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Kulturfinanzierung
Roms Theater kämpfen ums Überleben

Rom ist fast pleite - deshalb gibt es auch im vorher relativ stark subventionierten Kulturbereich viele Kürzungen. Das betrifft auch die von der Stadt mitfinanzierten Theater - besonders schwierig ist die Lage vieler privater Theater.

Von Thomas Migge | 03.08.2014
    Blick in das grüne Haus der Villa Torlonia Theater in Rom
    Das 1840 erbaute Villa Torlonia Theater in Rom wurde 2013 nach aufwendiger Restaurierung wiedereröffnet - doch ohne entsprechende Finanzmittel ist nicht ausgeschlossen, dass diese jetzt wieder prächtige Bühne erneut so gut wie unbenutzt bleibt. (picture alliance / dpa / Donatella Giagnori / Eidon)
    Bis zum 10. August werden sie das Theater aus dem 18. Jahrhundert räumen. Mit dieser überraschenden Zusage an die Stadtverwaltung kommen Regisseure, Schauspieler und andere Theaterleute, die seit Juni 2011 das römische Schauspielhaus Teatro Valle besetzen, einer für den 1. August angedrohten Räumung durch die Polizei zuvor. Die Stadt Rom akzeptiert den späteren Zeitpunkt. Die Theaterbesetzer erhoffen sich nun von der Stadt eine Zukunft für das Valle. Dazu Theaterbesetzerin und Schauspielerin Silvia Gallerano:
    "Wir erwarten einen runden Tisch, an dem wir zusammen mit der römischen Kulturdezernentin das Weiterbestehen dieses Theaters diskutieren, dass, wenn es nicht von uns besetzt und bespielt worden wäre, dichtgemacht hätte. Wir freuen uns, dass die Stadt auf uns zukommt und mit uns zusammen Entscheidungen treffen will."
    Drei Jahre lang boten die Theaterbesetzer im Teatro Valle eigenfinanziert Schauspiel, Musik und Tanz. Unterstützt wurden sie dabei von so bekannten Regisseuren wie Peter Stein, Nanni Moretti und Peter Brook, die mehrfach im besetzten Theater gratis inszenierten. Für ihr vielseitiges Kulturprogramm, das aus dem Valle die wichtigste alternative Bühne Italiens machte, wurden die Theaterbesetzer im vergangenen März mit dem Princess Margriet Award der European Cultural Foundation ausgezeichnet. Doch der italienische Rechnungshof ließ sich von solchen Auszeichnungen nicht beeindrucken: es gehe nicht an, so die Richter vor einigen Wochen, dass ein städtisches Gebäude so lange besetzt sei. Roms neue Kulturdezernentin Giovanna Marinelli fasste deshalb den Entschluss, den Besetzern entgegenzukommen: sie schlägt eine Zusammenarbeit vor. Doch ob aber das Teatro Valle, einst Roms wichtigste Schauspielbühne, wieder voll bespielt werden wird, steht auf einem anderen Blatt: die Stadt Rom ist nahezu pleite und kürzt seit Monaten rigoros ihre Kulturausgaben.
    Doch in der aktuellen Theaterkrise in Italiens Hauptstadt geht es nicht nur um das Teatro Valle. Carlo Fuortes, Intendant der römischen Staatsoper, versucht seit Monaten, deren Überleben zu garantieren. Carlo Fuortes:
    "Für ein so bedeutendes Haus wie das unsere ist ein Defizit in Höhe von rund 40 Millionen Euro eine schwere Bürde. Wir haben aber das Glück, dass wir dank eines Gesetzes des Kulturministeriums rund 20 Millionen Euro erhalten, um das Theater von Grund auf zu sanieren. Wenn wir alle Opfer bringen, haben wir die Krise bis Ende des Jahres im Griff."
    Mit diesem Opfer ist natürlich die Reduzierung der Gehälter der rund 600 Mitarbeiter des Opernhauses verbunden. Dagegen sprechen sich aber einige der verschiedenen Gewerkschaften, in denen die Mitarbeiter organisiert sind aus. Die Folge: seit Tagen wird das Sommerfestival des Opernhauses bestreikt. Vergangenen Dienstag sollte wegen dieser gespannten Lage das römische Musiktheater geschlossen werden. Nur in allerletzter Sekunde konnte man sich einigen. Vorläufig einigen - denn bevor die Euromillionen zur Rettung des Theaters aus dem Kulturministerium überwiesen werden, muss mit der konkreten Umsetzung des Reformplans des Intendanten begonnen werden, und ob das der Fall sein wird, ist angesichts der aggressiven Parolen einiger Gewerkschaften mehr als unklar. Unklar ist auch die Zukunft des Teatro Eliseo, Roms wichtigstem privaten Schauspielhaus, klagt Regisseur Massimo Vulcano:
    "Wir werden hier aus dem Gebäude rausgeworfen, wenn die Eigentümer, einige Unternehmer, nicht mehr in dieses Theater mit seinen zwei Bühnen investieren. Wir haben den Bürgermeister gebeten, uns zu helfen, aber keine Antwort erhalten."
    Die Geldgeber des Teatro Eliseo ziehen sich aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise zurück. Die klamme Stadtverwaltung kann auch hier nicht einspringen. Roms Theaterkrise betrifft weitere 15 private Theater. Einrichtungen, die bisher von öffentlichen Geldern kräftig mitfinanziert wurden. Doch ohne diese Gelder gehen, Theater für Theater, die Lichter auf Roms Bühnen aus.