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Kulturexport auf Zelluloid?

Filmfestivals sind immer auch Drehscheiben für den Auslands-Import von Filmen, aber weil’s da mehr ums Geld geht als um die Kunst finden sich die Einkäufer mit Extra-Ausweisen in cineastischen Separees wieder und die Kritiker tummeln sich (bei schlechterem Essen) in den großen Sälen. Gut, dass es die Export-Union des deutschen Films gibt, die die ''Ware deutscher Film'' als Kulturgut auf Reisen schickt, derzeit gerade nach Madrid. 'Schwer vermittelbar' ist das Urteil, das dem deutschen Film bisweilen vorauseilt, egal, ob es sich um gedankenschweres Alt-Achtundsechziger-Material handelt oder um die inzwischen auch schon wieder mittelalte deutsche Komödie. Dennoch sind die Stars von gestern im Ausland noch am ehesten die Stars von heute, wie das in Madrid zuverlässig am Beispiel Volker Schlöndorff nachvollzogen werden kann. Die Deutsche Export-Union möchte naturgemäß für die ganz junge Produktion interessieren, für ''Solin'' von Fatih Akin, für ''Elefantenherz'', ''Westend'', ''Wolfsburg'' oder ''Halbe Treppe''.

Von Gregor Ziolkowski |
    Das ist ´ne schwierige Sache.

    Man konnte anderes kaum erwarten - deutsche Filme im Ausland zu verkaufen, ist keinesfalls ein Spaziergang. Stefan Schmitz, Organisator dieses deutschen Filmfestivals in Madrid, weiß da genau, wovon er spricht.

    Alle Leute sagen, wir kennen natürlich deutsches Kino, denn wir kennen Faßbinder, Schlöndorff, Herzog und Wenders. Und das ist für jemand, der deutschen und insbesondere jungen deutschen Film im Ausland bewerben und promoten möchte, ist das ein hartes Brot, weil: Niemand will etwas von Ihnen wissen, es sei denn, Sie bringen einen von diesen Altmeistern, die sensationelle Filme gemacht haben und auch noch sensationelle Filme machen.

    Es mag insofern eine Konzession an solche Misslichkeiten sein, dass im Rahmen dieses Festivals eine kleine Retrospektive mit vier Filmen von Volker Schlöndorff zu sehen sein wird. Aber stärker noch dürften Volker Schlöndorffs Filme als eine Art Kontrastmittel zum Einsatz kommen.

    Man muss wirklich sagen, dass es in Deutschland eine neue Generation von Filmemachern gibt, über die man sich freuen kann. Das sind junge Filmemacher zwischen 25 und 45, die ´ne neue Sprache haben.

    Und wie ernst man es meint, hier tatsächlich Entdeckenswertes zu präsentieren, zeigen allein zwei Kriterien für die Auswahl: Filme, die bereits einen Verleih in Spanien haben, kommen nicht zu diesem Festival, und solchen, die bei anderen spanischen Festivals wie in San Sebastián oder Valladolid für den Wettbewerb kandidieren, werden ebenfalls nicht dadurch blockiert, dass sie bereits in Madrid zu sehen waren. Die großen deutschen Erfolge wie "Lola rennt" oder jetzt "Good Bye, Lenin" tauchen demnach auf diesem Festival nicht auf, weil eines der Ausschlusskriterien in der Regel für sie zutrifft. Hier ist alles überschaubar und klein, es gibt nur ein Festival-Kino – man setzt auf Konzentration und Intimität, aber dahinter steckt weniger die Ausstellung deutscher Gemütlichkeit als eine durchdachte Verkaufsstrategie.

    Wenn Sie Verleiher sind und müssen sich den Film in Cannes mit englischen Untertiteln ansehen mit einem internationalen Profi-Publikum, dann ist das eine Art von Filmgenuss, und wenn Sie das mit spanischen Untertiteln und Ihrem spanischen Publikum sehen, dann gibt Ihnen das eine ganz andere Kraft, wenn Sie darüber entscheiden wollen, ob Sie den Film kaufen wollen oder nicht.

    Der zurückhaltende Festivalchef will sich nicht gern festlegen, wie viele solcher Geschäftsabschlüsse sich genau dieser Präsentation verdanken – die spanischen Verleiher würden hinterher schließlich nicht mitteilen, dass es genau jene Gelegenheit war, die ihren Entschluss hervorgebracht hat. Aber nimmt man die Akzeptanz des Publikums als Beleg für ein steigendes Interesse am deutschen Film, so ist eine Zahl von etwa 6000 Zuschauern an diesen fünf Festivaltagen allemal beachtlich. Zumal der Juni als einer der schwächsten Monate in der Jahresbilanz spanischer Kinos gilt. Vor allem die gute und zuletzt stabile Besucherresonanz hat dazu geführt, dass jetzt, im fünften Jahr der Existenz des Festivals, ein etwas erweitertes Programm vorgestellt wird. Acht Spielfilme, zwei Dokumentarfilme, vier Kurzfilme und elf Arbeiten, die an Filmakademien entstanden sind, bilden das Programm, daneben die restaurierte Fassung des Klassikers "Das Cabinet des Dr. Caligari" mit Live-Musik und die Schlöndorff-Reihe. Gesprächsrunden nach den Aufführungen unterstreichen den Charakter dieses Festivals als Kontakt- und Anbahnungsstelle, und vielleicht ist da langsam wieder eine Zeit angebrochen, in der es etwas leichter ist, deutsche Filme im Ausland zu verkaufen.

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