Beatrix Novy: Aber vorher erzählen wir in "Kultur heute" von einem fröhlichen Ereignis, einem Großereignis. Wer es verschwitzt haben sollte, wir helfen auf die Sprünge. In München wurde heute das Brandhorst-Museum eröffnet mit einem Staatsakt. Mit diesem Bau gleich neben der Pinakothek der Moderne bekommt die Stadt eine der begehrtesten, modernen Sammlungen Europas. Das Marketing ist bundesweit noch 500 Kilometer entfernt, in Köln zum Beispiel werben Großplakatwände mit Bildern von der Fassade dieses Baus aus dem Büro Sauerbruch und Hutton. Eröffnung ist eigentlich erst am 21. Mai, potenzielle Besucher werden im Internet aufgefordert, sich anzumelden. Die Erwartung des Ansturms wird den Ansturm beflügeln. Hanno Rauterberg hat das Museum schon kennengelernt, hat also hinter die farbige Fassade geschaut. Und an ihn ging die Frage: Wie sieht das aus, wie korrespondieren das Äußere und das Innere bei diesem Museum?
Hanno Rauterberg: Das sind schon zwei ganz verschiedene Welten. Von außen finde das Gebäude sehr verlockend, es ist erst mal sehr fremd - ein Kubus in zwei Teile geteilt, der eigentlich sehr banal aussieht. So wie Museen immer sehr banal aussehen, weil von außen müssen sie ja geschlossen sein, das Licht wird dann so indirekt hineingelenkt. Im Prinzip sind das recht dumme Kisten. Aber diese dumme Kiste haben die Architekten Sauerbruch und Hutton aus Berlin sehr geschickt geschmückt, mit Stäbchen aus Keramik, in sehr unterschiedlichen, schillernden Farben. Und das Interessante ist, von außen, von der Seite gesehen, schließen sich diese Stäbe zu einer Fläche zusammen. Man hat das Gefühl, das ist eine geschlossene Oberfläche. Geht man dann aber näher heran, dann öffnen sich die. Und man kann auf eine zweite Schicht, die hinter den Stäben liegt, gucken und hat das Gefühl, das Gebäude öffnet sich. Das ist nicht so verschlossen, nicht so hermetisch, sondern hat so was Spielerisches. Im Inneren ist es dann recht konventionell, um nicht zu sagen konservativ, was natürlich die Kuratoren sehr gut finden, weil sie möglichst große Spielräume zur Hängung bietet. Es gibt drei Geschosse, recht schmale Fluchten, weil das Gebäude auf einem engen Restgrundstück steht. Und dort sind dann die Bilder auch sehr klassisch präsentiert. Teilweise sehr eng, man wollte eben doch zu Anfang jetzt möglichst viel zeigen von den insgesamt 700 Bildern des Sammlers, 150 davon hat man immerhin schon untergebracht.
Novy: Die Sammlung hat besonders große Bestände von Cy Twombly und Andy Warhol, es sind viele, viele andere auch dabei. Sind diese beiden dann auch besonders stark repräsentiert?
Rauterberg: Ja, Cy Twombly hat sogar eine ganze Etage, nämlich die oberste, eingeräumt bekommen. Und sogar die Architektur hat auf einen seinen Zyklen, den Lepanto-Zyklus, Rücksicht genommen und fängt an, sich zu biegen wie eine Kathedrale, so ist dort die Wand geschwungen. Und das bekommt fast eine sakrale Sphäre dort oben. Meinem Eindruck nach nicht ganz angemessen, weil Cy Twombly ja eher jemand war, der so die heroischen Gesten der abstrakten Expressionisten konterkariert hat, der eher so dieses Leichte, Spielerische hat, so die Leinwände bekritzelt hat, mit kleinen Zeichen versehen hat und nicht die großen Gesten. Und jetzt das plötzlich so was Großartiges. Das finde ich ein bisschen widersprüchlich. Der zweite Held dieser Sammlung ist tatsächlich Andy Warhol. Und man muss sagen, in den letzten zehn Jahren hat doch Brandhorst noch sehr viele Werke gekauft von Andy Warhol, auch frühe Werke gekauft. Insgesamt war mein Eindruck aber der, dass es wenig Überraschungen gibt auch. In dem Mittelgeschoss findet man dann sehr viel amerikanische Künstler, auch natürlich die klassischen deutschen Künstler wie Polke, Baselitz, auch Gerhard Richter, Joseph Beuys, von allem so ein bisschen was. Eine wirkliche Überraschung ist es nicht, und es ist dann auch etwas schwierig, weil sich die Sammlung nicht wirklich abgrenzt von dem, was gleich gegenüber in der Pinakothek der Moderne zu sehen ist.
