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Kunsthistoriker über impressionistische Kunst
"Man muss sich vor der Kunst bewegen"

Beim Betrachten impressionistischer Gemälde empfiehlt es sich, nicht starr davor zu stehen, sondern zwischen Nah- und Gesamtsicht zu wechseln, sagte Bernhard Maaz von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Dlf. Das unterscheide den Museumsbesuch vom Digitalen, wo man meistens nur eine Distanz habe.

Bernhard Maaz im Gespräch mit Anja Reinhardt |
Ein Pärchen im Museum betrachtet die Wasserlilien von Claude Monet.
Impressionistische Kunst sei einfach schön, sagt Bernhard Maaz: "Sie leistet keinen starken Widerstand." Im Bild: Besucher vor Claude Monets "Wasserlilien" (imago-images / Imaginechina-Tuchong)
Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, plädiert für Bewegung beim Museumsbesuch: "Bei vielen Bildern – und die Impressionisten gehören dazu – kommt es nicht darauf an, vor einer Linie Halt zu machen, sondern vorwärts und rückwärts zu gehen!"
Vorwärts und rückwärts bewegen
Maaz empfiehlt Nahsicht und Gesamtsicht im Wechsel: "In der Nähe sieht man den Pinselduktus, manchmal sogar die Pasteusität der Farbe. In der Fernsicht - aus drei, vier Metern Entfernung – sieht man die Seerosen (Anm. d. Redaktion: von Monet) als Gesamtheit. Und das ist ein Aspekt, der für das Museum essenziell ist. Das unterscheidet das Museum auch vom Digitalen, wo man meistens nur eine Distanz hat."
Momentaufnahmen des Alltäglichen
Der Kunsthistoriker Maaz versteht impressionistische Kunst als "gemalten Schnappschuss, als Momentaufnahme". Bei den berühmten Seerosen-Bildern von Claude Monet zum Beispiel ginge es nicht um eine "erzählerische oder deskriptive Präzision, sondern um eine Stimmungshaftigkeit". So habe etwa Monet in seinen bekannten Kathedralbildern aus Rouen ein- und dieselbe Fassade in immer wieder anderem Licht, zu anderer Stunde aber auch bei anderer gefühlter Lufttemperatur gemalt, so Bernhard Maaz.
Impressionismus ist eine Kunstrichtung, die in den 1860er-Jahren in Frankreich entstand. Zu ihren Hauptvertretern zählen Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir, Édouard Manet und Edgar Degas. Im Impressionismus (von lateinisch "impressio" - "Eindruck") versuchten die Künstler, den momentanen Eindruck und die Stimmung eines Ereignisses oder Gegenstandes wiederzugeben.
Einfluss aus der Ferne
Den Einfluss japanischer Kunst auf die Werke der Impressionisten wird als "Japonismus" bezeichnet. "Die Flächigkeit, das Ornamentale - die Adaption japanischer Holzschnitte spielte eine sehr große Rolle", erläutert Maaz. Nicht nur zufällig habe man zur Zeit des Impressionismus‘ nicht nur Holzschnitte gesammelt, sondern auch Wandschirme aus Japan.
In einer Glaskugel spiegelt sich die Adriaküste, die im Hintergrund nur unscharf zu sehen ist.
Gesprächsreihe - nah und fern
Nähe und Distanz sind keine feststehenden Größen. Wo das eine aufhört und das andere beginnt, empfindet jeder anders. Und jede Disziplin, jede Kunstgattung geht auf ihre Weise damit um.
Erfolg durch Schönheit
Den Erfolg impressionistischer Kunst erklärt Bernhard Maaz mit ihrer Eingängigkeit: Monet und Renoir malten paradiesische Welten: "Das ist eine Kunst, die leistet keinen starken Widerstand. Die Impressionisten erfreuen durch wunderbare Farbigkeit, durch heitere, lichte Motive. Man kann es einfach ganz simpel sagen: Es ist einfach schön!"
Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, Bernhard Maaz, am 22.06.2015 im Museum Brandhorst in München (Bayern) während einer Pressekonferenz.
Bernhard Maaz ist seit 2015 Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München. Zuvor leitete er die Alte Nationalgalerie in Berlin und war Direktor der Gemäldegalerie Alte Meister und des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Maaz kuratierte zudem unter anderem Kunstausstellungen in Brüssel, Dublin und Bremen.