Heather und Patrick Burnett-Rose haben die über die Medien vermittelten Grausamkeiten zu einer audio-visuellen Keule verdichtet. Menschen verbluten, Kinder werden wie Tiere niedergezwungen. Der Titel der DVD "Wargasm" ist kein Kunstwort, sondern steht für den Ausbruch des totalen Krieges. In der Ausstellung "Kritische Gesellschaften" im Badischen Kunstverein befindet sich der Monitor, auf dem der Trailer läuft, neben Fotocollagen von Martha Rosler. Sie klebte in den 70er Jahren Kriegsfotos aus Vietnam in Aufnahmen von amerikanischen Wohnzimmern. Bringung tue War home, heißt die Arbeit. Kuratorin Angelika Stepken zu der Idee des Projekts in Karlsruhe:
" Was mich interessiert hat an der Auswahl der Künstler war immer auch dieses Verhältnis von einem quasi ästhetischen Blick der Kunst zu dem, was Realität ist oder jeder qua Medien an Ungerechtigkeiten erlebt. Wir gucken immer von den Möglichkeiten und Grenzen der Kunst aus. Ich kann mir auch vorstellen, dass ein Effekt dieser vierteiligen Ausstellung ist, zu fragen, was kann Kunst denn eigentlich nicht leisten. "
Oder noch verschlimmern? Die in Bangladesh geborene und in London lebende Runa Islam zeigt 16-mm-Filme, in denen eine junge Frau mit einer spielerischen Pose ihre Tasse über den Rand des Tischs schiebt. Scheinbar ungewollt zerbricht sie das feine Porzellan, hier Symbol für die vom Kolonialismus geknechteten Länder. Die Botschaft von Islam ist in diesem Fall allzu deutlich. Die in der Türkei geborene Niederländerin Eylem Aladogan dagegen schuf ein rätselhaftes Szenario. Ein stilisierter, weiß gestrichener Bomber steht aufrecht vor weißen Wänden auf weißem Boden. Es handelt sich um ein Flugzeug, das für Radargeräte nicht sichtbar ist, ein unheimliches Kriegsgerät, das sich rationaler Vorstellung entzieht. Eylem Aladogan über die Gratwanderung einer politisch inspirierten Kunst:
" Ich möchte keine Botschaft verkünden. Ich mache etwas, das universal ist. Krieg ist universal. Aber ich erzeuge eine emotionale Universalität. "
Die Bandbreite der ausgestellten Arbeiten schwankt zwischen bewusster Parteinahme für die Opfer und Verfahren, sich von der Peripherie dem Grauen zu nähern. Lukas Einsele zum Beispiel dokumentiert die persönlichen Geschichten von Minenopfern, in dem er sie fotografieren lässt und ihre Geschichten aufschreibt. Die Amerikanerin Marlene McCarty dagegen zeichnet harmlos wirkende Jugendliche. Irritation erzeugt allein die transparente Kleidung, die den Blick auf Brustwarzen und erigierte Penisse fallen lässt. Der Wandtext informiert den Besucher, dass es sich unter anderem um ein Mädchen handeln soll, das mit Freunden ihren Vater umgebracht hat. Sie lebten mit Tieren in einer idyllischen Umgebung, hieß es in den Presseberichten, die McCarty als Quellen benutzte. Das Grauen lauert überall, draußen in den Krisenregionen, aber auch daheim, wo wir uns in Sicherheit glauben. Aber wissen wir das nicht schon längst - spätestens seitdem auch in Deutschland ein Schüler Amok gelaufen ist? Angelika Stepken:
" Es geht dabei auch um Form und Inhalt. Also, wenn man die Arbeiten nur inhaltlich fokussieren wollte in Richtung Themenausstellung gibt es natürlich Empörendes zu sehen, ob jetzt die Art wie Massenmedien mit Gewalt operieren oder bei Marlene McCarty wie Gewalt von Jugendlichen ausgeht oder ihnen angetan wird. Die Frage ist, wie man etwas noch übermitteln kann, also was einen wirklich berührt. "
In der Tat schildern die künstlerischen Arbeiten in Karlsruhe eindringlicher als die Massenmedien den Wahnsinn der globalen Welt. Jedoch mit welchen Folgen? Gibt es noch ein kritisches Potential in einer Gesellschaft, in der kritisches Bewusstsein zu einem stumpfen Schwert geworden ist? Das Künstlerpaar Burnett-Rose liefert gute Gründe, darüber nachzudenken: zwei Millionen tote Kinder, sechs Millionen verwundete und acht Millionen Kinder, die Zeuge furchtbarer Gewalt geworden sind.
