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Kunsthochschule für Medien
Studierende fordern Rücktritt von Gebhard Henke

Vorwürfe der sexuellen Belästigung veranlassten den WDR vor einem Jahr, sich von Fernsehfilmchef Gebhard Henke zu trennen. An der Kunsthochschule für Medien in Köln ist er jedoch weiterhin aktiv. Gegen seine Tätigkeit als Professor gibt es nun Proteste von Studierenden.

Von Britta Mersch | 08.03.2019
Der Tatort-Koordinator und WDR-Fernsehspielchef, Gebhard Henke, fotografiert am 06.05.2015 in Köln (Nordrhein-Westfalen).
Aktuell sieht es nicht danach aus, als ziehe Hochschulprofessor Gebhard Henke Konsequenzen aus den Rücktrittsforderungen (Oliver Berg/dpa )
Rund zehn Studierende der Kunsthochschule für Medien in Köln haben sich gestern Abend in einem Raum nahe der Hochschule getroffen. Sie haben Plakate vorbereitet für den Frauenstreik, der morgen Nachmittag in Düsseldorf stattfindet. "Frauen vereint euch" steht auf den Plakaten oder "Kein Sexismus nirgends". Auf einem anderen steht aber auch: "Gebhard Henke entlassen jetzt!" Die Studierenden wollen den Fall Henke bewusst mit Forderungen für mehr Frauenrechte verbinden:
"Weil es uns nicht nur um den einen Fall geht, sondern um das Thema im Allgemeinen. Wir kritisieren ja generell diese Machtstrukturen, die es überall gibt, und es soll sich nicht nur auf unsere Hochschule beziehen."
Keine Entlassung ohne stichhaltige Beweise
Seit gegen den Fernsehredakteur und KHM-Professor Gebhard Henke Vorwürfe der sexuellen Belästigung erhoben werden, kommt die Hochschule nicht zur Ruhe. Der WDR hat sich von Henke getrennt. Doch selbst wenn die Hochschule es wollte: Ohne stichhaltige Beweise oder eine Verurteilung kann er als Professor nicht entlassen werden. Die Leitung der Hochschule äußert sich nicht öffentlich. Sabine Schulz, Kanzlerin der Kunsthochschule für Medien Köln, lässt sich schriftlich zitieren:
"Es handelt sich hier um Vorgänge, die durch die Vorschriften zum Beschäftigtendatenschutz grundsätzlich nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. Für eine Stellungnahme gegenüber der Presse fehlt derzeit eine Grundlage."
Zeichen setzen gegen Machtstrukturen
Die Studierenden wollen das nicht hinnehmen. Sie haben sich Ende Februar in einem offenen Brief mit den betroffenen Frauen solidarisiert und fordern den Rücktritt von Gebhard Henke. Sie wollen damit ein Zeichen setzen.
"Wir versuchen auch, mit dieser Rücktrittsforderung darauf aufmerksam zu machen, wie die aktuelle Situation ist und was für ein Druck eigentlich durch Personen aufgebaut wird, die in dem Falle am längeren Hebel sitzen, ob finanziell oder aus ihrer Machtposition heraus."
Die Studierenden befürchten, dass auch sie später im Berufsleben als freischaffende Künstler ähnlichen Machtstrukturen ausgesetzt sein können:
"Viele Lehrende haben in den Gesprächen in den letzten Monaten von eigenen Erfahrungen innerhalb ihrer Karrieren berichtet oder uns davon erzählt, was in den letzten Jahrzehnten üblich war in der Branche. Und nur weil es in den letzten Jahrzehnten üblich war, dass man es so erduldet hat, heißt das nicht, dass wir eine neue und andere Generation sind, wo wir das nicht mehr dulden. Und deshalb ist es so wichtig, dass man in dieser Situation sagt, nein, bis hierhin und nicht weiter und da muss ich was ändern."
Henke will bei konkreten Vorwürfen reagieren
Es wird also noch lange dauern, bis die Hochschule zur Ruhe kommt. Vermutlich erst, wenn Gebhard Henke nicht mehr an der Hochschule lehrt. Doch aktuell sieht es nicht danach aus, als ziehe er Konsequenzen. Allerdings hat er Klagen gegen die Moderatorin Charlotte Roche und den Spiegel, der zuerst über die Vorwürfe berichtet hatte, fallengelassen. Sein Berliner Anwalt Peter Raue teilt auf Deutschlandfunk-Anfrage schriftlich mit:
"Gebhard Henke ist zu der Überzeugung gelangt, dass eine juristische Auseinandersetzung nicht der richtige Weg ist, um sich mit der Thematik und den Vorwürfen auseinanderzusetzen. Wenn nicht anonyme, sondern konkrete Vorwürfe von Frauen vorliegen, so will er sich damit auseinandersetzen, Missverständnisse ausräumen und sich, wenn ein unangemessenes Verhalten vorgelegen haben sollte, in aller Form entschuldigen."
Studierende kämpfen weiter
Den Studierenden reicht das nicht. Sie wollen die Seminare von Gebhard Henke boykottieren und weiter dafür kämpfen, dass er die Hochschule verlässt. Ziel sei auch:
"Nachhaltig an der Hochschule ein Klima zu schaffen, in dem solche Fälle nicht in der Form passieren können und dass klar ist, dass dieses Klima hier keine Form von Machtmissbrauch oder ähnlichem duldet."