Dokumentarfilm des jungen tunesischen Filmemachers Hamza Ouni, der bald auf dem Filmfest in Abu Dhabi zu sehen sein wird. Darin dokumentiert Ouni den Alltag zweier junger Männer, die sich als Tagelöhner in der Landwirtschaft durchschlagen.
"Zwei junge Tunesier, Anfang 20. Außenseiter, deklassiert. Wie viele Opfer des Ben-Ali-Regimes sind sie mit der Arbeitslosigkeit und der ökonomischen Armut aufgewachsen."
Die beiden Protagonisten träumen von einem besseren Leben im Ausland. Vergeblich. Der eine, Washwasha, landet im Gefängnis, und der kämpferische Khairi:
"Mit Benzin übergossen und angezündet. Nichts mehr zu verlieren."
"Khairis Selbstverbrennung hat mich schockiert. Ich wollte etwas für ihn tun. Also stoppten wir die Dreharbeiten und der Film endete vorerst mit dem Bild von einem roten Plakat und Khairi, der von einem Bürgerkrieg spricht."
Seit Monaten attackieren Anhänger der islamistischen En-Nahda-Regierungspartei und mit ihnen verbündete Salafisten vielerorts in Tunesien Kulturzentren, Theater, Galerien und Universitäten. Die meisten der knapp 90 tunesischen Kinos wurden geschlossen.
"Seit mehr als einem Jahr finden sich junge Leute täglich vor Gericht wieder, weil sie ihre Meinung frei äußern. Rappern oder Graffiti-Sprayern drohen hohe Gefängnisstrafen. Es trifft auch Journalisten und Künstler. Einer muss für fünf Monate ins Gefängnis, weil er einen Minister mit einem Ei beworfen hat. Wenn die Regierung die Gesetze aus der Ben-Ali-Zeit weiterhin anwendet, landet bald die halbe Bevölkerung im Gefängnis."
Im Internetcafé des Théâtre l'Étoile du Nord im Zentrum von Tunis, einem beliebten Treffpunkt von Studenten, spricht die Journalistin Henda Shenawi über den Fall des Bloggers Jebre Mijri. Der 21-Jährige hatte auf seinem Blog offen erklärt, Atheist zu sein. Das reichte den Islamisten, um ihn massiv auf ihren Internetseiten zu bedrohen. Ein tunesisches Gericht verurteilte Mijri zu sieben Jahren Haft.
"Als Emina Souboui oder Weld El 15 oder Künstler wie Nasreddin Shili verhaftet wurden, gab es großen Protest. Dieser fiel im Fall Mejris nur eher verhalten aus. Sein Fall berührt ein Tabuthema, den Atheismus. Für unsere Politiker ein zu heißes Eisen."
Im Stadtviertel Baldoff nahe der Medina von Tunis in Nachbarschaft zur Akademie der schönen Künste liegt das unabhängige alternative Theater und Kulturcafé Mass Art. Salah Hammouda, ein junger Theaterregisseur und Kabarettist, leitet das Theater.
"Heute heißt es nicht mehr Gefährdung der staatlichen Ordnung, heute sind es Gründe wie Gotteslästerung, die einen ins Gefängnis bringen. Das haben ich und eine Gruppe von Künstlern erlebt, als wir einer Theatergruppe in der Stadt Kef helfen wollten. Randalierende Salafisten hatten damit gedroht, das Theater in Kef in Brand zu setzen. Die örtliche Polizei hat uns aber nicht vor den Randalierern geschützt, sondern wegen unmoralischen Verhaltens festgenommen."
Salah Hammouda ist Globalisierungskritiker. Er will nicht, dass Tunesien von Islamisten oder Frankreich, von Qatar oder der Weltbank dominiert wird. Mit seinen Theaterprojekten möchte er die Freiheitstraditionen der Tunesier stärken. Und er unterstützt die einfachen Leute, damit sie mit ihrem schwierigen Schicksal besser fertig werden.
""Die Islamisten manipulieren die Unterschicht. Im Gefängnis wurden wir nach unseren Berufen gefragt. Unter uns waren Professoren für Tanz und Theater und Leiter von Kulturzentren. Ein Querschnitt der akademischen Elite im Land. Draußen hatte man Drogendealer, Zuhälter und Kleinkriminelle versammelt, die ihre vernarbten und verlebten Gesichter hinter Bärten versteckt hielten. Sie skandierten kafir, das arabische Wort für Ungläubige. Eine absurde und kafkaeske Situation.”"
Wegen solcher Einschüchterungsversuche wollen viele Künstler und Intellektuelle das Land verlassen. Die Zahl der Visaanträge hat sich 2013 verdreifacht. Das könnte den Kampf der engagierten Jugend in Tunesien erschweren und dabei, den Kräften zu widerstehen, die meinen, dass Demokratie ein Problem sei. Weil sie Journalisten und Künstlern ermöglicht, frei ihre Meinung zu sagen.
