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Kulturzentrum im Kaisertal

Die Stadt Kufstein am Inn schmückt sich gerne mit dem Titel "Perle Tirols". Und erst vor wenigen Jahren haben findige Touristiker das "Ferienland Kufstein" sozusagen erfunden: Kufstein mit acht umliegenden Gemeinden. Ale Angebote sind nun übersichtlich strukturiert und für den Gast leichter erkennbar.

Von Eva Firzlaff |
    Wir sind auf dem Weg nach oben, kommen vorbei an einer Alm, wir steigen weiter und weiter. Bis wir mit Beatrix Kneringer auf dem Gipfel ankommen. Von dem schmalen Felsen und gucken wir runter auf den Inn:

    "Das ist ein Grenzberg, der Kranzhorn. Er hat auch zwei Gipfelkreuze, ein deutsches und ein österreichisches. Die Grenze geht hier mitten durch. Und er ist 1366 Meter hoch. Wenn es ganz schön ist, dann sieht man bis nach München."

    Aber auch ohne München ist das Fels-Panorama beeindruckend.

    "Links vor uns ist der Zahme Kaiser, dahinter diese Zacken ist der Wilde Kaiser. Und zwischen dem Zahmen und dem Wilden Kaiser ist ein wunderschönes Hochtal, das Kaisertal. Ist Naturschutzgebiet und das einzige Tal in Österreich, in das keine Straße führt. Gibt wunderschöne Steige da rauf. Aber der bequemste Aufstieg ist zwischen Ebbs und Kufstein der Kaisertal-Aufstieg. Da führen 286 Stufen rauf."

    Zur Zeit wird doch eine Straße gebaut, allerdings nur für die wenigen Bewohner des Kaisertals. Alle anderen gehen weiter zu Fuß. Rund um Kufstein gibt es Bergtouren für jeden Geschmack – von gemächlich bis steil und schroff. Und wir sehen von oben einen großen Betonbau, der sich auf der grünen Wiese windet wie eine Schnecke. Das Passionsspielhaus in Erl. Als es entstand vor 50 Jahren, wurde heiß diskutiert. Ulla Fuhrlinger:

    "Es wird heute noch diskutiert, aber die Meinungen sind tendenziell gut, sehr gut. Die Architektur wird eigentlich als sehr revolutionär, als sehr gewagt, aber dann doch gegen die Berge als sehr entsprechend empfunden. Und man ist eigentlich sehr zufrieden, weil die Akustik eben auf Grund dieser Architektur eine phänomenal gute ist."

    Weil die Gemeinde nicht viel Geld hatte, wurde sparsam gebaut. Der rohe Beton ist innen spärlich mit Holzlatten verschalt und die Besucher gucken in den offenen Dachstuhl:
    "Man schaut in einen offenen Dachstuhl, tatsächlich, was auch ein kleines klimatisches Problem ist. Dieser offene Dachstuhl hat aber auch zur Folge, dass diese Akustik so phänomenal ist."

    Später sollte richtig verkleidet werden. Doch das lässt man sein, wegen der Akustik. Und noch eine Besonderheit: Hinter einem transparenten Vorhang sehen wir das Orchster auf der Bühne, auch bei Opern-Aufführungen:

    "Das ist eigentlich so, wie Wagner es immer wollte. Das Orchster sitzt hinter der Bühne und nicht, wie wir es gewohnt sind, in einem Orchestergraben. Orchestergraben gibt es keinen in diesem Haus, sondern das Orchester sitzt eben hinten und der Dirigent ist mit der Bühne durch Monitore verbunden."

    Da die Passionsspiele nur alle sechs Jahre stattfinden - die nächsten im Sommer 2008 – sind in den Zwischenjahren die Tiroler Festspiele eingezogen. Mit Wagner-Opern. Aber nicht nur, sagt Ulla Fuhrlinger:

    "Dieses Haus und dieses Orchester eignen sich einfach wunderbar für diesen Komponisten, aber wir sind keine reinen Wagner-Festspiele. Wir bieten auch sehr viel anderes, z.B. Bruckner, Beethoven, es gibt sehr viel sinfonisches, es gibt zeitgenössisches. Also wir bieten eine sehr breite Palette an."

    Die Karten sind bezahlbar, man muss nicht viele Jahre vorher bestellen und auch keine große Robe tragen.

