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Kulturpolitik im Ausland wird gestärkt

Der Generalsekretär der "Alexander von Humboldt"-Stiftung, Georg Schütte, begrüßt die höhere finanzielle Ausstattung der Kulturpolitik im Ausland. Mit der Steigerung des Etats um fast 16 Prozent sei es beispielsweise möglich "die Goethe-Institute auf Kurs zu bringen", die unter langjährigen Kürzungen gelitten hätten. Eine höhere Abhängigkeit der kulturellen Mittlerorganisationen von der Politik befürchtet Georg Schütte nicht.

Georg Schütte im Gespräch mit Christoph Schmitz |
    Christoph Schmitz: Es war der Leipziger Kulturhistoriker Karl Lamprecht, der 1912 seine viel beachtete Rede über auswärtige Kulturpolitik hielt. Damit war der Begriff in der Welt: auswärtige Kulturpolitik. Ein Begriff, über den kommunikativer Austausch auf den Weg gebracht werden sollte, denn das hatte sich der von Lamprecht mitbegründete "Verband für internationale Verständigung" im nationalen und im nationalistischen Europa auf die Fahnen geschrieben.

    Willy Brandt war es dann, der die Idee zur dritten Säule der auswärtigen Kulturpolitik machte, neben der Sicherheits- und Außenwirtschaftspolitik. Damit fährt Deutschland im Auswärtigen Amt noch heute. Die Mittlerorganisationen wie das Goethe-Institut, der "Deutsche Akademische Austauschdienst" oder die "Alexander von Humboldt"-Stiftung gestalten die auswärtige Kulturpolitik im Auftrag des Auswärtigen Amtes.

    Unter den Außenministern Kinkel und Fischer ist die Finanzierung dieser Einrichtungen wenn nicht geschleift, so aber doch an den Rand ihrer Arbeitsmöglichkeiten gedrängt worden. Mit Walter Steinmeier wendete sich das Blatt. Eine finanzielle Steigerung um fast 16 Prozent hat er ihnen beschert. Wie hat sich die Kulturpolitik des Auswärtigen Amtes seit - und mit - Steinmeier darüber hinaus entwickelt. Das habe ich den Generalsekretär der "Alexander von Humboldt"-Stiftung gefragt, Georg Schütte.

    Georg Schütte: Aus unserer Sicht ist das eine positive Entwicklung. Die auswärtige Kulturpolitik ist in den früheren Jahren ganz oft mit Ideen überfrachtet worden, mit Ansprüchen überfrachtet worden, aber dann nicht so ausgestattet worden, dass sie solchen Ansprüchen gerecht werden konnte.

    Wir haben in den vergangenen Jahren Möglichkeiten bekommen, Dinge zu tun, für die uns in den vergangenen Jahren das Geld fehlte. Es gab zusätzliche Mittel, um die Goethe-Institute wieder auf Kurs zu bringen, die gelitten hatten unter langjährigen Kürzungen und damit auch Institutschließungen, die öffentlich kritisiert wurden. Hier ist der Trend umgekehrt worden, die Goethe-Institute konnten sich neu aufstellen, die Auslandsschulen wurden gestärkt.

    Das heißt, ganz bewusst wurde ein Schritt auf die Generation der jungen Menschen im Ausland zugegangen, die Bezüge zu Deutschland aufbauen. Der dritte Schritt war dann eine Stärkung der Organisationen, die im akademischen Bereich tätig sind, die also durch die Zusammenarbeit in Bildung, Hochschulbildung und Forschung dafür sorgen, dass auch zwischen den akademischen und wissenschaftlichen Gruppen und auch Eliten anderer Länder und Deutschland, dass hier die Beziehungen gestärkt werden.

    Schmitz: Herr Schütte, reichen denn die öffentlichen Mittel aus, die Sie für die Humboldt-Stiftung und die Mittlerorganisationen überhaupt erhalten, um die Welt mit der deutschen Kultur vertraut zu machen, zumal ja mit der Globalisierung nicht nur Wirtschaftsregionen miteinander konkurrieren, sondern auch Kulturregionen? Also ist das Geld denn ausreichend vorhanden jetzt?

    Schütte: Nun, wir hatten, wenn man es betrachtet von 93 bis 2005, einen Mittelrückgang um 14 Prozent, der wird jetzt kompensiert. Das heißt, wir kommen wieder auf ein Niveau von Anfang der 90er-Jahre zurück, können jetzt auch in diesem Jahr sogar darüber hinausgehen. Was das heißt für die Herausforderungen insgesamt, genau wie Sie sagen, die sind nicht kleiner geworden. Wir stehen auch in einer größeren Konkurrenz mit anderen Ländern. Wenn Sie sehen, wie Nationen wie China beispielsweise ihre Kulturinstitute ausbauen, wie sie in den Bildungssystemen investieren und diese Systeme expandieren, wie auch hier international Stipendien vergeben werden, das ist eine Herausforderung.

    Schmitz: Bisher waren sich Politik, Ministerien und auch die Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturpolitik mehr oder weniger einig darüber, dass das Goethe-Institut beispielsweise, dass Ihre Humboldt-Stiftung, Herr Schütte, unabhängig von der jeweils aktuellen Bundesregierung ihre Programme inhaltlich gestalten können. Ist das noch immer so, obwohl Sie mehr Geld vom Staat bekommen, oder kommen jetzt auch die Forderungen, die inhaltlichen Forderungen?

    Schütte: Es ist eigentlich ein doppelter Prozess. Wir sind immer wieder Ideenlieferanten für das Auswärtige Amt, auch für das Bildungs- und Forschungsministerium, mit neuen Instrumenten, die der Zeit angemessen, einem modernen Deutschlandbild angemessen sind.

    Gleichzeitig steigen auch die Anforderungen, die an uns auf der politischen Ebene gestellt werden. Nur ein Beispiel: Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, die Ausgaben für die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern, und damit wird auch in der auswärtigen Kulturpolitik gefragt, wie viel Geld gebt ihr für Länder aus, wo wir die Kosten anrechnen können auf diese Entwicklungshilfequote. Das liegt zum Teil auf der Linie dessen, was wir tun, aber hier gibt es auch Zielkonflikte, das darf man gar nicht verneinen.

    Schmitz: Ich muss da noch einmal nachfragen: Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt heute, die politische Unabhängig Ihrer Organisationen sei mittlerweile völlig verschwunden. Was sagen Sie dazu?

    Schütte: Nein, das ist so nicht richtig. Wir arbeiten als Mittlerorganisation der auswärtigen Kulturpolitik, aber auch der Außenwissenschaft, der Wissenschaftsaußenpolitik, durchaus in einem angemessenen Verhältnis, aber auch in einer angemessenen Distanz zur Politik, anders ist das auch gar nicht möglich. Anders würden wir im Ausland nicht glaubwürdig sein können, beispielsweise die Humboldt-Stiftung als Wissenschafts- und Forschungsförderorganisation auf der internationalen Ebene. Das ist ein Feld, was nicht politisch gesteuert sein kann. Hier greift auch die Selbstverwaltung der Wissenschaft und wissenschaftsinterne Maßstäbe. Anders ist es nicht möglich, und das sieht auch die Politik so.

    Schmitz: Georg Schütte, Generalsekretär der "Alexander von Humboldt"-Stiftung, über den Stand der auswärtigen Kulturpolitik in Deutschland.