El Gord, das Heu, so heißt der sehenswerte Dokumentarfilm des jungen tunesischen Filmemachers Hamza Ouni, der bald auf dem Filmfest in Abu Dhabi zu sehen sein wird. Darin dokumentiert Ouni den Alltag zweier junger Männer, die sich als Tagelöhner in der Landwirtschaft durchschlagen.
"Zwei junge Tunesier, Anfang 20. Außenseiter, deklassiert. Wie viele Opfer des Ben-Ali-Regimes sind sie mit der Arbeitslosigkeit und der ökonomischen Armut aufgewachsen."
Die beiden Protagonisten träumen von einem besseren Leben im Ausland. Vergeblich. Der eine, Washwasha, landet im Gefängnis, und der kämpferische Khairi:
"Mit Benzin übergossen und angezündet. Nichts mehr zu verlieren."
"Khairis Selbstverbrennung hat mich schockiert. Ich wollte etwas für ihn tun. Also stoppten wir die Dreharbeiten und der Film endete vorerst mit dem Bild von einem roten Plakat und Khairi, der von einem Bürgerkrieg spricht."
Seit Monaten attackieren Anhänger der islamistischen En-Nahda-Regierungspartei und mit ihnen verbündete Salafisten vielerorts in Tunesien Kulturzentren, Theater, Galerien und Universitäten. Die meisten der knapp 90 tunesischen Kinos wurden geschlossen.
"Seit mehr als einem Jahr finden sich junge Leute täglich vor Gericht wieder, weil sie ihre Meinung frei äußern. Rappern oder Graffiti-Sprayern drohen hohe Gefängnisstrafen. Es trifft auch Journalisten und Künstler. Einer muss für fünf Monate ins Gefängnis, weil er einen Minister mit einem Ei beworfen hat. Wenn die Regierung die Gesetze aus der Ben-Ali-Zeit weiterhin anwendet, landet bald die halbe Bevölkerung im Gefängnis."
Im Internetcafé des Théâtre l'Étoile du Nord im Zentrum von Tunis, einem beliebten Treffpunkt von Studenten, spricht die Journalistin Henda Shenawi über den Fall des Bloggers Jebre Mijri. Der 21-Jährige hatte auf seinem Blog offen erklärt, Atheist zu sein. Das reichte den Islamisten, um ihn massiv auf ihren Internetseiten zu bedrohen. Ein tunesisches Gericht verurteilte Mijri zu sieben Jahren Haft.
"Als Emina Souboui oder Weld El 15 oder Künstler wie Nasreddin Shili verhaftet wurden, gab es großen Protest. Dieser fiel im Fall Mejris nur eher verhalten aus. Sein Fall berührt ein Tabuthema, den Atheismus. Für unsere Politiker ein zu heißes Eisen."
Im Stadtviertel Baldoff nahe der Medina von Tunis in Nachbarschaft zur Akademie der schönen Künste liegt das unabhängige alternative Theater und Kulturcafé Mass Art. Salah Hammouda, ein junger Theaterregisseur und Kabarettist, leitet das Theater.
"Heute heißt es nicht mehr Gefährdung der staatlichen Ordnung, heute sind es Gründe wie Gotteslästerung, die einen ins Gefängnis bringen. Das haben ich und eine Gruppe von Künstlern erlebt, als wir einer Theatergruppe in der Stadt Kef helfen wollten. Randalierende Salafisten hatten damit gedroht, das Theater in Kef in Brand zu setzen. Die örtliche Polizei hat uns aber nicht vor den Randalierern geschützt, sondern wegen unmoralischen Verhaltens festgenommen."
Salah Hammouda ist Globalisierungskritiker. Er will nicht, dass Tunesien von Islamisten oder Frankreich, von Qatar oder der Weltbank dominiert wird. Mit seinen Theaterprojekten möchte er die Freiheitstraditionen der Tunesier stärken. Und er unterstützt die einfachen Leute, damit sie mit ihrem schwierigen Schicksal besser fertig werden.
""Die Islamisten manipulieren die Unterschicht. Im Gefängnis wurden wir nach unseren Berufen gefragt. Unter uns waren Professoren für Tanz und Theater und Leiter von Kulturzentren. Ein Querschnitt der akademischen Elite im Land. Draußen hatte man Drogendealer, Zuhälter und Kleinkriminelle versammelt, die ihre vernarbten und verlebten Gesichter hinter Bärten versteckt hielten. Sie skandierten kafir, das arabische Wort für Ungläubige. Eine absurde und kafkaeske Situation.”"
Wegen solcher Einschüchterungsversuche wollen viele Künstler und Intellektuelle das Land verlassen. Die Zahl der Visaanträge hat sich 2013 verdreifacht. Das könnte den Kampf der engagierten Jugend in Tunesien erschweren und dabei, den Kräften zu widerstehen, die meinen, dass Demokratie ein Problem sei. Weil sie Journalisten und Künstlern ermöglicht, frei ihre Meinung zu sagen.