    In Ebbs, dem Nachbarort von Erl, besuchen wir das größte Haflinger-Gestüt Europas. Man kann hier reiten, Kutsche fahren lernen, das Hof-Museum ansehen und sich von Annemirl Wendlinger erzählen lassen, warum die Schlitten-Pferde im Winter ein prächtiges Glockengeschirr tragen:

    "Damit sie im Winter, wenn sie auf Schnee fahren, das Pferdegespann hören."
    Also nicht nur schöne Zierde. Noch vor 50 Jahren waren die hellbraunen Pferde mit der blonden Mähne nur Tiroler Gebirgspferd. Mittlerweile gehen sie aus dem Gestüt in die ganze Welt. In ihrer Jugend verbringen sie jedoch die Sommer in 1.500 Meter Höhe auf der Alm.

    "Das ist also eine Abhärtung, eine Trittsicherheit, das Wohlbefinden des Haflingers. Das macht die Almhaltung und auch die Herdenhaltung aus. Die Sennerin ist immer mit oben und kommt Ende Oktober heim. So Anfang Juni bis Ende Oktober, dann kommen die Pferde wieder heim."

    Wer hoch in die Berge wandert, kann also nicht nur Kühe treffen, sondern auch Haflinger. Und die Sennerin freut sich sicher über Besuch:

    "Ich war letztes Jahr 14 Tage auf der Niederalm. Es ist sehr schön. Es kann aber auch das Haus und die Wände wackeln, wenn der Wind geht. Auf der Niederalm gibt es Solarstrom, auf der Hochalm gibt es keinen Strom. Und man ist ganz auf sich alleine gestellt."

    Von Ebbs sind es nur wenige Kilometer auf dem Inntal-Radweg bis Kufstein, die man auch zu Fuß schafft. Oder man nimmt das Schiff. Kapitän Ernst Frankhauser:

    "Jetzt ist der Inn durch die Kraftwerke reguliert und gestaut und man hat auch jetzt mehr Wasser. Früher war das nicht so, weil der Inn ist nicht immer auf dem selben Platz geronnen, hatten sich viele Sandbänke aufgetan. Da war der Inn mal zwei Meter tief, dann nur einen halben Meter. Da war mit Schiffen sowieso nichts gewesen. Es wurde alles mit Flößen transportiert."

    Bevor die Staustufen gebaut wurden, hat der Inn immer wieder sein Flussbett verändert, es war schwer, Brücken zu bauen. Doch bei Kufstein ist der Inn zwischen die Felsen gezwängt, konnte also nicht hin und her mäandern. Schon seit etwa 1.000 Jahren steht hier eine Brücke. Damals lange die einzige weit und breit. Verkehr und Handel im Schutze der Festung haben Kufstein Geld gebracht. Das sieht man heute noch an den reich verzierten Fassaden der Bürgerhäuser. Stadtführer Martin:

    "Der Inn war damals die Hauptverkehrsroute und Kufstein hat Ende des 14. Jahrhunderts bei der Erhebung zur Stadt das sogenannte Niederlagsrecht erhalten. Das heißt, jeder, der hier Waren transportierte, musste sie in Kufstein um einen festgelegten Preis auf dem Markt anbieten und durfte nur das nicht verkaufte mitnehmen. Das hat auch einen besonderen Reiz diesem Markt gebracht, weil er Güter geboten hat, die man in großen Metropolen oft nicht gefunden hat. Der Hauptverkehr an Waren aus dem fernen und nahen Osten ging über den Brenner und dann über das Inntal. Man hat hier Gewürze bekommen, seltene Stoffe, eine ganz besondere Attraktivität."

    Eben in Kufstein. Weit ins Land klingt die Heldenorgel von der Festung Kufstein und erinnert an die Gefallenen der beiden Weltkriege. Seit 800 Jahren schon thront die Festung hoch über der Stadt und dem Inn. Sie war nie Herrscher-Sitz, sondern immer nur Grenzfeste, Garnision und Kerker für Prominente. Gottfried Preindl:

    "Es war damals das größte und gefürchtetste Staatsgefängnis in der Monarchie. Es waren inhaftiert die aus der französischen Revolution. Aber ganz bekannt heute noch ist das Gefängnis eigentlich auch, weil ein ungarischer Freiheitsheld, der Roza Sandor, hier oben inhaftiert war."

    Burgdirektor Gottfried Preindl steigt mit uns in den wuchtigen Kaiserturm. Der heißt so, weil sich Kaiser Maximilian damit wohl ein Denkmal setzen wollte, nachdem er die Burg erobert hatte. Von oben haben wir einen wunderbaren Ausblick auf das Inntal und verstehen, wie die Festung über Jahrhunderte die Gegend beherrschte.