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Kunstfestival in Österreich
Ars Electronica startet wissenschaftlich

Wie lassen sich Kunst und digitale Technik verbinden und welche Schlüsse lassen sich daraus für unsere Gesellschaft ziehen? Diese und andere Fragen werden auf der Ars Electronica im österreichischen Linz diskutiert. Diesmal begann das Festival ungewohnt wissenschaftlich.

Von Mariann Unterluggauer | 08.09.2018
    Blick auf das Ars Electronica Center in Linz mit seiner in grünes Licht getauchten Fassade. Das Gebäude spiegelt sich im Wasser, im Hintergrund ist ein Berg zu sehen.
    In Linz findet das Kunstfestival Ars Electronica statt (imago/ Westend 61)
    Keiner würde auf der Ars Electronica die Geräusche im Hintergrund als Error bezeichnen. Ganz im Gegenteil. Immer wenn Computer teil einer Kunstinstallation sind, dann wird es laut. Ein Beweis dafür, dass alles funktioniert.
    Die Ausstellungen der Ars Electronica über "Error als Innovation oder Fehleinschätzungen", werden traditionell von einem Symposium begleitet. Der erste Teil fand gestern statt. Der zweite Teil folgt am Sonntag. Zur Diskussion stand gestern unter anderen die "Künstliche Intelligenz". "Maschinenlernen" wurde gebrandmarkt als Versuch, Normen und statistischen Durchschnitt als Optimum, als Ausdruck von Effizienz zu verkaufen. Künstler, so der kanadische Autor und Wissenschaftler Chris Salter, können zwar die Welt nicht retten, aber sie müssen ein Korrektiv bieten. Ihre Rolle sei es, ethische Werte umzusetzen. Sie sollen den Menschen vor Augen führen, worüber man in der KI nicht spricht.
    Soziale Intelligenz gefordert
    Und, es sind Künstler, die aufzeigen können, was möglich ist, allein indem man zusammenarbeitet. Was wir brauchen - so die Veranstalter der Ars Electronica - sei eine soziale Intelligenz. Damit lässt sich selbst eine zwölf Meter lange Fußgängerbrücke aus Stahl mit einem 3D-Drucker realisieren. Das beweist eine Designergruppe aus den Niederlanden mit ihrem Brückenprojekt "MX3D".
    Am Anfang unterschätzte das Team die Größe des Projekts. Ein Roboter, ein Schweißgerät - so dachten die Designer, die ihr Geld mit der Produktion von Möbel verdienen - und schon könne man eine Brücke drucken. Drei harte Lehrjahre und mehr als 100 Menschen waren notwendig, um das Projekt erfolgreich umzusetzen.
    "Ohne all diese Menschen hätten wir unser Ziel nie erreicht. Der Enthusiasmus der Beteiligten war wirklich erstaunlich. Sie machten das Projekt zu ihrem eigenen. Das war kein Fehler. Das war das Beste, was uns passieren konnte."
    Unvorhersehbare Schwierigkeiten
    Unterschätzt hatten Tim Geurtjns und sein Team die Programmierung der Software und den Schmelzprozess von Stahl, das als Druckmaterial eingesetzt wird. Als Denkfehler stellte sich auch folgende Vorstellung heraus: zwei Roboter stehen auf jeder Seite eines Amsterdamer Kanals. Sie fangen an, live zu drucken und treffen sich - nach getaner Arbeit - zum Handshake in der Mitte der Brücke. Eine nette Idee, aber das Druckmaterial wiegt mehr als ein Industrieroboter.
    "Eigentlich kamen wir dem Ziel sehr nahe. Wir arbeiteten an einem Meßsystem, das akkurat ermitteln konnte, wo der Roboter gerade ist und wo er weiterdrucken musste.
    Ein Problem war, dass wir Röhren horizontal wachsen lassen und vertikal drucken mussten, ohne dass Stahl auf den Boden tropft. Wir setzten auf eine punktweise Drucktechnik, statt einen durchgehenden Strang zu drucken.
    Am Ende war es eine Kostenfrage, und es gab ein ganz pragmatisches Problem: Wir hätten nie die Erlaubnis bekommen, die Brücke live über den Kanal in Amsterdam zu bauen."
    Brückendruck in der Werkstatt - der Umwelt zuliebe
    Die Brücke wurde in der Werkstatt gedruckt. Der Umwelt zuliebe. Die Stadtregierung in Amsterdam überprüft derzeit, ob die baurechtlichen Bedingungen für eine Aufstellung gegeben sind. Fertiggestellt wird die Brücke jedenfalls im Oktober. Gestern bekam das Team dafür den "Starts Prize" der Europäischen Kommission für "Innovation durch Technik, Wissenschaft und Kunst" verliehen.
    Bis Montag kann man in Linz Kunst und Wissenschaft beim Produzieren von Fehlermeldungen zusehen und zuhören. Das Highlight des Symposiums am Sonntag könnte das Panel "Trial and error in der Raumfahrt" sein. Die Ars Electronica überträgt live, auf ihrer Website Ars.Electronica.art.