Man muss Max Bill nicht lieben, aber man kann ihm Achtung entgegenbringen. Ein sprödes Werk, aber eben ein ungemein vielfältiges, in den unterschiedlichsten Feldern sich bewegendes Oeuvre, das mit der Typographie beginnt (ein Handwerk, das Bill aus purer finanzieller Not aufnahm und dann zu gesellschaftlicher Relevanz führte), das über die konkrete Malerei und die abstrakte Skulptur in die Architektur hinüberlappt und seine größte Konsequenz wahrscheinlich im Design erreicht.
Wie all diese Disziplinen zusammenhängen und wie Bill, nach einer ersten Phase des Suchens, vom Standpunkt des Bauhauses aus all das unter ein ideologisches Dach brachte, das führt diese große Ausstellung mit Werken aller Lebensphasen vor. Seit 1987 hat keine Max-Bill-Retrospektive mehr stattgefunden, und Marion Ackermann, die Leiterin des gerade in seinen gläsernen Kubus am Schlossplatz gezogenen Stuttgarter Kunstmuseums hatte versprochen, bevorzugt Künstler aus der Region zu zeigen.
Bill, der Architekt und langjährige Direktor der Ulmer Hochschule für Gestaltung, ist so einer - obgleich sich gerade am Mythos der HfG zeigt: es ist ein konsequent geplanter Bau, in dem man sich gleichwohl nie richtig wohlfühlt. Asketische, kahle, kalte Räume. Hier sollte gearbeitet werden, Schule gemacht werden (das passierte dann ja auch) - und man kann diese architektonische Philosophie nun anhand von Modellen und Fotos besichtigen.
Man kennt Max Bill heute vor allem als Designer von Alltagsgegenständen: diese elliptischen Küchenuhren aus den sechziger Jahren, die Giraffenhals-Wandlampen, die Patria-Reiseschreibmaschine, der Standard-Lichtschalter des Nachkriegs-Deutschland: alles von Bill. Küchenraffeln hat er entworfen, Kellen und Korkenzieher, aber auch ganze Kinderzimmer und jene mit schmalen Plastikseilen bespannten Balkonstühle, die auf den Oberschenkeln unten immer diese unangenehmen Striemen hinterließen, die aber furchtbar modern aussahen.
Bill war schon als Gymnasiast ziemlich von sich überzeugt, das zeigt ein Selbstportrait als Schüler, die einzige gegenständliche Arbeit der Ausstellung. Seine frühen Idole waren Klee und Kandinsky. Später tauchte er ein in die Welt der konkreten Kunst: die sollte etwas völlig Eigenständiges schaffen, nichts Abstraktes, vom Gegenständlichen "Abstrahierendes", sondern etwas der Natur Gleichwertiges, Mathematisches, Formschönes und absolut Klares. Während die Kubisten die Welt zersplitterten und die Dadaisten Objektfetischismus betrieben, orientierte sich Bill an Mondrians Malerei und ging nach einer Silberschmiedelehre zur Ausbildung ans Bauhaus, das die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk nicht mehr gelten ließ. Dort lernte er bei Klee, Maholy-Nagy, Schlemmer; nach dem Studium Eröffnung einer Graphik-Werkstatt in der Schweiz unter dem schonungslosen Titel "bill-zürich Reklame", in Kleinschreibung, natürlich.
Rund 70 Jahre des 20. Jahrhunderts hat dieser Künstler experimentierend begleitet, in diversen Disziplinen, ohne seinem Credo von mathematisch bestimmbarer Wohlgestalt und Funktionalität untreu zu werden. Und an manches kann man heute noch problemlos anknüpfen. Zum Beispiel an die Ausstellungsarchitektur: Bill entwarf radikal auf die Objekte bezogene Räume etwa für die Triennale in Mailand oder die Schau "Die gute Form", und die Stuttgarter haben solche Ausstellungs-Situationen nun rekonstruiert. Wichtiger noch Bills Beitrag zur Typographie: er behandelt Buchstaben wie Personen, fette, schmale, großspurige, bescheidene, laute, leise. Die Stuttgarter setzen den Betrachter auf den klassischen "Ulmer Hocker", lassen an den Wänden verschiedene Schrift-Typen aufscheinen, zeigen die minutiösen Plakatentwürfe.
Daneben stehen matte oder polierte Stahlgerüste, Drahtspiralen oder abstrakte Skulpturen, die manchmal Negativ-Abbildungen von Vorgänger-Werken sind. Auch als konkreter Maler hat Max Bill sein Werk immer weiter entfaltet: noch in den 1970iger Jahren untersuchte er Farbquanten oder malte Konstruktionen aus 30 gleichen Elementen. Und auch im Design geht es ihm um die Ökonomie des Materials: in der Suche nach dem Neuen zielt Bill immer auf die "richtige", auf eine zwar zeitgebundene, aber klassische Form.