Novy: Wo man sich natürlich fragen muss, ob das nun eine konkurrente Situation ist und welche Möglichkeiten der Direktor Armin Zweite hat, etwas aus dem, was er da hat, zu machen. Immer nur Dauerausstellungen mit wechselnden Beständen könnte ja nicht genug sein.
Rauterberg: Also im Moment sagen die beiden Leiter - Armin Zweite ist der Leiter der Stiftung und nicht der Direktor, der Direktor des Hauses, es ist eine etwas verquere Kombination, der Direktor des Hauses ist eigentlich der Generaldirektor der bayrischen Gemäldesammlung. Der bezahlt nämlich auch die ...
Novy: Zu der aber dieses Haus auch gehört, obwohl es eine private Stiftung ist.
Rauterberg: Es ist eine Art Public Private Partnership. Also Brandhorst hat 120 Millionen Stiftungskapital eingebracht und eben seine Sammlung im geschätzten Wert von 100 Millionen Euro und besitzt weiterhin die Hoheit über das, was dort gezeigt wird, und auch die Hoheit über das, was künftig angekauft wird. Das heißt, der Generaldirektor, der staatliche Generaldirektor, sitzt noch nicht mal in der Ankaufskommission, darf also nicht mit darüber entscheiden, wie viel von diesen immerhin zwei Millionen jährlich dann gekauft wird. Der Generaldirektor selber - beschämender Weise - besitzt nur einen Ankaufsetat von 65.000 Euro. Das zeigt so ein bisschen, dass es bei diesem neuen Museum auch um etwas Kulturpolitisches geht, nämlich um eine Verlagerung der Macht. Ein Museum hat ja in gewisser Weise Macht, darüber zu entscheiden, was gesammelt wird, was in den Kanon aufgenommen wird. Und zumindest ein Teil dieser Macht muss der Staat nun teilen mit diesem Privatsammler.
Novy: Hanno Rauterberg von der "Zeit" hat auch für uns das neue Museum Brandhorst in München gesehen, das allerdings erst am Donnerstag für die Öffentlichkeit eröffnet wird.
Hanno Rauterberg: Das sind schon zwei ganz verschiedene Welten. Von außen finde das Gebäude sehr verlockend, es ist erst mal sehr fremd - ein Kubus in zwei Teile geteilt, der eigentlich sehr banal aussieht. So wie Museen immer sehr banal aussehen, weil von außen müssen sie ja geschlossen sein, das Licht wird dann so indirekt hineingelenkt. Im Prinzip sind das recht dumme Kisten. Aber diese dumme Kiste haben die Architekten Sauerbruch und Hutton aus Berlin sehr geschickt geschmückt, mit Stäbchen aus Keramik, in sehr unterschiedlichen, schillernden Farben. Und das Interessante ist, von außen, von der Seite gesehen, schließen sich diese Stäbe zu einer Fläche zusammen. Man hat das Gefühl, das ist eine geschlossene Oberfläche. Geht man dann aber näher heran, dann öffnen sich die. Und man kann auf eine zweite Schicht, die hinter den Stäben liegt, gucken und hat das Gefühl, das Gebäude öffnet sich. Das ist nicht so verschlossen, nicht so hermetisch, sondern hat so was Spielerisches. Im Inneren ist es dann recht konventionell, um nicht zu sagen konservativ, was natürlich die Kuratoren sehr gut finden, weil sie möglichst große Spielräume zur Hängung bietet. Es gibt drei Geschosse, recht schmale Fluchten, weil das Gebäude auf einem engen Restgrundstück steht. Und dort sind dann die Bilder auch sehr klassisch präsentiert. Teilweise sehr eng, man wollte eben doch zu Anfang jetzt möglichst viel zeigen von den insgesamt 700 Bildern des Sammlers, 150 davon hat man immerhin schon untergebracht.