Informationen:
Kritische Gesellschaften, Badischer Kunstverein in Karlsruhe
(25.März bis 22. November 2005).
" Was mich interessiert hat an der Auswahl der Künstler war immer auch dieses Verhältnis von einem quasi ästhetischen Blick der Kunst zu dem, was Realität ist oder jeder qua Medien an Ungerechtigkeiten erlebt. Wir gucken immer von den Möglichkeiten und Grenzen der Kunst aus. Ich kann mir auch vorstellen, dass ein Effekt dieser vierteiligen Ausstellung ist, zu fragen, was kann Kunst denn eigentlich nicht leisten. "
Oder noch verschlimmern? Die in Bangladesh geborene und in London lebende Runa Islam zeigt 16-mm-Filme, in denen eine junge Frau mit einer spielerischen Pose ihre Tasse über den Rand des Tischs schiebt. Scheinbar ungewollt zerbricht sie das feine Porzellan, hier Symbol für die vom Kolonialismus geknechteten Länder. Die Botschaft von Islam ist in diesem Fall allzu deutlich. Die in der Türkei geborene Niederländerin Eylem Aladogan dagegen schuf ein rätselhaftes Szenario. Ein stilisierter, weiß gestrichener Bomber steht aufrecht vor weißen Wänden auf weißem Boden. Es handelt sich um ein Flugzeug, das für Radargeräte nicht sichtbar ist, ein unheimliches Kriegsgerät, das sich rationaler Vorstellung entzieht. Eylem Aladogan über die Gratwanderung einer politisch inspirierten Kunst:
" Ich möchte keine Botschaft verkünden. Ich mache etwas, das universal ist. Krieg ist universal. Aber ich erzeuge eine emotionale Universalität. "
Die Bandbreite der ausgestellten Arbeiten schwankt zwischen bewusster Parteinahme für die Opfer und Verfahren, sich von der Peripherie dem Grauen zu nähern. Lukas Einsele zum Beispiel dokumentiert die persönlichen Geschichten von Minenopfern, in dem er sie fotografieren lässt und ihre Geschichten aufschreibt. Die Amerikanerin Marlene McCarty dagegen zeichnet harmlos wirkende Jugendliche. Irritation erzeugt allein die transparente Kleidung, die den Blick auf Brustwarzen und erigierte Penisse fallen lässt. Der Wandtext informiert den Besucher, dass es sich unter anderem um ein Mädchen handeln soll, das mit Freunden ihren Vater umgebracht hat. Sie lebten mit Tieren in einer idyllischen Umgebung, hieß es in den Presseberichten, die McCarty als Quellen benutzte. Das Grauen lauert überall, draußen in den Krisenregionen, aber auch daheim, wo wir uns in Sicherheit glauben. Aber wissen wir das nicht schon längst - spätestens seitdem auch in Deutschland ein Schüler Amok gelaufen ist? Angelika Stepken:
" Es geht dabei auch um Form und Inhalt. Also, wenn man die Arbeiten nur inhaltlich fokussieren wollte in Richtung Themenausstellung gibt es natürlich Empörendes zu sehen, ob jetzt die Art wie Massenmedien mit Gewalt operieren oder bei Marlene McCarty wie Gewalt von Jugendlichen ausgeht oder ihnen angetan wird. Die Frage ist, wie man etwas noch übermitteln kann, also was einen wirklich berührt. "
In der Tat schildern die künstlerischen Arbeiten in Karlsruhe eindringlicher als die Massenmedien den Wahnsinn der globalen Welt. Jedoch mit welchen Folgen? Gibt es noch ein kritisches Potential in einer Gesellschaft, in der kritisches Bewusstsein zu einem stumpfen Schwert geworden ist? Das Künstlerpaar Burnett-Rose liefert gute Gründe, darüber nachzudenken: zwei Millionen tote Kinder, sechs Millionen verwundete und acht Millionen Kinder, die Zeuge furchtbarer Gewalt geworden sind.
Informationen:
Kritische Gesellschaften, Badischer Kunstverein in Karlsruhe
(25.März bis 22. November 2005).