Die Ausstellung geht übrigens auf Tournee nach Rio de Janeiro, Sao Paulo und nach Japan - ein Grund mehr, sie doch eher in Stuttgart anzuschauen.
Wie all diese Disziplinen zusammenhängen und wie Bill, nach einer ersten Phase des Suchens, vom Standpunkt des Bauhauses aus all das unter ein ideologisches Dach brachte, das führt diese große Ausstellung mit Werken aller Lebensphasen vor. Seit 1987 hat keine Max-Bill-Retrospektive mehr stattgefunden, und Marion Ackermann, die Leiterin des gerade in seinen gläsernen Kubus am Schlossplatz gezogenen Stuttgarter Kunstmuseums hatte versprochen, bevorzugt Künstler aus der Region zu zeigen.
Bill, der Architekt und langjährige Direktor der Ulmer Hochschule für Gestaltung, ist so einer - obgleich sich gerade am Mythos der HfG zeigt: es ist ein konsequent geplanter Bau, in dem man sich gleichwohl nie richtig wohlfühlt. Asketische, kahle, kalte Räume. Hier sollte gearbeitet werden, Schule gemacht werden (das passierte dann ja auch) - und man kann diese architektonische Philosophie nun anhand von Modellen und Fotos besichtigen.
Man kennt Max Bill heute vor allem als Designer von Alltagsgegenständen: diese elliptischen Küchenuhren aus den sechziger Jahren, die Giraffenhals-Wandlampen, die Patria-Reiseschreibmaschine, der Standard-Lichtschalter des Nachkriegs-Deutschland: alles von Bill. Küchenraffeln hat er entworfen, Kellen und Korkenzieher, aber auch ganze Kinderzimmer und jene mit schmalen Plastikseilen bespannten Balkonstühle, die auf den Oberschenkeln unten immer diese unangenehmen Striemen hinterließen, die aber furchtbar modern aussahen.
Bill war schon als Gymnasiast ziemlich von sich überzeugt, das zeigt ein Selbstportrait als Schüler, die einzige gegenständliche Arbeit der Ausstellung. Seine frühen Idole waren Klee und Kandinsky. Später tauchte er ein in die Welt der konkreten Kunst: die sollte etwas völlig Eigenständiges schaffen, nichts Abstraktes, vom Gegenständlichen "Abstrahierendes", sondern etwas der Natur Gleichwertiges, Mathematisches, Formschönes und absolut Klares. Während die Kubisten die Welt zersplitterten und die Dadaisten Objektfetischismus betrieben, orientierte sich Bill an Mondrians Malerei und ging nach einer Silberschmiedelehre zur Ausbildung ans Bauhaus, das die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk nicht mehr gelten ließ. Dort lernte er bei Klee, Maholy-Nagy, Schlemmer; nach dem Studium Eröffnung einer Graphik-Werkstatt in der Schweiz unter dem schonungslosen Titel "bill-zürich Reklame", in Kleinschreibung, natürlich.
Rund 70 Jahre des 20. Jahrhunderts hat dieser Künstler experimentierend begleitet, in diversen Disziplinen, ohne seinem Credo von mathematisch bestimmbarer Wohlgestalt und Funktionalität untreu zu werden. Und an manches kann man heute noch problemlos anknüpfen. Zum Beispiel an die Ausstellungsarchitektur: Bill entwarf radikal auf die Objekte bezogene Räume etwa für die Triennale in Mailand oder die Schau "Die gute Form", und die Stuttgarter haben solche Ausstellungs-Situationen nun rekonstruiert. Wichtiger noch Bills Beitrag zur Typographie: er behandelt Buchstaben wie Personen, fette, schmale, großspurige, bescheidene, laute, leise. Die Stuttgarter setzen den Betrachter auf den klassischen "Ulmer Hocker", lassen an den Wänden verschiedene Schrift-Typen aufscheinen, zeigen die minutiösen Plakatentwürfe.
Daneben stehen matte oder polierte Stahlgerüste, Drahtspiralen oder abstrakte Skulpturen, die manchmal Negativ-Abbildungen von Vorgänger-Werken sind. Auch als konkreter Maler hat Max Bill sein Werk immer weiter entfaltet: noch in den 1970iger Jahren untersuchte er Farbquanten oder malte Konstruktionen aus 30 gleichen Elementen. Und auch im Design geht es ihm um die Ökonomie des Materials: in der Suche nach dem Neuen zielt Bill immer auf die "richtige", auf eine zwar zeitgebundene, aber klassische Form.
Die Ausstellung geht übrigens auf Tournee nach Rio de Janeiro, Sao Paulo und nach Japan - ein Grund mehr, sie doch eher in Stuttgart anzuschauen.