Novy: Die Sammlung hat besonders große Bestände von Cy Twombly und Andy Warhol, es sind viele, viele andere auch dabei. Sind diese beiden dann auch besonders stark repräsentiert?
Rauterberg: Ja, Cy Twombly hat sogar eine ganze Etage, nämlich die oberste, eingeräumt bekommen. Und sogar die Architektur hat auf einen seinen Zyklen, den Lepanto-Zyklus, Rücksicht genommen und fängt an, sich zu biegen wie eine Kathedrale, so ist dort die Wand geschwungen. Und das bekommt fast eine sakrale Sphäre dort oben. Meinem Eindruck nach nicht ganz angemessen, weil Cy Twombly ja eher jemand war, der so die heroischen Gesten der abstrakten Expressionisten konterkariert hat, der eher so dieses Leichte, Spielerische hat, so die Leinwände bekritzelt hat, mit kleinen Zeichen versehen hat und nicht die großen Gesten. Und jetzt das plötzlich so was Großartiges. Das finde ich ein bisschen widersprüchlich. Der zweite Held dieser Sammlung ist tatsächlich Andy Warhol. Und man muss sagen, in den letzten zehn Jahren hat doch Brandhorst noch sehr viele Werke gekauft von Andy Warhol, auch frühe Werke gekauft. Insgesamt war mein Eindruck aber der, dass es wenig Überraschungen gibt auch. In dem Mittelgeschoss findet man dann sehr viel amerikanische Künstler, auch natürlich die klassischen deutschen Künstler wie Polke, Baselitz, auch Gerhard Richter, Joseph Beuys, von allem so ein bisschen was. Eine wirkliche Überraschung ist es nicht, und es ist dann auch etwas schwierig, weil sich die Sammlung nicht wirklich abgrenzt von dem, was gleich gegenüber in der Pinakothek der Moderne zu sehen ist.
Novy: Wo man sich natürlich fragen muss, ob das nun eine konkurrente Situation ist und welche Möglichkeiten der Direktor Armin Zweite hat, etwas aus dem, was er da hat, zu machen. Immer nur Dauerausstellungen mit wechselnden Beständen könnte ja nicht genug sein.
Rauterberg: Also im Moment sagen die beiden Leiter - Armin Zweite ist der Leiter der Stiftung und nicht der Direktor, der Direktor des Hauses, es ist eine etwas verquere Kombination, der Direktor des Hauses ist eigentlich der Generaldirektor der bayrischen Gemäldesammlung. Der bezahlt nämlich auch die ...
Novy: Zu der aber dieses Haus auch gehört, obwohl es eine private Stiftung ist.
Rauterberg: Es ist eine Art Public Private Partnership. Also Brandhorst hat 120 Millionen Stiftungskapital eingebracht und eben seine Sammlung im geschätzten Wert von 100 Millionen Euro und besitzt weiterhin die Hoheit über das, was dort gezeigt wird, und auch die Hoheit über das, was künftig angekauft wird. Das heißt, der Generaldirektor, der staatliche Generaldirektor, sitzt noch nicht mal in der Ankaufskommission, darf also nicht mit darüber entscheiden, wie viel von diesen immerhin zwei Millionen jährlich dann gekauft wird. Der Generaldirektor selber - beschämender Weise - besitzt nur einen Ankaufsetat von 65.000 Euro. Das zeigt so ein bisschen, dass es bei diesem neuen Museum auch um etwas Kulturpolitisches geht, nämlich um eine Verlagerung der Macht. Ein Museum hat ja in gewisser Weise Macht, darüber zu entscheiden, was gesammelt wird, was in den Kanon aufgenommen wird. Und zumindest ein Teil dieser Macht muss der Staat nun teilen mit diesem Privatsammler.
Novy: Hanno Rauterberg von der "Zeit" hat auch für uns das neue Museum Brandhorst in München gesehen, das allerdings erst am Donnerstag für die Öffentlichkeit eröffnet wird.