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Kunst-Projekt
Pförtnerhaus ohne Grenzen

Ein-Mann-Kontrollhäuschen mit Glasfenstern – in der DDR standen sie vor jedem öffentlichen Gebäude. Der Berliner Künstler Christof Zwiener hat es zum Ausstellungsort auf zwei Quadratmetern umfunktioniert. Von Berlin aus reiste es bis nach Los Angeles, wo es nun dauerhaft bewundert werden kann.

Von Kerstin Zilm |
    Das Kontrollhaus fügt sich perfekt ins Straßenbild zwischen Ampel, Parkplatz, vierspuriger Straße, Restaurants und einem historischen Ziegelbau-Hotel. Autos rauschen vorbei. Passanten, die es bemerken, können sich keinen rechten Reim auf das Aluminiumhäuschen machen.
    Viele Spaziergänger haben keine Ahnung, was sich hinter dem Haus verbirgt. Max und Zack dagegen haben schon gehört, dass es eine historische Bedeutung hat.
    "Ein Checkpoint an der Grenze zu Deutschland."
    "Es war eine Passkontrolle in Berlin hat man mir gesagt. Ja! Checkpoint Charlie!"
    "Es ist noch der DDR-Geruch drin."
    Christof Zwiener öffnet die Tür des Häuschens, in dem sich tatsächlich der typische Behörden-Geruch festgesetzt hat. Kein Wunder! Es stand von 1992 bis 2013 ungeöffnet vor dem Gebäude des ehemaligen ADN. Dem - vom DDR Staat kontrollierten - Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst. Zwiener rettete es vor der Metallpresse. Seit 2013 kuratiert der Künstler in dem Zwei-Quadratmeter-Raum Ausstellungen. Er dokumentiert und kommentiert mit seinen Projekten Veränderungen im öffentlichen Raum. Besonders interessieren ihn zurückgebliebene Spuren politischen Machtanspruchs des SED-Regimes. Das ADN-Pförtnerhaus ist ein ideales Objekt für ihn:
    "Sich damit auseinanderzusetzen, mit der Kontrolle des Massenmediums an sich und dann natürlich das Pförtnerhaus als Kontrollhäuschen für Mitarbeiter und Besucher des hoch sensiblen Bereiches war einfach wunderbar."
    Der Weg von Berlin nach Kalifornien wurde durch das Wende-Museum in Los Angeles geebnet. Es ist Archiv und Forschungsinstitution mit über 100.000 Artefakten und Dokumenten aus Ostblockstaaten, ständig auf der Suche nach Zeugnissen verschwundener Alltagskultur und verlorener Macht. Museumsdirektor Justin Jampol hebt den Kontext des ADN-Pförtnerhauses hervor: Medien, Überwachung und Kontrolle.
    Das Pförtnerhaus als Stolperstein, der zum Nachdenken anregen soll
    "Das sind universelle Themen. Und sicher von großer Bedeutung in Los Angeles, dem Medien- und Kommunikationszentrum der Welt. Was auf den ersten Blick nichts mit uns zu tun hat, ist uns näher als es scheint."
    Christof Zwiener sieht das Projekt als Stolperstein, der auch die zum Nachdenken anregt, die den historischen Zusammenhang nicht kennen, unterstützt durch unterschiedliche Installationen.
    Sonya Schönberger brachte ihr Werk 'Schlüsselübergabe' aus Berlin nach Los Angeles: etwa 2000 Schlüssel aus einer stillgelegten Kaserne der Volkspolizei, traubenartig aufgehängt, eine weitere Spur beklemmender Unterdrückung und Symbol von Kontrollverlust.
    "Objekte tragen Geschichten in sich. Die Menschen, die sie in der Hand hatten. Schlösser, die zu Räumen geführt haben, in denen was passiert ist. Türen, die verschlossen waren, durch die man nicht gehen konnte. Es passiert viel, wenn man anfängt, darüber nachzudenken."
    In Berlin wollte niemand das Pförtnerhaus als Dauerleihgabe beherbergen. Nun wird es im Skulpturengarten am neuen Standort des Wende-Museums nächstes Jahr seinen letzten Standort finden und Christof Zwieners Projekt sicher weitere überraschende Dimensionen hinzufügen.
    "Kein Pförtner in der DDR hätte sich jemals träumen lassen, nach Hollywood zu gehen oder einfach zu reisen. Das Pförtnerhaus hat jetzt diese Gelegenheit, kommt im Prinzip in die Traumfabrik Hollywood und das finde ich schon sehr absurd."
    Ein Passant hat die Unterhaltung mit verfolgt und sieht das Haus, das er für einen Teil der Parkplatzüberwachung hielt, in neuem Licht.
    "Sehr interessant! Die meisten würden darin nur einen alten Schuppen sehen und nicht was dahinter steckt: Trennung und Hass. Er hat es gerettet. Großartig! Jetzt genießt es das tolle Wetter von Los Angeles."