Doris Schäfer-Noske: Irgendwie haben wir uns ja schon fast daran gewöhnt, an diese Rekorde bei den großen Kunstauktionen im Frühjahr und im Herbst. Gestern kam bei Sotheby's in New York ein dreiteiliges Gemälde von Francis Bacon für 86 Millionen Dollar unter den Hammer. Das war der höchste Preis, der je für ein zeitgenössisches Kunstwerk geboten wurde. Dabei waren erst vorgestern bei Christie's für ein lebensgroßes Aktgemälde von Lucian Freud 33,6 Millionen Dollar erzielt worden - auch das ein Rekord. So viel wurde nämlich noch nie bei einer Versteigerung für das Werk eines noch lebenden Künstlers gezahlt. Die Käufer blieben anonym. Doch fragt man sich angesichts ständig neuer Rekorde, ob nicht inzwischen die Superreichen der Welt gut mit Kunst eingedeckt sein müssten. Frage an Stefan Koldehoff: Warum reißt dieser Boom nicht ab?
Stefan Koldehoff: Es gab schon mal so ein Boom, das war Ende der 80er Jahre. Da gab es auch plötzlich unvorstellbare Rekordpreise, die Krönung waren damals die umgerechnet 135 Millionen Mark für das Portrait des Dr. Gachet von Vincent van Gogh. Damals allerdings standen ganz andere Käufer hinter diesen Rekorden. Damals waren es vor allen Dingen japanische Investoren, die kauften, um mit diesen Bildern Geld zu machen, um sie relativ schnell wieder auf den Markt zu werfen. Wenn man heute mit den Verantwortlichen in den Auktionshäusern und den großen New Yorker Galerien spricht, dann sagen die einem, wir haben es jetzt mit einer ganz anderen Klientel zu tun. Erstens gibt es seither sehr, sehr viel neues Geld, erstens hier in Europa durch Generationenwechsel und Erbschaftsfälle. Zweitens aber auch in den neuen aufstrebenden Industrienationen wie etwa China, wie sicherlich auch Russland, wie Indien, wie einige arabische Staaten. Dort findet eine Öffnung in Richtung Westen nach wie vor statt. Und man hat dort früher nur die Kunst des eigenen Landes gekauft. Inzwischen erkennt man auch dort, dass Francis Bacon, dass Lucian Freud, dass Andy Warhol, dass Jean-Michel Basquiat große Künstler gewesen sind, und macht sich daran, Trophäen zu sammeln. Und das geht einfach nur noch auf dem Bereich der zeitgenössischen Kunst. In der vergangenen Woche sind Impressionisten und klassische Moderne versteigert worden in New York. Da sind zwar auch hohe Preise erzielt worden, aber nicht in dem Maße, wie in dieser Woche. Denn die guten Van Goghs, Cézannes, Renoirs die sind längst in festen Museen oder in festen Sammlungen. Gute Warhols oder gute Basquiats oder gute Baselitze, die sind aber noch zu bekommen.
Schäfer-Noske: Sie sagen, das sind Sammler, die quasi aus Leidenschaft ja auch sammeln, nicht als Geldanlage. Was passiert denn dann mit den Bildern? Werden die möglicherweise auch in Museen gezeigt?
Koldehoff: Es geschieht beides. Es ist zum Beispiel gerade in Kiew ein großes Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet worden von einem dieser Unternehmer, die immer Oligarchen heißen, die also sehr viel Geld gemacht haben in der Jelzin-Ära und viel von diesem Geld dann für Kunst ausgegeben haben. Es gibt aber auch die anderen Fälle. Es gab großen Wirbel um ein Gemälde von Peter Doig, einem sehr gefragten neuseeländischen Maler, "White Canoe" hieß dieses Bild, 15 Millionen, ein unglaublicher Preis für einen noch nicht so populären Künstler. Das hängt jetzt angeblich in der Wohnung eines russischen Sammlers in Monte Carlo und wird so schnell nicht mehr öffentlich zu sehen sein.
Schäfer-Noske: Gibt es denn Künstler, die heute weniger gefragt sind als vor ein paar Jahren? Zeichnet sich da ein Trend ab?
Koldehoff: Nein, erstaunlicherweise nicht, sondern eher im Gegenteil. Nehmen Sie ein Beispiel aus der gestrigen Auktion. Yves Klein, ein Maler, der dafür berühmt geworden ist, dass er ein bestimmtes Blaupigment erfunden hat, der ist bisher immer so mitgelaufen auf den großen Auktionen. Das war immer ein Künstler, dessen große Bilder gut waren so für ein, zwei Millionen Dollar. Und so kam denn auch gestern bei Sotheby's ein Bild aus der ehemals Krefelder Sammlung Lauffs unter den Hammer, hatte immerhin schon einen großen Schätzpreis von sechs Millionen Dollar und ist nun versteigert worden für 23 Millionen. Also eher der umgekehrte Effekt ist im Moment zu beobachten. Es gibt nicht Künstler, die nicht mehr gefragt sind, sondern es gibt Künstler, die immer so als, na, Mittelmaß wäre jetzt despektierlich, aber als gute, dennoch nicht spektakuläre Kunst gegolten haben und plötzlich ein ungeheuren Aufschwung erleben.
Schäfer-Noske: Bei den diesjährigen Frühjahrsauktionen ist auch ein Haus unter den Hammer gekommen. Was hat es damit auf sich?
