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Kulturschaffende in Frankreich
"Wir brauchen konkrete Utopien"

Solidaritätsfonds, Ansprüche auf Arbeitslosenversicherung, öffentliche Aufträge - Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat heute Hilfen für die durch die Coronakrise gebeutelte französische Kulturszene angekündigt.

Von Kathrin Hondl |
Eine Frau mit Mund-Nase-Schutz vor dem Pariser Eiffelturm
Frankreichs Kultur muss auf die Öffnung noch warten (MAXPPP/tatif/Wostok)
Frankreichs Kulturleben steht still. Kinos, Konzertsäle, Theater, Museen wurden zuerst geschlossen, noch bevor Mitte März in Frankreich generell eine strenge Ausgangssperre in Kraft trat. Die großen Sommerfestivals sind ohnehin bereits abgesagt.
Frankreichs Künstlerinnen und Künstler bezeichnen sich selbst als die "Vergessenen der Pandemie". In einem Offenen Brief, den die Zeitung "Le Monde" vergangene Woche veröffentlichte, appellierten Hunderte von ihnen – darunter Stars wie Catherine Deneuve und Juliette Binoche - an Präsident Macron: "Monsieur le Président – cet oubli de l’art et de la culture, réparez-le!" - frei übersetzt: "Kunst und Kultur wurden vergessen - Machen Sie das wieder gut, Herr Präsident!"
Dynamisch und energiegeladen
Nun hat sich Macron endlich geäußert. Mit hochgekrempelten Hemdärmeln und der ihm eigenen dynamisch energiegeladenen Art präsentierte der französische Präsident im Elysée-Palast seine Pläne für die Rettung der Kultur. Vorausgegangen war eine knapp dreistündige Videokonferenz mit Personen aus dem Kulturbetrieb, darunter die Popsängerin Catherine Ringer und der Theaterintendant Stanislas Nordey.
Konkret sagte Macron den freien Künstlerinnen und Künstlern zu, dass ihre Arbeitslosenversicherung bis Ende August 2021 weiter greifen werde. Freie Beschäftigte in der Kultur, dazu zählen zum Beispiel auch Bühnentechniker oder Produktionsassistentinnen beim Film, müssen normalerweise eine Mindeststundenzahl erreichen, um Ansprüche auf Arbeitslosengeld zu haben. Davon wird jetzt abgesehen.
"Branche muss sich neu erfinden"
Außerdem sollen selbständige Autorinnen und Autoren für vier Monate keine Sozialabgaben zahlen müssen. Für wegen der Coronakrise ausgefallene Filmproduktionen soll ein Nothilfefonds eingerichtet werden, über Entschädigungen solle dann "von Fall zu Fall" entschieden werden, so der französische Staatschef. Darüberhinaus kündigte Macron ein "großes Programm öffentlicher Aufträge" insbesondere für junge Künstlerinnen und Künstler an.
Macron appellierte aber auch an die gesamte Branche, sie müsse sich neu erfinden und so ihren Teil dazu beitragen, die Zeiten sozialer Distanzierung meistern zu können. Dabei beschwor der Präsident "le génie français", die Kreativität der französischen Künstlerinnen und Künstler. Wörtlich sagte Macron: "Wir brauchen konkrete Utopien." Unter anderem schlug er vor, dass die nun arbeitslosen Künstlerinnen und Künstler in den kommenden Wochen bei der schrittweisen Wiederaufnahme des Schulunterrichts eingesetzt werden könnten.
Kultur ist Chefsache
Insgesamt wollte Macron durch seinen Auftritt den Eindruck vermitteln, dass Kultur in Frankreich Chefsache sei. Damit setzte er ein wichtiges Zeichen, auf das Kunst und Kultur in Frankreich lange warten mussten. Erste Reaktionen aus der Kulturszene waren positiv. Er habe "den Ton" des Präsidenten gemocht, sagte zum Beispiel der Theaterproduzent Jean-Marc Dumontet im Fernsehsender BFMTV.
Bis das Kulturleben in Frankreich wieder anläuft, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Theater, Konzertsäle und Kinos werden vorerst weiter geschlossen bleiben. Wenn ab dem 11. Mai die strenge Ausgangssperre in Frankreich gelockert wird, dürfen zunächst nur Galerien und Buchläden sowie kleinere Museen wieder öffnen.