- Im Grunde fühle ich mich durch diese Reaktionen bestätigt. Wenn die erst mal den Fahrplan lesen…Es ist dieses spielerische Element, das in allen meinen Arbeiten vorkommt.
Die Künstler werden von Heidenheimer Firmen gesponsert; einzige Auflage: sie müssen Materialien verwenden, mit denen auch die Fir-men arbeiten. Carsten Gliese hat mit seinen gerasterten Blechen eine Außenfassade neu verkleidet, und das Künstlerpaar Hörner/Antlfinger gibt an das Publikum Brillen aus, mit denen man auf LCD-Displays verborgene Botschaften lesen kann. Die Heidenheimer können so ihre eigene Stadt neu entdecken: Die Displays mit so schönen Sätzen wie Martin Kippenbergers "Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken" stehen nicht nur vor dem Kunstmuseum, sondern auch vor der Marienkirche, dem Altenzentrum, dem Arbeitsamt, vor Kreissparkasse, Krankenhaus, Gymnasium und Bahnhof.
Dann wird man vor eine riesige ovale, vom Zubringer zu einer Schnellstraße umschlossene Brach-Fläche geführt, die der ansonsten gern labyrinthische Garten-Künstler Olaf Nicolai mit grell eingefärb-tem Mulch neu belegt hat. Wer schwindelfrei ist, und als Journalist hat man das zu sein, darf sich auf einer Feuerwehrleiter 30 Meter hoch über das Kunstwerk hieven lassen – und sieht nun, dass in den "Ca-mouflage" genannten Mustern, die den militärischen Tarnjacken nach-empfunden sind, auch kleine Pflanzen sprießen, die die popfarbenen Pseudo-Blumenbeete irgendwann überwuchern werden.
Den Schlusspunkt bildet oben über der Stadt, beim Waldfriedhof, ei-ne Art Nekropole des weitgereisten Klaus Simon. Er hat 160 massive Holzbalken mikado-artig oktogonal zusammengebaut, so dass eine mit vielen Durchblicken und Schlitzen versehene Toten- oder Meditati-ons-Stätte entsteht. Gehalten wird das Ganze von einem innen aufge-hängten, also schwebenden, tonnenschweren Altar aus einer sinniger-weise nicht mehr gebrauchten Kirche im rheinischen Kommern. Er ist der Schlussstein, sagt Klaus Simon, für diesem hölzernen Käfig, für eine Gestalt gewordene Frage:
- Es ist im Grunde genommen eine doppelte Arbeit: eigentlich schwebt der Altar, aber er zieht auch nach unten, er hält durch den puren Druck ein Gebäude zusammen. Also ein Okotogon, ein Achteck, das durch die Kraft, die archaische Kraft dieses Al-tars zusammengehalten wird. Der Titel dieser Skulptur ist: Be-lastung. Der Altar ist eine Last, aber er hält auch das Gebäude zusammen. Es sind natürlich ambivalente Fragen, die da auftau-chen – wir sind ja direkt neben dem Waldfriedhof in Heiden-heim: soll ich mich durch Glauben belasten?