Koldehoff: Das war ein Experiment, das Christie's am Dienstag unternommen hat. Das Haus ist ein sehr besonderes Haus, eigentlich der Prototyp des amerikanischen, des kalifornischen Bungalows, gebaut vom großartigen Architekten Richard Neutra für einen Unternehmer in Palm Springs. Christie's hat sich nun entschieden, dieses Haus zwischen den Warhols und Basquiats und Bacons als ein Los mittendrin in dieser Auktion mitzuverkaufen. Das hat auch geklappt. Es ist hoch geboten worden. Aber wenn Sie sich jetzt überlegen, dass dieses gesamte Haus - eine Ikone der modernen Baukunst - 15 Millionen Dollar gebracht hat und sie dafür im Moment noch nicht mal einen guten Andy Warhol für die Wände dieses Hauses bekommen, dann relativiert sich da schon einiges.
Stefan Koldehoff: Es gab schon mal so ein Boom, das war Ende der 80er Jahre. Da gab es auch plötzlich unvorstellbare Rekordpreise, die Krönung waren damals die umgerechnet 135 Millionen Mark für das Portrait des Dr. Gachet von Vincent van Gogh. Damals allerdings standen ganz andere Käufer hinter diesen Rekorden. Damals waren es vor allen Dingen japanische Investoren, die kauften, um mit diesen Bildern Geld zu machen, um sie relativ schnell wieder auf den Markt zu werfen. Wenn man heute mit den Verantwortlichen in den Auktionshäusern und den großen New Yorker Galerien spricht, dann sagen die einem, wir haben es jetzt mit einer ganz anderen Klientel zu tun. Erstens gibt es seither sehr, sehr viel neues Geld, erstens hier in Europa durch Generationenwechsel und Erbschaftsfälle. Zweitens aber auch in den neuen aufstrebenden Industrienationen wie etwa China, wie sicherlich auch Russland, wie Indien, wie einige arabische Staaten. Dort findet eine Öffnung in Richtung Westen nach wie vor statt. Und man hat dort früher nur die Kunst des eigenen Landes gekauft. Inzwischen erkennt man auch dort, dass Francis Bacon, dass Lucian Freud, dass Andy Warhol, dass Jean-Michel Basquiat große Künstler gewesen sind, und macht sich daran, Trophäen zu sammeln. Und das geht einfach nur noch auf dem Bereich der zeitgenössischen Kunst. In der vergangenen Woche sind Impressionisten und klassische Moderne versteigert worden in New York. Da sind zwar auch hohe Preise erzielt worden, aber nicht in dem Maße, wie in dieser Woche. Denn die guten Van Goghs, Cézannes, Renoirs die sind längst in festen Museen oder in festen Sammlungen. Gute Warhols oder gute Basquiats oder gute Baselitze, die sind aber noch zu bekommen.
Schäfer-Noske: Sie sagen, das sind Sammler, die quasi aus Leidenschaft ja auch sammeln, nicht als Geldanlage. Was passiert denn dann mit den Bildern? Werden die möglicherweise auch in Museen gezeigt?
Koldehoff: Es geschieht beides. Es ist zum Beispiel gerade in Kiew ein großes Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet worden von einem dieser Unternehmer, die immer Oligarchen heißen, die also sehr viel Geld gemacht haben in der Jelzin-Ära und viel von diesem Geld dann für Kunst ausgegeben haben. Es gibt aber auch die anderen Fälle. Es gab großen Wirbel um ein Gemälde von Peter Doig, einem sehr gefragten neuseeländischen Maler, "White Canoe" hieß dieses Bild, 15 Millionen, ein unglaublicher Preis für einen noch nicht so populären Künstler. Das hängt jetzt angeblich in der Wohnung eines russischen Sammlers in Monte Carlo und wird so schnell nicht mehr öffentlich zu sehen sein.
Schäfer-Noske: Gibt es denn Künstler, die heute weniger gefragt sind als vor ein paar Jahren? Zeichnet sich da ein Trend ab?
Koldehoff: Nein, erstaunlicherweise nicht, sondern eher im Gegenteil. Nehmen Sie ein Beispiel aus der gestrigen Auktion. Yves Klein, ein Maler, der dafür berühmt geworden ist, dass er ein bestimmtes Blaupigment erfunden hat, der ist bisher immer so mitgelaufen auf den großen Auktionen. Das war immer ein Künstler, dessen große Bilder gut waren so für ein, zwei Millionen Dollar. Und so kam denn auch gestern bei Sotheby's ein Bild aus der ehemals Krefelder Sammlung Lauffs unter den Hammer, hatte immerhin schon einen großen Schätzpreis von sechs Millionen Dollar und ist nun versteigert worden für 23 Millionen. Also eher der umgekehrte Effekt ist im Moment zu beobachten. Es gibt nicht Künstler, die nicht mehr gefragt sind, sondern es gibt Künstler, die immer so als, na, Mittelmaß wäre jetzt despektierlich, aber als gute, dennoch nicht spektakuläre Kunst gegolten haben und plötzlich ein ungeheuren Aufschwung erleben.
Schäfer-Noske: Bei den diesjährigen Frühjahrsauktionen ist auch ein Haus unter den Hammer gekommen. Was hat es damit auf sich?
Koldehoff: Das war ein Experiment, das Christie's am Dienstag unternommen hat. Das Haus ist ein sehr besonderes Haus, eigentlich der Prototyp des amerikanischen, des kalifornischen Bungalows, gebaut vom großartigen Architekten Richard Neutra für einen Unternehmer in Palm Springs. Christie's hat sich nun entschieden, dieses Haus zwischen den Warhols und Basquiats und Bacons als ein Los mittendrin in dieser Auktion mitzuverkaufen. Das hat auch geklappt. Es ist hoch geboten worden. Aber wenn Sie sich jetzt überlegen, dass dieses gesamte Haus - eine Ikone der modernen Baukunst - 15 Millionen Dollar gebracht hat und sie dafür im Moment noch nicht mal einen guten Andy Warhol für die Wände dieses Hauses bekommen, dann relativiert sich da schon einiges.